Wir schreiben den April 2020. Ich damals ein junger und hoffnungsvoller Student, der sich seit mehreren Jahren theorhetisch mit Finanzbildung beschäftigt, beschließe die vermeintliche einmalige Chance des "Crash" zu nutzen um trotz begrenzten Kapitals endlich in den Aktienmarkt einzusteigen.
Theorhetisch war der Gedanke, dass es in einer schweren Marktphase einfach sein müsste einzusteigen, da alle Assets aufgrund der Unsicherheit günstig sein sollten. Zumindest günstiger als sie vorher waren. Wenn die Märkte fallen fallen auch die Multiples. Selbst wenn man also nicht alles richtig oder sogar viel falsch macht, müsste man rein mathematisch gesehen immer noch besser eingestiegen sein als jemand der 2018 oder 2019 schon eingestiegen ist. Soweit ist diese Logik eigentlich schlüssig.
Aber der Pandemiecrash war kein normaler Crash. Und ich finde es eigentlich viel zu interessant um nicht darüber zu reden.
Meiner Erfahrung nach wird heute immer noch viel über die New Markets 2001 und die Immobilienblase 2008 geredet. Die spannende Marktphase der Pandemie wurde aber so gut wie noch überhaupt nicht rückblickend betrachtet. Das mag auch daran liegen, dass man das Gefühl hat sie noch gar nicht "im Rückblick" betrachten zu können, da man die Auswirkungen noch spüren kann und kaum erst richtig überwunden ist. Allerdings merkt man mittlerweile auch so langsam, dass eine neue Ära am Markt angebrochen ist, in der es vor allem um Zölle, Handelsdefizite und Währungen geht.
Was aber macht nun die Pandemie zu einem schlechten Startzeitpunkt?
Betrachtet man rückblickend die Charts einiger Wertpapiere (und ich möchte mich hier der Übersicht halber vor allem auf Aktien beziehen) so kann man mehrere Dinge erkennen.
Bei Aktien einer Gravitas wie $BRK.B (-0,18 %) erkennt man auf dem Langfristchart nur eine winzige Corona-Delle. Hieraus kann man entnehmen, dass es eigentlich scheiß egal war wann man investiert hat. Jedoch gilt: je früher desto besser. Wichtig war dass man überhaupt investiert hat, es war jedoch nicht notwendig auf einen speziellen Zeitpunkt zu warten. Dies trifft aber sogar auf eindeutige Pandemieverlierer wie $BKNG (-0,41 %) und $EVD (-0,19 %) zu.
Für einige Aktien wie $AMZN (-0,55 %) und $MSFT (-0,84 %) war der Einstiegszeitpunkt während des eigentlichen Crashs nicht ideal. Es gab für beide Aktien in jüngster Zeit einen Optimaleinstieg, allerdings wäre dieser erst 2-3 Jahre nach dem Crash ersichtlich gewesen. Beide Aktien haben die Pandemie fast unbeschadet überstanden, waren dann aber von schweren Sekundarfaktoren betroffen, welche das Geschäft unter Druck setzten.
Aktien wie $TMO (-0,95 %) oder $AFX (-0,68 %) galten als Pandemiegewinner. Diese hätte man zu Beginn des Crashs optimal einsammeln können ... oder man hat es halt gelassen und bekommt diese nun 5 Jahre später wieder genau zum gleichen Preis wie bevor die Pandemie gestartet hat.
Und nun die schlimmste Kategorie: Hype Aktien. Die absolute Katastrophe ist alle denen passiert, die Chancen gesucht haben wo eigentlich gar keine waren. Egal ob Investments in Emerging Markets oder Zukunftshoffnungen in $ZM (-0,62 %) und $FVRR (-2,69 %) - Geld was aus dem breiten Markt entnommen wurde, landete zu weiten Teilen punktuell sehr konzentriert in Assets die ihre ATH erst in 20 Jahren wieder erreichen werden. Wer hier langfristig dabei sein möchte, fand in der Pandemie seine Waterloo. Manche Unternehmen wie $EUZ (-2,36 %) oder $SRT (-0,79 %) mögen ja durchaus sau geile Dinge tun. Aber hier war einfach der "Crash" die absolut schlechteste Einstiegschance im gesamten Jahrzehnt.
Korrektur Edit: Ich habe nur Gruppe von Aktien entdeckt, bei denen wirklich eine Notwendigkeit bestanden hätte, diese im Crash zu kaufen und das war Big Oil. Sicherlich gab es damals punktuell auch andere Aktien die etwas günstiger waren. Aber weitgehend war es nicht essentiell am Tiefpunkt einzusteigen um gute Renditen zu machen. Das machte diese Marktphase dann auch so schwierig. Es gab die guten Aktien NICHT für extrem billig, aber es gab viele schlechte Aktien für extrem teuer. Für Neulinge ist so eine Situation unglaublich schwer zu navigieren.
Ich habe 2020 mit +12% abgeschlossen und 2021 mit +8% nur um dann 2022 eine -22% zu kassieren. Demnach habe ich die ersten 3 Jahre überhaupt keine Renditen gemacht und nur Lehrgeld bezahlt.
Ich dachte ich wäre schlau gewesen zumindest nicht 2018/2019 eingestiegen zu sein wo alle Aktien im Schnitt nochmal wesentlich höher bewertet waren. Aber ich hätte in diesen zwei Jahren eventuell Erfahrungen gesammelt, so dass ich 2020 mehr Orientierung gehabt hätte. Oder ich hätte auch 2022/2023 angefangen können, wo es keine Hype Aktien mehr gab und man Geld mit der Gießkanne in den Markt streuen konnte und fast immer eine Blume daraus geworden ist.
Ich habe neulich das Depot eines Bekannten gesehen der 2022 sein Depot neu gestartet hat. Fast gleiche Depotgröße wie ich. Allerdings während ich seit Depotstart meine 7% p.a. mache hat er einen IZF von 15%. Bei einer 100k Depotgröße bedeutet das ich sitze auf 12.000€ Buchgewinnen und er auf 33.000€
In Backtests zeigt sich momentan, dass ich auf 5J mit meiner Strategie wirklich von ALLEN bekannten und gängigen Indizes schlafen gelegt und eingesargt werde. Sogar vom Nikkei 225. Tröstend ist hier wirklich nur die 3J Performance wo eben deutlich wird, dass ich mit den wichtigen Indizes mithalten kann und auch ein paar große Namen hinter mir lasse.
Positiv lässt sich also festhalten: Ich werde besser.