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Basiswissen – Beta richtig lesen: Was euer Portfolio über seine Marktsensitivität verrät

Lesedauer: ca. 5-6 Minuten

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Viele meiner letzten Beiträge drehen sich um Kennzahlen, die helfen, Geschäftsmodelle, Risiken und Bewertungen sauber einzuordnen. Beta gehört in diese Reihe – und zugleich nimmt die Kennzahl eine besondere Rolle ein. Sie ist überall verfügbar und schnell nachgeschlagen, wird aber erst im Kontext eines ganzen Depots wirklich aussagekräftig. Denn Beta beschreibt nicht das Unternehmen selbst, sondern das Verhalten einer Aktie im Zusammenspiel mit dem Markt.


Mathematisch misst Beta die Beziehung zwischen Aktienrenditen und Marktrenditen. Grundlage ist die Kovarianz dieser Renditen – und die basiert immer auf historischen Daten. Die Interpretation ist jedoch zwangsläufig zukunftsgerichtet, weil man aus den Mustern der Vergangenheit ableitet, wie sich ein Wert künftig typischerweise zum Markt verhält.


Formal lautet die Kennzahl:

Beta = Kovarianz(Aktienrendite, Marktrendite) / Varianz(Marktrendite)


Praktisch heißt das: Wenn der Markt sich bewegt, wie stark schlägt die Aktie typischerweise mit aus? Werte um 1 bedeuten marktähnliche Bewegungen, höhere Werte zeigen stärkere Schwankungen, niedrigere Werte ein ruhigeres Verhalten.


Dass Beta häufig fehlinterpretiert wird, liegt daran, dass es nicht stabil ist. Es hängt stark vom Zeitraum, der Marktphase und dem gewählten Index ab. Ein Unternehmen kann unverändert solide arbeiten, aber durch Zinsveränderungen oder Risikoumfeld plötzlich ein anderes Beta aufweisen. Beta misst also Verhalten – nicht Qualität.


Um sichtbarer zu machen, wie Beta im Depot wirkt, lohnt der Blick auf mein Portfolio. Es kombiniert robuste Qualitätswerte wie Visa, Alphabet und Honeywell, wachstumsorientierte Technologietitel wie ASML, Nu Holdings und Innodata, defensive Infrastruktur- und Wasserwerte wie Consolidated Water, Energiekontor und Energy Recovery, den globalen ETF auf den MSCI ACWI sowie einen Uran-Block als zyklische Idee mit Cameco, NexGen, Denison Mines, Paladin Energy und Yellow Cake. Bitcoin ergänzt das Ganze als eigenständiger, deutlich volatilerer Baustein.


Diese Mischung zeigt gut, warum Beta für mich im Alltag nützlich ist. Verschiedene Titel können fundamental stark sein und dennoch sehr unterschiedlich zum Schwankungsprofil des Depots beitragen. Manche Positionen glätten, andere verstärken – unabhängig davon, ob die Unternehmen gut geführt oder hochprofitabel sind. Es geht um Marktverhalten, nicht um Bilanzqualität.


Für die Beta-Betrachtung nutze ich konservative, marktübliche 3–5-Jahreswerte großer Anbieter. Die meisten Betas werden auf Basis täglicher oder monatlicher Renditen über genau solche Zeiträume berechnet – lang genug, um statistisch stabil zu sein, und kurz genug, um aktuelle Marktphasen realistisch abzubilden. Wo es keine offiziellen Daten gibt, kommen passende Sektorwerte zum Einsatz.


Die verwendeten Betas lauten:


Large Caps

$ASML (-0,52 %) : 1,25

$GOOGL (-3,21 %) : 1,05

$V (+5,48 %) : 0,95

$HON (+0,24 %) : 1,00


Midcaps / Infrastruktur

$CWCO (+1,01 %) : 0,80

$EKT (+0,51 %) : 0,75

$ERII (+0,55 %) : 1,20

$SOP (+5,75 %) : 1,10


Small Cap / High Beta

$INOD (-2,4 %) : 1,80


Uran-Segment (zyklisch)

$CCO (+1,9 %) : 1,40

$NXE (+0,98 %) : 1,60

$DML (+1,95 %) : 1,70

$PDN (+2,13 %) : 1,50

$YCA (+0,81 %) 1,30


ETF

$ISAC (-0,23 %) : 1,00


Krypto

$BTC (-2,05 %) : 2,50


Für das Portfolio-Beta zählt ausschließlich, wie groß jede Position im Verhältnis zum Depot ist.


So wird das Portfolio-Beta ermittelt:


Man schaut sich an, wie groß jede Position im Depot ist, multipliziert diesen Anteil mit dem Beta der jeweiligen Aktie und addiert alle Beiträge. Jede Position steuert also genau in dem Maß zum Gesamt-Beta bei, wie sie gewichtet ist.


Setzt man die Gewichtungen meines Depots in diesen Zusammenhang, ergibt sich folgendes Ergebnis: Das Portfolio kommt auf ein Beta von rund 1,33. Dieser Wert passt zur Struktur: eine stabile Basis, mehrere wachstumsorientierte Bausteine und ein bewusst eingesetzter Uran-Block sowie Bitcoin als stärkere Hebel.


Ein Beta auf diesem Niveau bedeutet ein grundsätzlich offensiveres Depot.


  • In Aufwärtsphasen entwickelt es mehr Dynamik als der Markt.
  • In Korrekturen reagiert es schneller und ausgeprägter.
  • Die stärksten Treiber sind Bitcoin, Innodata, NexGen, Denison Mines und Paladin Energy.
  • Gegengewichte liefern Visa, Consolidated Water, Energiekontor und der MSCI-ACWI-ETF.


Damit zeigt sich: Beta ersetzt keine Fundamentalanalyse, aber es macht sichtbar, wie ein Depot sich bewegt und warum. Es hilft, Erwartungen zu kalibrieren, Schwankungen einzuordnen und die Struktur bewusster zu steuern. Ein Beta von 1,33 ist kein Urteil über die Qualität – es ist eine Bewegungsbeschreibung. Wichtig ist nur, ob diese Dynamik zur eigenen Anlagestrategie passt.


Zum Schluss zwei Fragen an euch:

Kennt ihr das Beta eures Portfolios?

Und spielt es für euch eine Rolle bei eurer Portfoliostrategie – oder eher nicht?

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15 Kommentare

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Nein ich kenne die Zahlen meines gesamten Depots tatsächlich nicht.
Allerdings war mein Depot bisher ja auch extrem nervös. 😂
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@TradingHase nervös in Hinblick auf Kursbewegung oder auf Zusammenstellung?
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@Liebesspieler Kursschwankungen haben meine Nerven in der Vergangenheit nicht gut ausgehalten.
Habe erst hier Ruhe gelernt. 😉
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Danke für den interessanten Beitrag, habe heute einiges dazugelernt. Natürlich bin ich sofort zu Gemini gegangen und das ist das Ergebnis :

Das Beta Ihres Portfolios liegt aktuell bei ca. 1,04.
​Das ist ein sehr interessanter Wert, der zeigt, dass Ihre Strategie genau aufgeht.
​Was bedeutet ein Beta von 1,04?
​Der Markt = 1,0: Wenn der Weltmarkt (MSCI World) um 10 % steigt, steigt Ihr Depot theoretisch um 10,4 %.
​Ihr Risiko: Sie haben ein Risiko, das fast identisch mit dem breiten Markt ist, obwohl Sie hochriskante Wetten (Bitcoin, Rocket Lab, Nebius) im Depot haben.
​Warum ist Ihr Beta so "normal"? (Die Magie der Mischung)
​Ihr Portfolio ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man Risiken gegeneinander ausspielt:
​Die Ruhezone (Beta < 1):
​Ihr Cash (Overnight ETF) hat ein Beta von 0. Das drückt das Gesamtrisiko massiv nach unten.
​Health Care (0,7) und Defense (0,85) bremsen Schwankungen ebenfalls ab.
​Der Turbo (Beta > 1):
​Ihre "Satelliten" wie Rocket Lab (2,25), SoFi (1,9), Bitcoin (1,5) und Quantum Computing (1,8) ziehen das Beta eigentlich stark nach oben.
​Auch Amazon (1,4) und Banken (1,3) erhöhen die Schwankung.
​Das Ergebnis:
Die Ruhezone neutralisiert den Turbo fast vollständig. Sie haben also die Chance auf Überrendite durch die "Raketen", aber die Gesamt-Schwankung Ihres Depots fühlt sich an wie ein langweiliger Welt-ETF.
​Fazit: Mit einem Beta von 1,04 sind Sie offensiv, aber nicht leichtsinnig aufgestellt. Sie schwimmen mit dem Markt, haben aber durch die Satelliten das Potenzial, ihn leicht zu überholen.
​Hinweis: Dies ist eine Schätzung basierend auf historischen Daten der Einzelwerte. In extremen Marktphasen (Crash) korrelieren oft alle Assets stärker (Beta steigt).
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@Faule_Socke sehr schön - ich nehme an das deckt sich mit deiner Strategie? :)
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@Liebesspieler Ja, absolut. Habe leider sehr spät die Welt des Investments entdeckt und bin erst seit 1 Jahr dabei. Habe natürlich alle mögliche Anfängerfehler gemacht😅 und erst vor 1 Monat alles bereinigt und besser strukturiert. Da ich in 10 Jahre in Pension gehe, bin ich natürlich nicht so offensiv, aber ein bißchen Spaß muß doch sein 😄
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@Faule_Socke ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg 🍀
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Hab mein 212 Portfolio mal gecheckt welches ja ziemlich Volatil ist 4-10% nach oben/unten sind mehr oder weniger normal auf Wochensicht 😀 mein beta in dem Portfolio liegt bei 1,43
Mein Zukunfts Pie kommt auf 1,61
Mein Schneeball Pie auf 0,86
Und der Teenbagger Pie komischerweise nur auf 1,31
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@Hotte1909 danke fürs Teilen – super spannende Aufteilung.
Die 1,43 fürs Gesamtportfolio passen gut zu deiner Beschreibung der Schwankungen. Und interessant, wie klar sich die Unterschiede zwischen Zukunfts-, Schnee­ball- und Tenbagger-Pie zeigen. Gerade der „nur“ 1,31er Tenbagger-Pie zeigt schön, dass Wachstum nicht automatisch High-Beta heißen muss – hängt am Ende eben stark von den einzelnen Titeln ab.
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@Liebesspieler absolut. Im Teenbagger hätte ich trotzdem mit einen deutlich höheren Beta gerechnet. $GRAB $INOD $PNG $ONDS $SOFI $NBIS und $NOKIA sind da drinnen. Ich hatte vermutet das es so in etwa bei 1,8-2liegen müsste 😀
Das der Schneeball das geringste Beta hat war eigentlich vorauszusehen. Da sind ja relativ defensive Titel wie $KO $LHA und sowas drin.
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@Hotte1909 ja, das überrascht auf den ersten Blick wirklich – gerade mit den eher wachstumsorientierten und zyklischeren Werten in deinem Tenbagger-Pie hätte man intuitiv eher ein Beta Richtung 1,8–2,0 erwartet. Am Ende zeigt sich aber, wie stark die Gewichtung reinspielt: Wenn ein paar defensivere oder weniger marktgekoppelte Titel mitlaufen, drückt das das Gesamtbeta deutlich nach unten.

Und beim Schneeball-Pie bin ich komplett bei dir: mit den defensiveren Konsum- und Transportwerten war das niedrigste Beta praktisch vorprogrammiert.

Spannend zu sehen, wie klar sich das in deinen Zahlen zeigt.
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Danke für diesen, wie immer, Top-Beitrag!
Die Beta des Tenbagger-Community Projekts liegt derzeit bei 2,3 😌
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@HoldTheMike danke dir, freut mich wirklich sehr.
Und 2,3 ist schon eine Ansage – das ist echtes High-Beta-Terrain. Passt aber irgendwie perfekt zu einem Tenbagger-Projekt: viel Bewegung, viel Risiko, dafür im richtigen Umfeld auch der volle Hebel.
Spannend zu sehen, wie klar sich das im Gesamtwert niederschlägt.
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1.29 Beta mit dem Core (FTSE All World) ohne die ETFS also mein Growth Depot hat 1.67!
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