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Viele meiner letzten Beiträge drehen sich um Kennzahlen, die helfen, Geschäftsmodelle, Risiken und Bewertungen sauber einzuordnen. Beta gehört in diese Reihe – und zugleich nimmt die Kennzahl eine besondere Rolle ein. Sie ist überall verfügbar und schnell nachgeschlagen, wird aber erst im Kontext eines ganzen Depots wirklich aussagekräftig. Denn Beta beschreibt nicht das Unternehmen selbst, sondern das Verhalten einer Aktie im Zusammenspiel mit dem Markt.
Mathematisch misst Beta die Beziehung zwischen Aktienrenditen und Marktrenditen. Grundlage ist die Kovarianz dieser Renditen – und die basiert immer auf historischen Daten. Die Interpretation ist jedoch zwangsläufig zukunftsgerichtet, weil man aus den Mustern der Vergangenheit ableitet, wie sich ein Wert künftig typischerweise zum Markt verhält.
Formal lautet die Kennzahl:
Beta = Kovarianz(Aktienrendite, Marktrendite) / Varianz(Marktrendite)
Praktisch heißt das: Wenn der Markt sich bewegt, wie stark schlägt die Aktie typischerweise mit aus? Werte um 1 bedeuten marktähnliche Bewegungen, höhere Werte zeigen stärkere Schwankungen, niedrigere Werte ein ruhigeres Verhalten.
Dass Beta häufig fehlinterpretiert wird, liegt daran, dass es nicht stabil ist. Es hängt stark vom Zeitraum, der Marktphase und dem gewählten Index ab. Ein Unternehmen kann unverändert solide arbeiten, aber durch Zinsveränderungen oder Risikoumfeld plötzlich ein anderes Beta aufweisen. Beta misst also Verhalten – nicht Qualität.
Um sichtbarer zu machen, wie Beta im Depot wirkt, lohnt der Blick auf mein Portfolio. Es kombiniert robuste Qualitätswerte wie Visa, Alphabet und Honeywell, wachstumsorientierte Technologietitel wie ASML, Nu Holdings und Innodata, defensive Infrastruktur- und Wasserwerte wie Consolidated Water, Energiekontor und Energy Recovery, den globalen ETF auf den MSCI ACWI sowie einen Uran-Block als zyklische Idee mit Cameco, NexGen, Denison Mines, Paladin Energy und Yellow Cake. Bitcoin ergänzt das Ganze als eigenständiger, deutlich volatilerer Baustein.
Diese Mischung zeigt gut, warum Beta für mich im Alltag nützlich ist. Verschiedene Titel können fundamental stark sein und dennoch sehr unterschiedlich zum Schwankungsprofil des Depots beitragen. Manche Positionen glätten, andere verstärken – unabhängig davon, ob die Unternehmen gut geführt oder hochprofitabel sind. Es geht um Marktverhalten, nicht um Bilanzqualität.
Für die Beta-Betrachtung nutze ich konservative, marktübliche 3–5-Jahreswerte großer Anbieter. Die meisten Betas werden auf Basis täglicher oder monatlicher Renditen über genau solche Zeiträume berechnet – lang genug, um statistisch stabil zu sein, und kurz genug, um aktuelle Marktphasen realistisch abzubilden. Wo es keine offiziellen Daten gibt, kommen passende Sektorwerte zum Einsatz.
Die verwendeten Betas lauten:
Large Caps
• $ASML (-0,46 %) : 1,25
• $GOOGL (-3,18 %) : 1,05
• $V (+5,48 %) : 0,95
• $HON (+0,21 %) : 1,00
Midcaps / Infrastruktur
• $CWCO (+1,01 %) : 0,80
• $EKT (+0,51 %) : 0,75
• $ERII (+0,55 %) : 1,20
• $SOP (+5,75 %) : 1,10
Small Cap / High Beta
• $INOD (-2,29 %) : 1,80
Uran-Segment (zyklisch)
• $CCO (+1,95 %) : 1,40
• $NXE (+1,18 %) : 1,60
• $DML (+1,95 %) : 1,70
• $PDN (+2,13 %) : 1,50
• $YCA (+0,81 %) 1,30
ETF
• $ISAC (-0,22 %) : 1,00
Krypto
• $BTC (-2,04 %) : 2,50
Für das Portfolio-Beta zählt ausschließlich, wie groß jede Position im Verhältnis zum Depot ist.
So wird das Portfolio-Beta ermittelt:
Man schaut sich an, wie groß jede Position im Depot ist, multipliziert diesen Anteil mit dem Beta der jeweiligen Aktie und addiert alle Beiträge. Jede Position steuert also genau in dem Maß zum Gesamt-Beta bei, wie sie gewichtet ist.
Setzt man die Gewichtungen meines Depots in diesen Zusammenhang, ergibt sich folgendes Ergebnis: Das Portfolio kommt auf ein Beta von rund 1,33. Dieser Wert passt zur Struktur: eine stabile Basis, mehrere wachstumsorientierte Bausteine und ein bewusst eingesetzter Uran-Block sowie Bitcoin als stärkere Hebel.
Ein Beta auf diesem Niveau bedeutet ein grundsätzlich offensiveres Depot.
- In Aufwärtsphasen entwickelt es mehr Dynamik als der Markt.
- In Korrekturen reagiert es schneller und ausgeprägter.
- Die stärksten Treiber sind Bitcoin, Innodata, NexGen, Denison Mines und Paladin Energy.
- Gegengewichte liefern Visa, Consolidated Water, Energiekontor und der MSCI-ACWI-ETF.
Damit zeigt sich: Beta ersetzt keine Fundamentalanalyse, aber es macht sichtbar, wie ein Depot sich bewegt und warum. Es hilft, Erwartungen zu kalibrieren, Schwankungen einzuordnen und die Struktur bewusster zu steuern. Ein Beta von 1,33 ist kein Urteil über die Qualität – es ist eine Bewegungsbeschreibung. Wichtig ist nur, ob diese Dynamik zur eigenen Anlagestrategie passt.
Zum Schluss zwei Fragen an euch:
Kennt ihr das Beta eures Portfolios?
Und spielt es für euch eine Rolle bei eurer Portfoliostrategie – oder eher nicht?

