Lang hats gedauert... Aber wenn ein Mann sagt er macht es, dann macht er es auch, man muss ihn nicht alle 6 Monate dran erinnern! Trotzdem: Sorry für die lange Wartezeit... Die letzten Monate waren sehr anstrengend und ich hatte leider nicht die Ruhe, um mich dem von euch gewünschten Post zu widmen. Da das Thema hier kürzlich wieder öfter aufkam, hab ich mir das Wochenende mal die Zeit genommen. Ich hoffe ein paar eurer Fragen werden damit geklärt 🙃
Übersicht:
1. Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
2. Wie funktioniert die Berufsunfähigkeitsversicherung?
3. Warum die Erwerbsminderungsrente nicht ausreicht!
4. Warum ist die Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig?
5. Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
6. Worauf sollte man beim Abschluss achten?
7. Wie läuft die Beantragung ab?
8. Ist es sinnvoll die Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Altersvorsorge zu koppeln?
9. Besteuerung der Berufsunfähigkeitsrente
10. Wann sollte die BU abgeschlossen werden?
11. Fazit
1. Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Stell dir vor, du könntest aus gesundheitlichen Gründen deinen Beruf nicht mehr ausüben – wie würdest du dann deinen Lebensunterhalt finanzieren? Hier kommt die Berufsunfähigkeitsversicherung ins Spiel: Sie zahlt dir bis zu einem im Vertrag festgelegten Alter (üblicherweise bis zum Rentenbeginn) monatlich eine vereinbarte Rente.
2. Wie funktioniert die Berufsunfähigkeitsversicherung?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung funktioniert im Grunde ganz einfach: Du schließt einen Vertrag ab und zahlst einen monatlichen Beitrag an die Versicherungsgesellschaft. Sollte dann der Fall eintreten, dass du deinen Beruf für (voraussichtlich) länger als sechs Monate zu mindestens 50% nicht mehr ausüben kannst, zahlt dir die Gesellschaft die vereinbarte monatliche Berufsunfähigkeitsrente.
Bei dieser Versicherung handelt es sich um eine sogenannte “Risikoversicherung”. Vergleichbar ist das zum Beispiel mit der Kfz-Versicherung: Du bekommst eine Leistung wenn etwas schief geht, also im Schadensfall. Wenn aber alles glatt läuft und du bis zum Ende des Vertrags gesund bleibst, wird kein Geld an dich gezahlt – genau wie bei deiner Autoversicherung, wenn du unfallfrei fährst.
3. Warum die Erwerbsminderungsrente nicht ausreicht!
Es gibt doch die staatliche Erwerbsminderungsrente, warum also eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen?
Die Erwerbsminderungsrente ist an bestimmte Bedingungen geknüpft:
- Du musst schon mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.
- In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung musst du mindestens drei Jahre (in Summe, nicht am Stück) deine Pflichtbeiträge in die Deutsche Rentenversicherung gezahlt haben.
- Deine Arbeitsfähigkeit (die Fähigkeit IRGENDEINER Arbeit nachzugehen) muss entweder unter drei Stunden (volle Erwerbsminderung) oder zwischen drei und sechs Stunden (halbe Erwerbsminderung) pro Tag liegen.
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente ist dabei individuell und hängt von deinem persönlichen Rentenanspruch ab, eine pauschale Summe kann ich also nicht nennen. Schau am besten mal in deinen letzten Rentenbescheid (dieses Zwiebelpapier, was 1x im Jahr mit der Post kommt). Hier trotzdem ein paar Zahlen: Laut Informationen der Deutschen Rentenversicherung beträgt die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente bei Bestandsrenten 933€ pro Monat (Stand 01/07/2023 (1)), und das bei einem durchschnittlichen Zugangsalter von rund 54 Jahren.
4. Warum ist die Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig?
Die meisten Menschen sind auf ihr monatliches Einkommen angewiesen. Fällt dieses Einkommen weg, kann das schnell zu existenziellen Problemen führen. Tatsächlich wird statistisch gesehen jeder Vierte im Leben mindestens einmal berufsunfähig.
Laut Analyse von Morgen & Morgen (Stand: 04/2023 (2)) sind die häufigsten Ursachen:
- Nervenkrankheiten - 34.5 %
- Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates - 20,05 %
- Krebs & andere bösartige Geschwülste - 17,35 %
- Sonstige Erkrankungen - 13,45%
- Unfälle - 7,6%
- Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems - 7%
Viele denken fälschlicherweise nur an Unfälle als Ursache und liegen damit weit daneben. Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) sichert nicht nur das Einkommen des aktuellen Jahres, sondern in der Regel bis zum Rentenbeginn ab.
Nehmen wir das Durchschnittsgehalt im Jahr 2023 von 3.461,75€ brutto/Monat, bzw. 41.541€/Jahr. In Steuerklasse 1 sind das etwa 2.300€ netto/Monat (ohne Kirchensteuer). Bei einem 30-jährigen Arbeitnehmer entspricht der Wert seiner Arbeitskraft bis zur Rente also 37 Jahre x 12 Monate x 2300€ = 1.021.200€. Selbst mögliche Gehaltserhöhungen sind hier unberücksichtigt.
5. Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Die Kosten für eine BU sind sehr individuell und hängen von verschiedenen Faktoren wie deinem Alter, der Rentenhöhe, dem Gesundheitszustand bei Vertragsbeginn und natürlich deinem Beruf ab. Um eine Orientierung zu bekommen, hier ein paar Beispiele:
Bei allen Berechnungen gilt: BU mit Top-Rating, Leistung bei Arbeitsunfähigkeit, Verzicht auf abstrakte Verweisung, Nichtraucher, Absicherung bis 67 Jahre.
- Student Wirtschaftswissenschaften, 25 Jahre alt, abgesicherte Rente: 1.300€ = 39€/Monat
- Schlosser, 22 Jahre alt, abgesicherte Rente: 1.600€ = 116€/Monat
- Schüler, Gymnasium, 17 Jahre alt, abgesicherte Rente: 1.200€ = 47€/Monat
- Arzt, angestellt, 35 Jahre alt, abgesicherte Rente: 2.500€ = 84€/Monat
- Controller, 30 Jahre alt, abgesicherte Rente: 2.000€ = 82€/Monat
- Produktionsmitarbeiter, 28 Jahre alt, abgesicherte Rente: 1.500€ = 204€/Monat
Wie man unschwer erkennen kann: für handwerklich tätige ist die BU sehr teuer. Hier wird häufig zur Grundfähigkeitsversicherung als Alternative geraten. Diese Absicherung ist leider nicht im Ansatz so gut wie die BU, kostet dafür aber auch um einiges weniger.
Bitte beachten: Beamte habe ich hier nicht aufgeführt, da es sich um etwas andere Konzepte mit Dienstunfähigkeit handelt.
6. Worauf sollte man beim Abschluss achten?
Eine vernünftige Beratung steht an erster Stelle. Die Wahl der richtigen Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kann dein Leben langfristig und maßgeblich beeinflussen. Bei allen Versicherungen, auf die das zutrifft, solltest du eine professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Im Vergleich zum Abschluss "auf eigene Kappe" bei Plattformen wie Check24 usw. kostet das nicht mehr. Die Beiträge bleiben absolut identisch. Davon abgesehen sind (unter anderem) folgende Punkte wichtig:
- Finanzstarker Versicherer: Überprüfe die Ratings z.B. bei Franke & Bornberg, um die Zuverlässigkeit des Anbieters einzuschätzen.
- Angemessene BU-Höhe: Als Faustformel kannst du 80% deines Nettoeinkommens nehmen, aber nie unter 1.000€. Kleinstrenten sind Unsinn, da die BU-Renten auf Sozialleistungen angerechnet werden.
- Angemessene Dynamik vereinbaren: Hier reichen üblicherweise 3% aus, dient als Inflationsausgleich.
- Gute Nachversicherungsoptionen: Achte auf Möglichkeiten zur Rentenerhöhung, mit oder ohne Anlass
- Verzicht auf abstrakte Verweisung: Glücklicherweise ist das heutzutage meist Standard. Es zählt nur, ob du deinen zuletzt ausgeübten Beruf noch ausüben kannst, nicht irgendeinen anderen.
7. Wie läuft die Beantragung ab?
Die Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung beginnt mit der Suche nach dem besten Anbieter für deine persönliche Situation. Das funktioniert sehr gut mit einem unabhängigen Makler, der viele Gesellschaften miteinander vergleichen kann. Der Ablauf ist meistens wie folgt:
- Vergleich der verfügbaren Anbieter: Finde einen Makler, der dir hilft, das beste Angebot zu finden.
- Beantwortung der Gesundheitsfragen: Im Antrag musst du einige, teils unangenehme, Gesundheitsfragen beantworten.
- Die elektronische Patientenakte (ePA) prüfen: Bei meinen Beratungen rate ich dazu, die ePA bei der Krankenkasse zu beantragen. Dort sind alle in Anspruch genommenen Leistungen der letzten fünf Jahre aufgelistet, einschließlich der Diagnosen der Ärzte. Die Bereitstellung ist kostenlos und sorgt durchaus hin und wieder für Überraschungen.
- Ausfüllen des Antrags: Wenn keine gesundheitlichen Probleme vorliegen, die zu einer Ablehnung führen könnten, wird der Antrag ganz normal ausgefüllt. Bei Unsicherheit sollte eine „anonyme Risikovoranfrage“ ohne persönliche Daten gemacht werden. Das verhindert, dass du bei anderen Gesellschaften eine vorherige Ablehnung angeben musst.
- Ergebnis der Anfrage: Abhängig von deinen Angaben bekommst du entweder eine Ablehnung, Annahme oder Annahme mit Risikozuschlag oder Ausschluss. Die Kriterien sind bei den Gesellschaften unterschiedlich. Ausnahme: psychische Erkrankungen, hier gibt es üblicherweise durchweg Ablehnungen. Je nach Gesellschaft gibt es allerdings kurze oder lange Abfragezeiträume, die individuellen Spielraum bieten.
Die Beantragung ist also etwas komplexer als bei einer Privathaftpflicht und sollte mit Unterstützung durchgeführt werden. Lieber am Anfang ein paar Stunden mehr investieren, als sich später ärgern.
8. Ist es sinnvoll die Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Altersvorsorge zu koppeln?
Ganz klares NEIN. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung soll die Berufsunfähigkeit absichern, eine Altersvorsorge dient der Altersvorsorge. Wenn du diese beiden Verträge miteinander koppelst, verlierst du deine Flexibilität. Änderungen an einem der beiden Verträge sind nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich. Beispielsweise kannst du nicht deine Altersvorsorge kündigen und die BU behalten – keine schöne Sache.
Zudem solltest du Folgendes bedenken: Nur weil eine Gesellschaft eine gute BU anbietet, bedeutet das nicht automatisch, dass sie auch bei der Altersvorsorge überzeugt. Bisher habe ich die eierlegende Wollmilchsau noch nicht gefunden. Oft wird eine sogenannte BUZ (Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung) in private Rentenversicherungen eingeschlossen, natürlich mit einer Beitragsbefreiung für die Altersvorsorge, falls du berufsunfähig wirst. Auch dieser Baustein kostet dich monatlich Geld. Es kann für dich sogar günstiger sein, eine höhere BU-Rente abzuschließen und die Beiträge für die Altersvorsorge darüber zu finanzieren.
Einfach ausgedrückt: Es ist ratsam, die Berufsunfähigkeitsversicherung und die Altersvorsorge getrennt zu halten, um die Flexibilität zu bewahren und potenzielle finanzielle Vorteile zu nutzen.
9. Besteuerung der Berufsunfähigkeitsrente
Stimmt, da war ja was... Bei uns im Land muss man immer Steuern auf alles bezahlen, und das gilt natürlich auch für die Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente). Glücklicherweise muss die BU-Rente nicht vollständig, sondern nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Was heißt das?
Der Ertragsanteil bemisst sich abhängig davon, wie lange die Restlaufzeit deiner Versicherung ist. Diese Werte sind festgelegt und über Google ziemlich leicht zu finden. Die Daten, die ich für die Beispiele nutze habe ich dort entnommen:
- Fall 1: Restlaufzeit BU = 10 Jahre - Ertragsanteil = 12%
- Fall 2: Restlaufzeit BU = 20 Jahre - Ertragsanteil = 21%
- Fall 3: Restlaufzeit BU = 30 Jahre - Ertragsanteil = 30%
Wenn du außer der BU-Rente keine weiteren Einkünfte hast, ergibt sich bei einer BU-Rente von 2.000€/Monat folgende Berechnung (Steuerjahr 2023, Grundsteuerfreibetrag: 10.908€):
- Fall 1: 2.000€ x 0,12 x 12 = 2.880€ = keine Einkommenssteuer
- Fall 2: 2.000€ x 0,21 x 12 = 5.040€ = keine Einkommenssteuer
- Fall 3: 2.000€ x 0,3 x 12 = 7.200€ = keine Einkommenssteuer
Abzugsfähige Krankenversicherungsbeiträge habe ich hier ebenfalls unberücksichtigt gelassen. Solltest du keinerlei weitere Einkünfte haben, wäre deine BU-Rente tatsächlich steuerfrei. Für die Dividenden-Strategen: Ihr zahlt trotzdem eure KapEst.
10. Wann sollte die BU abgeschlossen werden?
Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist am sinnvollsten in jungen Jahren. In diesem Lebensabschnitt haben die meisten Menschen noch keinerlei gesundheitliche Probleme und können daher ohne Einschränkungen den für sie besten Anbieter wählen.
Bei Schülern, insbesondere bei denen, die eine handwerkliche Ausbildung in Betracht ziehen, ist ein früher Abschluss mit dem Status „Schüler“ häufig weitaus günstiger.
Für Studenten gilt das ebenso: Der Abschluss während des Studiums ist meist günstiger als später im Berufsleben. Daher sollte man die Gelegenheit nutzen, wenn man jung und gesund ist, um die besten Konditionen zu erhalten und langfristig von günstigeren Beiträgen profitieren.
11. Fazit
Die Berufsunfähigkeitsversicherung zählt zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt, das sieht auch Verbraucherschutz so. Wenn du den Schutz zu einem annehmbaren Beitrag bekommen kannst, solltest du das Geld definitiv investieren. Der oft zitierte Vergleich mit der Vollkaskoversicherung für das eigene Auto ist meiner Meinung nach sehr treffend: Warum sollte man sein 30.000€ Auto für 800€ im Jahr Vollkasko versichern, aber die eigene, unverhältnismäßig wertvollere Arbeitskraft nicht für einen geringeren Jahresbeitrag schützen?
Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Menschen, die keine BU bekommen können oder die exorbitant hohe Beiträge zahlen müssten, müssen sich nach anderen Lösungen umsehen. Wer bereits über ein hohes Vermögen oder andere Absicherungen verfügt, die im Falle einer Berufsunfähigkeit für finanzielle Sicherheit sorgen, benötigt keine BU. Für alle anderen ist die BU jedoch (fast) immer die bestmögliche Absicherungsoption.
Die spezielle Situation von Beamten würde den Rahmen hier etwas sprengen. Bei Fragen dazu kannst du dich gern in den Kommentaren oder bei Instagram melden.
ACHTUNG: Dieser Beitrag ersetzt keine Beratung und ist nicht vollständig. Einige Aussagen sind meine persönliche Meinung/Empfehlung. Er soll lediglich die Berufsunfähigkeitsversicherung veranschaulichen und grundlegend erklären.
Ein Tipp zum Schluss: Einige Krankenkassen bezuschussen im Rahmen ihres Bonusprogramms eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit bis zu 500€ pro Jahr. Diese Option ist gerade für junge Menschen mit geringem Einkommen, wie Schüler, Azubis und Studenten, eine sehr gute finanzielle Erleichterung.
Falls etwas ungünstig formuliert oder unverständlich ist, gebt mir Bescheid. Dann bemühe ich mich beim nächsten Mal, die Punkte umzusetzen :)
Quellen: Kann ich nicht als URL Posten weil die ohnehin schon bescheidene Formatierung dann entfernt wird. Zu (1): entnommen von der Seite der Deutschen Rentenversicherung. Zu (2): Entnommen aus der Statistik von Morgen & Morgen - beides easy über Google zu finden.