- Ein Chancenvergleich mit Altria ($MO (+1,86 %))
Hallo liebe Raucher und Nichtraucher!
Heute soll es um einen Dividendentitel gehen, der vielen von euch unter dem Akronym „BAT“ oder "BTI" bekannt ist: British American Tobacco. Überraschenderweise konnte sich dieses Thema BAT nämlich gegen die Emerging Markets am Beispiel von Brasilien (14 Stimmen) sowie selbst gegen das Nachtclubthema als Fortführung zur Erotikbranche (11 Stimmen) mit 17 Stimmen durchsetzen. Das war für mich sehr überraschend.
Auch waren alleine 38 Kommentare mit 49 ausschließlich positiven Rückmeldungen zum anderen Dividendentitel „AT&T“, das als Nebenthema angekündigt worden ist, ein deutlicher Indikator hin zum passiven Einkommen via Dividende. Offensichtlich interessiert euch dieser Themenkomplex Dividendentitel im Quickcheck eher als Branchenvergleiche oder exotische Nischenmärkte (Erotik, Biokraftstoffe etc.). Ich werde das so mitnehmen und schauen, wie ich meine Vorschläge demnächst ausrichte.
Bevor wir mit der Aktienanalyse einsteigen wie gewohnt mein Disclaimer:
DISCLAIMER: Dies ist keine Anlageberatung. Es handelt sich auch nicht um die Aufforderung zum Kauf/Verkauf von Finanzprodukten. Diese sind immer mit Risiken verbunden. Ich schildere hier nur meine Meinung. Ihr entscheidet selbst, was ihr tut. Daher keine Haftung.
Weiterhin: Dies ist auch keine moralische Wertung zum Invest in entsprechende Branchen. Ähnlich wie bei dem Erotikthema möchte ich euch um Diskretion und erwachsenen Umgang in den Kommentaren bitten. Hier auf Getquin klappt das bisher tadellos. Das soll auch bitte so bleiben.
„A Better Tomorrow“
Ist das das Motto von Bayer als medizinal-orientiertes Unternehmen? Reden wir vielleicht von Waste Management, die uns den Abfall nun noch effizienter abnehmen wollen?
Mitnichten. Es ist tatsächlich das Motto eines Tabakkonzerns, genauer: Von British American Tobacco. Was am Anfang kontrainutitiv wirkt, ist einer der vielen Punkte, die folgende Aktienanalyse zu BAT einordnen soll (vgl. (1)). Hierzu präsentiere ich folgende Gliederung:
British American Tobacco (BAT) in Zahlen 1.1 Geschäftsfelder und der Tabakmarkt - Rauchen als Männerproblem?
1.2 Unternehmensstrategie - Warum „A Better Tomorrow“?
2.British American Tobacco (BAT) im Konkurrenzkampf
2.1 Altria als strategisches Gegenstück - keine Spielchen oder mit dem Kopf durch die Wand?
2.2Fazit: Besser konservativ wie Altria oder progressiv wie BAT? Ein Chancenvergleich
1.British American Tobacco (BAT) in Zahlen
1.1 Geschäftsfelder und der Tabakmarkt - Zigarettenmarkt als absehbare Titanic? Rauchen als Männerproblem?
Gegründet in 1902 hat BAT heutzutage 52.000 Mitarbeiter weltweit im Einsatz. Diese Formulierung deutet schon an, dass BAT in seinen Geschäftsfeldern anders aktiv ist als „reguläre“ Unternehmen. In (2) wird beispielhaft geschildert, dass Mitarbeiter „auch“ in Fabriken tätig sind, aber auch schon in Forschungseinrichtungen und Tech Hubs. Dabei können diese auf ein breites Portfolio an bekannten und teilweise sehr renommierten Marken zurückgreifen. Unter anderem zählen Lucky Strike, Pall Mall und Kent zu den bekannteren Produktmarken von BAT - sie sind aber nicht alleine und werden ergänzt via 200 weiterer Marken. Diese verteilen ihr Produktspektrum divers über Zigaretten, Pfeifenzubehör und Rollprodukte. In Quintessenz also alles Produkte für den Genuss von Raucherprodukten (vgl. (1), (2), (5))
BAT ist doch nur ein Tabakkonzern, wofür fahren da Vertriebler mit dem alten Produkt durch die Gegend? Was sollen die „Tech Hubs“ für einen Zigarettenkonzern bringen?
Bereits auf ihrer Website in (1) und (2) ist es sehr schwierig die eindeutigen progressiven Aussagen hinsichtlich der Disruption des bestehenden Zigarettenbusiness nicht zu sehen. Ich habe bewusst diverse Texte in verschiedenen Kategorien gelesen und alle waren auf dieser roten Linie des „Wir müssen weg vom qualmenden gesundheitsgefährdenden Image weg hin zu einem Ersatzproduktkonzern“ Mantra vereinigt. Tech Hubs als Orte synergetischer Zusammenarbeit sollen BAT als Fortschritt Richtung dieser Zukunft dienen. Quasi also riesige Areale wie das Silicon Valley in den USA, wo Tech Konzerne gemeinsam eine thematisch ähnliche Forschung und Produktion durchführe. Somit können wir sehen, dass das Außenmarketing schwer auf diesem Konzept basiert und daher werde ich auf diese Ausrichtung in 1.2 näher eingehen (vgl. (1), (2), (3)).
Neben dieser Marketingrhetorik ist natürlich die aktuelle Produktpalette mit ihren individuellen Schwerpunkten höchstinteressant. Wo Steht BAT also jetzt?
Frei nach (5) lassen sich die Geschäftsfelder lose in 5 Kategorien einteilen. Die „Sonstige“ Kategorie lassen wir zunächst außen vor. Die 5 einzelnen sind also (vgl. (5)):
- Zigaretten und andere brennbare Produkte
- Herkömmliche Oralprodukte
- Vapourizer, also elektrische Verdampfer
- Tabakerhitzer
- Neuartige Oralprodukte
Das liest sich etwas komplizierter als von einem Tabakkonzern erwartet oder? Daher eine kurze Erklärung, worüber wir hier überhaupt konkret reden und wo die Unterschiede liegen.
Starten wir mit 1): Eine Zigarette ist ein Produkt aus Filter und Papier, das zylindrisch Tabak enthält und dem Konsum durch Erwachsene gedacht ist. Die Produkte dieses Geschäftsfelds sind also auf eine externe Feuerquelle angewiesen und können sich im Normalfall eher nicht selbst entzünden. Wir kommen später darauf nochmal zu sprechen und sehen, warum das wichtig ist (vgl. (6)).
Dieses Geschäftsfeld machte im Jahr 2021 85,8% des Umsatzes aus und lag damit bei 22,029 Mrd. Pfund Sterling. Zwecks Lesbarkeit werde ich diese Währung mittels GBP fortan abkürzen. Es fällt direkt auf, dass der Anteil dieser klassischen Produkte aus 1) um 3,18% gefallen sind im Vergleich zum Vorjahr 2020 wo der Anteil noch bei 88,3% und 22,752 Mrd. GBP lag. Das ist insofern wenig überraschend, da die angegebene Marketingstrategie bereits auf diesen Transformationsprozess hingewiesen hat. Als im FTSE gelistetes Unternehmen liegt der Schwerpunkt dieser Produktkategorie in England und … (vgl. (5)).
Nein tut er nicht. Tatsächlich verteilt sich der gesamte Umsatz zu ca. 46% auf die USA und erst an zweiter Stelle sehen wir Europa - allerdings kombiniert mit Nordafrika und ca. der Hälfte an Anteil von 22,6%. Betrachtet man exklusiv Großbritannien, was BAT tatsächlich tut, so ergibt sich lediglich ein Anteil von 0,8% mit 0,209 Mrd. GBP. Dies hat mehrere Gründe, die insbesondere mit der viel größeren Anzahl an Käufern in weiteren Ländern korreliert ist. Es ist daher wenig verwunderlich, dass aufgrund dieser Regionenumsatzstruktur BAT sowohl im FTSE 100 oder im STOXX UK 50 gelistet ist. Letzterer fasst die 45 bis 55 größten Unternehmen aus Großbritannien nach der Marktkapitalisierung zusammen. BAT erreicht eine Marktkapitalisierung von 84,11 Milliarden US-Dollar, was ungefähr mit 75,23 GBP oder 86,33 Milliarden US-Dollar vergleichbar ist (vgl. (5), (9)).
Demnach ist BAT weltweit an Stelle 138 der wertvollsten Unternehmen der Welt. Verglichen mit dem USA-Konkurrenten Altria, den wir noch in Kapitel 2 kennenlernen werden, liegt dieser auf Platz 146 mit „nur“ 80,10 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung (vgl. (9), (10)).
Warum ist das wichtig?
Wie wir sehen, ist das Produkt „Zigarette“ mit seinen weiteren Verbrennerprodukten offenbar rückläufig im Umsatz. Auch wenn 22,029 Mrd. GBP immer noch viel Geld sind, so handelt es sich um einen Rückgang i.H.v. 3,18% innerhalb eines Jahres. Verschmerzbar? Während (11) einen moderaten Anstiegstrend ab 2016 mit 14,13 Mrd. GBP auf 25,877 GBP in 2019 darstellt, so gibt uns diese Statistik wenig Aufschluss über die genaue Verteilung dieses markanten Hauptproduktgeschäfsfeldes. Betrachtet man diese Zahlen isoliert, könnte man denken die Welt wäre für BAT auf absehbare Zeit ein leicht wachsender Markt und das ganze Marketinggerede wäre übervorsichtige Argumentation für die Tonne.
Nehmen wir allerdings ein paar Statistiken zum weltweiten Tabakkonsum, dem Raucheranteil in Deutschland sowie die Kostenentwicklung für Zigarettenprodukte zu Hand, zeigt sich eine interessante Entwicklung. So verzeichnet einer der Hauptkonkurrenten von BAT einen massiven Rückgang von Zigaretten um 32,58% im Vergleich von 2012 zu 2021. Die Reaktion des Konkurrenten? Mehr Werbung? Billigere kleinere Produkte? Nein (vgl. (13)).
Der Ausstieg aus dem Zigarettenbusiness im mittelfristigen Zeithorizont. Die Entscheidung wird exemplarisch auch an deutschen Zahlen verständlich. Warum sollten wir auf ausgerechnet die Steuerhölle Deutschland gucken? Einer der wesentlichen Punkte ist, dass BAT gemeinsam mit Phillip Morris und Imperial Tobacco 80% Anteil haben am deutschen Zigarettenmarkt, der aus industrieller Fertigung stammt. Handelsmarken aus dem Discounter beispielsweise machen an sich nur 13,3% aus, sodass wir hier ein stark-markendominiertes Geschäftsumfeld finden. BAT spielt somit mit den 2 Konkurrenten eine Schlüsselrolle, sodass wir Deutschland exemplarisch heranziehen können für einen Zigarettenabnehmer auf Industrieländerebene (vgl. (14)).
Was zeigt sich?
Im Wesentlichen gibt es drei dominierende Faktoren, warum das Zigarettenumfeld exemplarisch in Deutschland nicht mehr auf der Überholspur ist (vgl. (15), (16), (17)):
- Hoher Steueranteil von ca. 50% Tabaksteuer plus Mehrwertsteuer pro Packung, dadurch relativ hohe Quote an unversteuerten bzw. geschmuggelten Zigaretten (16)
- Steigendes Gesundheitsbewusstsein, insbesondere bei Jugendlichen (17)
- 5 Steuererhöhungen zwischen 2002 und 2007 in DE
- Raucheranteil geht in DE seit 2000 kontinuierlich zurück (15)
Wir sehen also, dass die Zigarette als Basisprodukt zumindest in einem führenden Industrieland ordentlich unter die Räder kommt. Nur noch 18,8% der deutschen Bevölkerung sind Raucher. Das mag zwar noch oberhalb des OECD-Mittelwerts von 16,5 Prozent liegen, zeigt aber insbesondere ein rückläufiges Interesse an diesem Produkt. Spannend ist dabei, dass eher Männer zur Zigarette greifen, wobei die Differenz zwischen Frauen und Männern an dieser Stelle nicht so hoch ist, wie ich zunächst selbst annahm. Circa jeder fünfte Mann greift zum Glimmstängel, während Frauen dies eher zu 12,8% tun. Wir vergleichen also jeden 5. Mann mit ca. jeder 8.Frau im Jahr 2022.
Ist dies ein Jubelschrei für die Fraktion Frauen wert?
Nein - denn ich habe euch nur allgemeine statische und damit statistisch-interpretationsbedürftige Daten genannt.
Inter…was? Ja ich mag auch Inter Mailand aber was hat das damit zu tun?
Nehmen wir zum Beispiel eine Statistik aus dem Jahre 2018 zu Hilfe. Ich habe bewusst eine veraltete Quelle aus 2018 verwendet, weil sie sehr gut den zukünftigen Kurs prognostiziert hat.
Während 1995 noch 42,8% der Männer und 29,3% der Frauen geraucht haben, fiel der Wert der Herren von diesen fast 43% (knapp die Hälfte fast) auf 24,2%. Das ist ein Rückgang von 43,72 Prozent. Wie sieht es bei den Damen aus (vgl. (18)).
Die Damen waren in ihrem Zigarettenkonsum deutlich konstanter als die Herren. Ein Vergleich von 1995 zu 2018 weist zwar eine ähnlich starke Rate aus von 1-(18,5 (2018) / 29,3 (1995)) = 36,86 Prozent. Allerdings sind die Standardabweichungen bzw. in einfacheren Worten die Rückgange pro Jahr nicht derart massiv wie bei den Herren. Ihr könnt beispielhaft euer Lineal an die Kurve der Herren von 2003 halten und mittels der Daten fast eine perfekte Gerade im umgekehrten 70 Grad Winkel nach unten zeichnen. Das basiert quasi auf einem Dreieck mit Gammawinkel gegenüber dem 90-Gradwinkel also standardlinks der Hypotenuse. (Alpha=90 Grad, Beta=20 Grad, Gamma=70 Grad)
Keine Sorge, ich wollte euch damit nur das Aufmachen der Quelle ersparen und das plakativ darstellen.
Machen wir das also mit den Damen ebenso, so erhielten wir eher eine horizontale Gerade mit einem noch kleineren Betawinkel, wäre da nicht die Erfassung von 2018. Diese war bekanntlich bei 18,5 und stellte zu den 23,4 einen ca. 21% Rückgang dar. Der Wert der Herren fiel im gleichen Zeitraum nur um ca. 14%.
Was sagt uns das mathematisch-geographische Gefasel?
Während Männer von einem höheren Raucheranteil schneller diesen Anteil verringert haben, blieben Frauen im Zeitraum 1995 bis 2003 der Zigarette treu und erhöhten ihren Anteil um 4,1 Prozent. Erst ab dann setze eine allmähliche Reduktion des Frauenraucheranteils ein. Ich finde dabei besonders gelungen, wie die Graphik an der Stelle die Lücke zwischen Frauen und Männern darstellt. Diese liegt 2018 nur noch bei prozentual 5,7 Prozent Abstand. Also rauchen quasi im Vergleich zur Frauenkohorte ca. 6 Prozent mehr Männer. Verglichen mit 1995 ist dies eine deutliche Reduktion (vgl. (18)).
Verliert BAT also sein Hauptklientel In Deutschland: Die Männer?
Auf Basis der dargestellten statistischen Auswertungen könnte man dies zunächst eher bejahen. Bei 97,24 Milliarden Euro Aufwendungen pro Jahr für medizinische Leistungen hinsichtlich Krankheit und Todesfällen ist das natürlich gesellschaftlich positiv zu sehen.
Allerdings ist neben dieser sehr positiven Entwicklung der Männer eine eher enttäuschende Leistung bei Frauen zu verroten. Ich möchte hier bewusst dieses Problem ansprechen, denn ich denke jeder kann die Gefahren von Tabakwaren selbst gut einschätzen. Rauche ich ständig Zigaretten, sitze auf der Arbeit und Zuhause vor dem TV und weil wieder keine Zeit war esse ich schnell Fast Food, damit ich noch meine Serie gucken kann, setze ich mich einem ursprünglich männlichem Lebensstilproblem aus.
Habt ihr es gemerkt? An was für eine Person habt ihr gedacht - einen Mann oder eine Frau?
Würde dieser Beitrag bspw. 20 Jahre früher erscheinen, so wäre die Antwort vermutlich eher: Einen Mann. Jetzt treibe ich es auf die Spitze: Angenommen dieser Person erlebt einen Herzinfarkt vor dem 60. Geburtstag.
Wie schätzt ihr die Wahrscheinlichkeit ein, dass diese Person weiblich ist? 5%? 25%?
Die Wahrheit sind: 47 (!) Prozent.
Richtig gelesen - 47 Prozent der Herzinfarkte gehen heutzutage auf das Konto von Frauen. Besonders die Alterskategorie 35 bis 54 Jahre schneidet hier aufgrund von Übergewicht aber auch Rauchen besonders schlecht ab. Dennoch ist auffällig, dass mit dem Rückgang des Zigarettenkonsums die Anzahl an Herzinfarkten bei beiden Geschlechtern zusammen in den letzten 15 Jahren um 30 Prozent sich reduziert hat (vgl. (19), (20)).
Weniger schön ist die Tatsache, dass ein Herzinfarkt sich bei Frauen besonders durch asymptomatische Beschwerden wie Übelkeit und Atemnot bemerkbar macht. Oftmals führt dies nicht so schnell zur richtigen Diagnose. Dabei bleibt jede 2te Frau nach einem Herzinfarkt alleine (vgl. ebd.).
Es ist wichtig auch die negativen Seiten des Investments zu kennen. Die Gründe für die Restrukturierung kennen wir nun:
- Hauptprodukt ist rückläufig und polarisiert negativ
- Das Gesundheitsbewusstsein auch durch die Branche selbst hat zugenommen
Im Folgenden möchte ich daher die restlichen Produkte von oben der Strategie „A Better Tomorrow“ zuordnen und meine Einschätzung zur Aktie teilen.
1.2 BATs Unternehmensstrategie - warum „A Better Tomorrow?“
Nachdem wir nun die Restrukturierungszwänge begriffen haben, stellt sich die Frage nach dem Slogan „A Better Tomorrow“ vor dem Hintergrund der praktischen Umsetzung.
Wie möchte BAT also die Zukunft „Better“ gestalten? Im wesentlichen soll dies via folgender Bausteine passieren (vgl. (1), (5), (18)):
- Neue Produktreihen wie beispielhaft Vaporizer, Cannabisprodukte etc.
- Eine breite Aufklärungskampagne über die Gefahren des Rauchens selbst auf der Homepage von BAT
- Eine verstärkte Präsentation von Ersatzprodukten
Betrachten wir nun also die Ersatzprodukte. Es ergibt sich in Bezug auf 2020 ein Anteil von 11,8 Prozent Anteil am Gesamtumsatz. In 2021 lag dieser Beitrag schon bei guten 14%. Sieht man sich also die Emerging Products wie die Vaporizer an, so stößt man quasi auf eine grüne Wand mit Umsatzsteigerungen von + 14,73 Prozent bis hin zu 51,72 Prozent. Werte, die man nach der Lektüre von Kapitel 1.1 einem Unternehmen in einem wegbrechenden Geschäftsumfeld eher nicht zugetraut hätte.
Aber was sind diese Produkte? Kurz gesagt handelt es sich um bspw. Batteriebetriebene Verdampfer, die das E-Liquid als Flüssigkeit stark erwärmen um anschließend Dampf zu generieren. Dieser wird mittels Vaporizer eingeatmet. Ob es sich dabei um natives Rauchen oder nicht handelt, ist öfters Diskussion in verschiedenen Runden und soll hier erstmal nicht weiter thematisiert werden (vgl. (21), (22)). Weiterhin gibt es auch klassischen Kautabak wie Snus aus Schweden oder amerikanischen Kautabak. Im Bereich des moderneren Kautabaks verkauft BAT mit der Marke VELO Kautabak, der unter anderem aus Zellulosefasern aus Eukalyptus und Kieferbäumen besteht. Dabei soll auch ein pharmazeutischer Standard gewährleistet sein. Im Unterschied zu den Vaporizern sollen Tabakerhitzer Aerosole produzieren, indem der Tabak nicht verbrannt sondern nur stark gewärmt wird. Ähnlich wie bei den Vaporizern folgt dann die Inhalation des Produkts. Glo ist hierbei die Marke von BAT. Natürlich war das nur eine grobe Darstellung, aber für den Anfang soll uns das erstmal genügen (vgl. (21)).
BAT ist meiner Meinung nach stark auf diese Produktregie angewiesen - ein Top Team mit nur einem Starspieler kann langfristig nicht bestehen - es müssen weitere Produkte zur Ablöse her. Ich nenne an dieser Stelle bewusst kein britisches Team. Sehen wir uns also an, wie der Markt der E-Zigaretten allgemein performt. Während 2022 20,4 Mrd. Euro weltweit erwirtschaftet worden sind, soll in 5 Jahren dieses Volumen auf 24,03 Mrd. Euro steigen. Die Umsätze wären also annualisiert jedes Jahr um 3,33% gestiegen, träfe das so ein. Das wäre somit ein Gegenläufer zum eher stagnierenden bis fallenden Zigarettenmarkt und damit tendenziell wünschenswert.
Kommen wir also hin mit diesem Produktportfolio? Klappt die Restrukturierung problemlos?
Die Antwort ist: Jain. Wie viele von euch mitbekommen haben, schreibe ich demnächst einen Artikel zum Emerging Market Brasilien. Dort, also dem derzeit größten Schwellenland, sind E-Zigaretten verboten. Auch Mexiko und Thailand sind ebenfalls mit entsprechenden Verboten belegt (vgl. (24)). Es darf also das Produkt dort nicht gehandelt werden. Im Falle von Brasilien ist es anscheinend gestattet, diese Liqiuids gemäß (26) für den Eigengebrauch einzuführen. Ansonsten ist kein legales Kaufen dort möglich. Die nationale Gesundheitsaufsichtsbehörde hat dies im Juli diesen Jahres bekräftigt und möchte kein stückweit über das 2009 eingeführte Verbot rütteln oder gar diskutieren. Als Grund wird angeführt, dass die E-Zigaretten oftmals zum Konsum verführen würden und daher gesellschaftlich unerwünscht sind. In Konsequenz ist der Handel dieses so wichtigen Ersatzprodukts für BAT in Brasilien weitestgehend in die Illegalität abgedriftet und bietet daher keine Umsätze an. Man könnte ggf. auch behaupten, dass BAT so Konkurrenz im Schatten hat und die Wirtschaftssituation noch diffuser wird (vgl. (25), (26)).
Wenn euch also dieser nun größte Emerging Market Brasilien interessiert, freue ich mich über jeden neuen Follower und konstruktiven Kommentar!:)
Sehen wir uns kurz Indien als bekannten Vertreter der Emerging Markets an. Hier ist es weniger problematisch für BAT seine Waren zu verkaufen, allerdings ist es immer noch „far from perfect“. Indien ist in 29 Bundesstaaten unterteilt, wovon nur 7 ein Verkaufs- und Einfuhrverbot von E-Zigaretten haben. Dies schließt aber auch Regionen wie Punjab mit ca. 28 Millionen Einwohner im Grenzgebiet zu Pakistan mit ein, was den Import ggf. erschweren kann. Punjab ist als indischer Bundesstaat mit mittlerer Größe also auch bedeutend (vgl. (26), (27)).
Wie verträgt die Aktie von BAT dies?
Zur groben Beurteilung prüfe ich analog zu AT&T die folgenden Parameter. Ich gewährleiste so einen einigermaßen vergleichbaren Standard, der meine Aktienbewertung für mich selbst besser strukturiert:
- Free Cashflow (FCF)
- Umsatzentwicklung
- KGV / KBV / KUV
- Nettomargen
- Gewinn pro Aktie etc.
Wir beginnen mit dem Marktwert. BAT hat sich im Jahresvergleich von 2019 bis 2022 nach einer kurzfristigen Schwäche im Jahre 2020 im Ergebnis von 73,883 Mrd. GBP auf 74,28 Mrd. GBP gesteigert. Dies entspricht einem Wachstum von 0,5344%. Nein, ich habe die „mal 100“ nicht vergessen. Es handelt sich tatsächlich um einen guten halben Prozent Wachstum im Unternehmenswert. Ist das ein Problem? Ist BAT ein „lahmer Hase“ in seiner Branche (vgl. (5))?
Um das zu prüfen, vergleichen wir beispielhaft den Aktienkurs von BAT im Zeitraum 2017 mit dem Gesamtmarkt in Form des MSCI World Tobacco Index. Dieser Index enthält große und mittelgroße Unternehmen in 23 Industrieländern und enthält auch zu 23,31% eine Gewichtung zugunsten von BAT. Damit ist BAT also zweitgrößter Faktor im Branchenvergleich und wird nur von Phillip Morris mit einer Gewichtung von 38,66% übertroffen. Insgesamt wird an dieser Konstellation klar, dass nur reine Tabakunternehmen enthalten sind und in gewisser Anti-SRI Manier ausschließlich renommierte Tabakkonzerne selektiert worden sind. Insgesamt stellen 6 Unternehmen die Zusammensetzung des Index. Ich habe bewusst diesen Index gewählt, da er zu 100% das Marktumfeld von BAT mit seinen Hauptkonkurrenten darstellt und keine Konzerne umfasst, die vielleicht ein paar Schnittpunktwaren mit Tabakhintergrund herstellen aber eigentlich in eine andere Kategorie gehören (vgl. (28), (29)).
Es ergibt sich via Marketscreener ein interessantes Bild: Obwohl BAT die oben angesprochenen ca. 23% des Index ausmacht, sind nur rudimentäre Ähnlichkeiten im Chartvergleich sichtbar. Während BAT auf 5 Jahressicht im Endeffekt fast den gleichen Prozentualer von -32% erreicht, liegt der MSCI Tobacco bei -30,83% und im gesamten Zeitraum fast immer besser als BAT. Reduziert man allerdings auf 2-Jahre, so durchbricht BAT den Chart des Index im Februar 2022. Erneut reduziert auf ein Jahr erhalten wir noch deutlichere Daten. Ab jetzt outperformt BAT den Index teilweise deutlich mit einer Steigerung von bis zu 40%, während der Index im Mittel eher zwischen keiner Veränderung (0%) oder einer geringeren Senkung (-5%) liegt (vgl. (28),(29)).
Zieht man den MSCI World in diesen Vergleich mit rein, so betrug das KGV für den Tabakindex 13,89 und für den MSCI World 16,26. Beide mit sinkender Tendenz mit Stand September 2022. Der Price-To-Bookvalue Faktor ist dabei zulasten des Tabakindex und liegt mit 3,79 über dem des MSCI Worlds. Was heißt das nun für die Aktienwelt der Tabakkonzerne und BAT?
Der Tabakindex hat trotzdem annualisierter Jahresrendite von 3,48% auf 10 Jahre verglichen mit der des MSCI Worlds von 8,11% aktuell ein höheres KBV. Das heißt, dass ich für meine 100€ Invest weniger Buchwert am Unternehmen zurückgespiegelt bekomme. Tendenziell ist das ein Kennzeichen für eine Überbewertung gegenüber dem Goldstandard der Industrieländer und lässt sich vor dem Hintergrund der in Kapitel 1.1 geschilderten Probleme durchaus kritisch sehen. Auch dürfen wir hier nicht vergessen, dass der Tabakindex nur aus 6 Unternehmen besteht und demnach ein höheres Ausfallrisiko bei weniger Profitverdrängung durch Diversifizierung hat. Auch ist das Ziel vom Tabakindex nicht primär ein generelles Weltwirtschaftswachstumk abzubilden, sondern viel eher geringrisikobehaftete Tabakunternehmen mit entsprechendem Cashflow Payout darzustellen (vgl. (28), (29), (30)).
Was heißt das für BAT?
BAT hält sich offensichtlich in einem Marktumfeld mit höherem KGV als der MSCI World auf und hat in der Vergangenheit bezogen auf YTD an einem Markt mit geringerem Verlust partizipiert. Das bedeutet:
- Die Erwartungshaltung an BAT ist größer als an den generellen Markt, die Umsätze zu steigern und zu wachsen
- Der Markt gilt aktuell als wertvoller als der Gesamtmarkt, sodass sich eine erhöhte Anspruchshaltung an den Kurs ergibt
- Der Markt preist die offensichtlich geschilderten Probleme aktuell nicht im größeren Stil vgl. mit dem Gesamtmarkt und dessen Problemen ein
- Es findet eine Flucht in vermeintlich-sichere Sektoren mit Dividenden wie dem Tabaksektor statt
Kann man das auch isoliert bei BAT sehen?
Ja - in gewissen Teilen sogar sehr deutlich. Schauen wir uns den Klassiker KGV nur von BAT an. Das KGV lag 2019 bei dem 13-fachen des Gewinns und fiel bis 2021 auf einen Wert nahe 9,25. Parallel fiel der Kurs zunächst von 32,3 GBP pro Aktie auf 27,1 in 2020 und stieg geringfügig auf 27,3 in 2021. Theoretisch reichen diese Daten nicht, um das KGV ohne bekannte Gewinne beurteilen zu können. Wir wissen ja, dass das KGV und der Kurs gefallen sind. Damit sehen wir schon, dass die Gewinne entweder gestiegen, stabil oder gefallen sind. Somit reicht das nicht und wir brauchen Angaben zum Gewinn (vgl. (31),(32)).
Diese Gewinne sind von 2019 von 2,49 GBP auf 2,96 GBP in 2021 gestiegen. Positiv dabei: Die Nettomarge als Quotient aus Umsatz und Gewinn ist im benannten Zeitraum ebenfalls von 22,1% auf 26,5% gestiegen. Wir haben also aus unserem erzielten Umsatz in jedem Jahr mehr Gewinn schöpfen können. Tendenziell sehr wünschenswert, aber wie viel Umsatz war denn nun da (vgl. ebd.)?
Die Umsätze von BAT im Zeitraum 2019 bis 2021 sind ungefähr so emotional aufwühlend wie Wandfarbe beim Trocknen zuzuschauen. 2019 erreichte BAT 25,827 Mrd. GBP und hat wie angegeben kaum Umsatzwachstum generieren können (vgl. (32),(33)). Dennoch gehen führende Analysten von weiter steigendem Gewinn pro Aktie aus, was bei ca. gleichbleibender Anzahl Aktien nur via a) steigendem Umsatz, b) besseren Nettomargen, c) kleineren Ausgaben und d) Stabilität beispielhaft möglich ist. Für 2023 wird zum Beispiel eine Gewinnsteigerung von 16,15% erwartet (vgl. (32),(34)). Damit geht einher, dass BAT wahrscheinlich die Dividende von 2,16 GBP in 2021 auf bis zu 2,82 GBP steigern könnte, sollten die Analysten recht behalten.
Was muss dafür passen?
Zunächst benötigen wir genügend Free Cashflow über dessen Verwendung BAT problemlos die Dividende bezahlen kann. Wie viele von euch aus meinem Altria oder AT&T Quickcheck noch mitbekommen haben, reagiere ich höchst allergisch auf Free Cashflow Payouts > 100%. Gerade aktuell in einem Umfeld steigender Zinsen und daher auch Belastungen für die Fremdfinanzierung finde ich es unverständlich, diese Payouts so hoch anzusetzen.
Im Falle von BAT sehen wir einen Gewinn pro Aktie von 313,11 GBX und eine Dividende von 235,18 GBX also im Ergebnis einen FCF-Payout von 75,11 Prozent. Ich persönlich bevorzuge diesen Payout unterhalb von 80%. Es ist eine reine Präferenz meinerseits und auch abhängig davon, ob wir über einen REIT oder eine für Dividenden bekannte Branche reden. Im Falle von BAT ist das der Fall, sodass mir die eher niedrige Ausschüttungsquote gut gefällt. Auch Altria schneidet mit 76,8 Prozent hier vergleichbar gut ab.(vgl. (32), (34), (35), (36))
Was heißt das für die Dividende?
Genau genommen erstmal
nichts. Vergangenheitsdaten können die Zukunft nur schwerlich prognostizieren. Konzerne wie Altria geben zwar vor maximal 80% Ausschüttungsquote haben zu wollen, dies ist aber durch einen allgemein rückläufigen Markt und einer Abhängigkeit zu neuen Trends auf dem Markt schwierig für die Zukunft einzuschätzen. Werden sich BAT und Altria die Dividende auch dann leisten können, wenn die Ersatzprodukte nicht ankommen und/oder in Schwellenländern wie Brasilien und Indien weiterhin restringiert werden? Dies sind nur ein paar Gedanken zum Thema KGV und Umsatzentwicklung (vgl. (36)).
Betrachten wir nun das KBV. Wie in vielen anderen Beiträgen von mir erwähnt gibt es an, was wir für beispielhafte 100€ Invest von dem Unternehmen an Buchwert zurückbekommen. Wir wissen bereits, dass der Tabaksektor recht teuer bewertet ist momentan und wir vermutlich tiefer in die Tasche greifen müssen für entsprechenden Anteil. Im Jahre 2013 lag das KBV von BAT noch bei 9,89 und fand 2015 seinen Höhepunkt bei 15,62. Das heißt: Die Aktie war zu diesem Zeitpunkt mit mehr als dem fünfzehnfachen seines Gewinns bewertet. 2020 lag das KBV dann nur noch bei 1,06 und näherte sich so der Aussage an, dass man für 100€ Invest auch fast 100€ Buchwert am Unternehmen erhält (vgl. (37), (38)).
Warum ist das wichtig?
Vereinfacht gesprochen: Wenn ich für meinen Euro (jetzt wohl eher 2€) nicht eine sondern zwei Eiskugeln bekomme, finde ich das in der Regel erfreulich. Außer es ist Gurkeneis.
Bei BAT ist es genauso. Ich könnte jetzt ein riesiges Fass aufmachen zum Thema Buchwert, Eigenkapital und KBV. Aber es ist auch für mich die 6. Stunde also hier das wesentliche:
Das KBV ist besonders dann für mich reizvoll, wenn die Finanzierung des Konzerns eher eigenkapitalgetrieben als fremdkapitalorientiert ist. Warum?
Je mehr nicht schuldenbelastete Masse im Unternehmen auf das Passiva Seite der Bilanz steht, umso besser und aus meiner Sicht ehrlicher ist das KBV. Was bringt mir beispielsweise eine verschuldete Techbude, die zwar ein KBV von 1 hat, ihre Finanzierung aber exklusiv via Fremdkapital zu 90% betreibt? Da das eine längere Diskussion werden kann, möchte ich nur sagen, dass mir insbesondere das steigende
Eigenkapital von BAT von 61 Mrd. GBP auf 67 Mrd. GBP gefallen haben. Natürlich ist mir der Anteil an Eigenkapital mit 48,85% im Jahr 2021 noch immer zu niedrig, aber es handelt sich um einen guten Anfang. Spielt ihr euch auch die Eigenkapitalwerte und deren Quote via (39) hinzu, so seht ihr eine langsame aber graduelle Entwicklung hin zu weniger Schulden und mehr Selbstfinanzierung.
Dieser Trend zeigt sich auch im wenig rühmlichen Faktor „Langzeit Gesamtverbindlichkeiten pro Aktie“. Während man pro Aktie quasi auch in gewisser Hinsicht 28 Mio. GBP an Schulden kaufte, sind das nun „nur“ noch 23,95 GBP. Also gute 14% weniger Langfristschulden als noch 2017. Der Konzern hat es also innerhalb von 5 Jahren geschafft einen bedeutenden Teil seiner Schuldenlast abzubauen. Das ist gut für BAT, gut für den Anleger und zunächst schlecht für die kreditgebende Bank (vgl. (38), (39)).
Wie sieht die Dividende nun konkret aus?
2015 lag die Dividendenrendite bei 4,08 % und hat sich im Rahmen des Schuldenabbaus auf fast 8% im Jahre 2021 verdoppelt. Dabei lag die Dividende 2015 bei 1,54 GBP und im Jahre 2021 bei 2,18 GBP. Man sieht also, dass man nicht notwendigerweise auf hohe Dividendenrenditen im Voraus angewiesen ist. Hätte man beispielhaft 2015 BAT gekauft, so wären umgerechnet 45€ pro Aktie nötig gewesen für nur 4% Dividendenrendite. Heute beträgt dieses Verhältnis ungefähr 2,47 Euro Dividende zu einem Kurswert von ca. 38,52 Euro. Daraus ergeben sich 6,43 Prozent Dividendenrendite, was im Vergleich zu 2015 immerhin 6,43/4 = 61% mehr Dividendenrendite ist. Innerhalb der Topperfromer der Tabakbranche arbeitet BAT also mit einer konkurrenzfähigen Dividendenrendite, hat aus meiner Sicht gute Nettomargen und möchte sein Produktspektrum aufgrund des rückläufigen Geschäftsmodells „Zigarettenkonzern“ diversifizieren (vgl. (40), (41))
Was macht die Konkurrenz am Beispiel Altria anders?
2.British American Tobacco (BAT) im Konkurrenzkampf
Altria als strategisches Gegenstück - keine Spielchen oder mit dem Kopf durch die Wand?
Der Altria Konzern wird vielen meiner Abonnenten auf YouTube bereits ein Begriff sein. Dort hatte ich ihn bereits in einem sog. „Quickcheck“ kurz überprüft, ob er für eine nähere Betrachtung in Frage kommt.
Starten wir also mit den Geschäftsfeldern von Altria. Ein schneller Blick auf u.a. Marketscreener zeigt, dass diese Geschäftsfeldkonstruktion deutlich einfacher zu verstehen ist als die von BAT. Für diese musste ich wie oben gezeigt einzelne Produkte rausgreifen und sogar deren Funktionsweise erklären. Altria selbst betreibt ein plakativ-einfaches und relativ intuitives Businessmodell, dass sich in 4 Oberkategorien exklusive „Sonstige“ einordnen lässt (vgl. (42)):
- Zigaretten
- Orale Tabakprodukte
- Zigarren
- Wein
Ich denke, die meisten werden die Definition von oben gelesen haben, was eine Zigarette ist oder werden diesem extrem seltenen Produkt, das es nirgendwo zu kaufen gibt, vielleicht mal auf einer Safari begegnet sein.
Bei der Produktgruppe „orale Tabakprodukte“ handelt es sich ähnlich wie bei BAT um Kautabak, der hier bei Altria allerdings nicht in moderne und klassische Produkte unterteilt wird. Kautabak ist Kautabak und basta. Zigarren sind hier separat aufgeführt und sind Tabakprodukte der mittels mehrerer Tabakblätter zusammengerollt wird und über ein Deckblatt verfügt. Auch vertreibt Altria Wein (vgl. ebd.).
Was ist jetzt so besonders an Altria?
Im wesentlichen ist Altria anders abgebogen als BAT und hat sich zunehmend auf sein Kerngeschäft fokussiert. Zum Thema Juul kommen wir später noch. Wichtig für uns sind die Geschäftsfelder und deren Umsätze.
Wir sehen, dass 84,1 Prozent des Umsatzes von Altria aus Zigaretten herrührt. Mit 21,88 Mrd. US-Dollar Umsatz werden Marken wie Malboro, L&M, Chesterfield etc. vertrieben. Die Kautabaksparte nimmt immerhin 10 Prozent des Umsatzes ein, während der Rest auf die angesprochenen Zigarren, Weine und sonstige entfällt. Somit dreht sich hier fast alles um die klassische Zigarette oder Kautabak. Besonders komplex wird die Vertriebssituation beim Blick auf die Regionenverteilung. Wir erkennen sofort die Emerging Markets wie China, Brasilien und Indien auf den vordersten..
Nein tun wir nicht. Der Umsatz je Region von Altria beschränkt sich zu 100% auf die United States und ist damit sehr einfach in der Handhabung. Allerdings auch direkt abhängig von den USA und ihrer Inflations- und Wirtschaftsentwicklung. Es handelt sich um einen Jahresumsatz von 26,013 Mrd. US-Dollar in 2021, wobei die Altria Aktie im S&P 500 und sogar im S&P 100 gelistet ist. Beide sind marktkapitalisiert zusammengesetzt und zeigen schon an, dass Altria mit seinen Marken zu den global wichtigen Playern der Tabakszene gehört (vgl. (41), (42)).
Der Marktwert des Unternehmens ist von 2019 auf 2021 stark gefallen. Der Rückgang betrug 14 Prozent. Auch war das KGV in 2019 negativ, da ein Jahresfehlbetrag erwirtschaftet worden ist. Die Dividendenrendite verblieb dennoch hoch von 6,6% bis 8,3%. Die Marktkapitalisierung wird dabei mit ca. 4 im Durchschnitt über die letzten 3 Jahre berechnet und liegt damit bedeutend höher als die von BAT mit 2,4.
Was heißt das?
Im Vergleich ist BAT also vom Aktienkurs und dem zugehörigem benötigten Umsatzwachstum her billiger bepreist als Altria. Der Unternehmenswert zeigt in die gleiche Richtung und wird im Verhältnis zum Umsatz mit 3,16 bei BAT und 5,24 bei Altria angegeben. Das KBV von Altria war 2021 negativ und wird für die nächsten Jahre bis 2024 ebenso negativ bleiben, geht es nach den Analysten. Sehen wir uns dazu das Jahr 2021 für Altria genauer an:
Während Altria 1,34 USD Gewinn pro Aktie machte, schüttete man 3,52 USD an Dividende aus. Wie ihr wisst, bekomme ich schon bei Payouts größer 1 allergische Reaktionen. Jetzt wären wir bei einem Faktor von ca. 2,64 (vgl. (44)).
Kann ja mal passieren. Das ist bestimmt nur eine Ausnahme?
Nein. Denn auch schon 2020 erwirtschaftete Altria pro Aktie 2,40 USD und schüttete aber 3,40 USD aus. Tendenziell kein gutes Vorgehen. Parallel hierzu stagnieren die Umsätze mit 19,8 Mrd. US-Dollar bis 21,2 Mrd. US-Dollar circa und verlaufen in einem Seitwärtskanal. Die Nettomargen sind teilweise negativ gewesen und liegen weit unter denen von BAT. Das soll jetzt kein Loblied auf BAT werden, sondern eher als Frage an Altria verstanden werden. In 2021 lag die Nettomarge bei 12% circa. Die von BAT bei 27%. Der Gewinn pro Aktie soll auch zukünftig nicht in dem Maße ansteigen, wie das bei BAT der Fall ist (vgl. ebd.).
Den schlimmsten Anblick bietet allerdings der Blick auf den konstanten Verschuldungsgrad von um das Doppelte des EBITDA, einem negativen Buchwert je Aktie von 88 US-Dollarcents sowie einer Zukunft mit eben diesen negativen Vorzeichen. Hat Altria schon mal versucht, sich mittels Ersatzprodukten aus der Situation zu befreien?
Ja, aber es ging nicht gut für Altria aus. Am 20.Dezember 2018 hatte das Management von Altria das Start-Up Juul gekauft. 12,8 Milliarden US-Dollar ließ man sich dies kosten. Man hatte somit ein eigenes Ersatzproduktunternehmen, dass…
Nein hatte man nicht. Diese 12,8 Milliarden USD haben nur für 35% Beteiligung an Juul gereicht. Mittels einfachem Dreisatz kommt man auf eine schwindelerregend hohe Bewertung, die die von bspw. AirBnB in Schatten stellte. Nochmal: Ein Startup, das seit dreieinhalb Jahre bestand. Es kam wie es kommen musste - aus den 70% Marktanteil an E-Zigaretten wurde nichts für Altria. Die Gesundheitsbehörde FDA schritt ein und störte sich insbesondere an dem jugendlichen Stil der E-Zigaretten, der unklaren Gesundheitslage und weiterer Probleme auf die man seitens Juul und Altria nicht entsprechend Lösungen für anbieten konnte. Im Ergebnis flog noch ein weiterer Knüppel in Altrias Richtung: Nicht nur war das Geld für Juul quasi verloren, sondern steht aktuell eine Verringerung des Nikotingehalts in Zigaretten in den USA aus. Das könnte theoretisch das Kerngeschäft der Zigaretten von Altria massiv bedrohen. Mit weniger Nikotin, weniger Sucht, weniger Kunden, weniger Geld. Was gesellschaftlich vielleicht wünschenswert ist, bedroht nun einen so wichtigen Flügel für Altria und schmeißt den Konzern in meiner Wahrnehmung um Jahre zurück in seiner so bitter benötigten Neujustierung auf dem Tabakmarkt der Zukunft (vgl. (45)).
2.2 Fazit: Besser konservativ wie Altria oder progressiv wie BAT? Meine Meinung
Wie wir gesehen haben, ist Tabak nicht gleich Tabak. Wir haben wesentliche Merkmale des Zigarettenbusiness anhand des Marktes, der Produkte und anhand von Altria und BAT analysiert und dabei gemerkt, wie wichtig eine fundamentale Analyse von Playern in einem angeblich sterbenden Markt ist. Ich persönlich finde diesen Kampf der 6 Riesen in einem Markt sehr faszinierend und werde daher diesen Markt auch weiterhin beobachten. Schockiert haben mich neben den fürchterlichen Gesundheitsrisiken im genaueren Umfeld, die ich zwecks Länge kürzen musste, auch die aus meiner Sicht völlig überzogene Dividendenpolitik von Altria. Zudem ist es bedauerlich, dass man aus Sicht von Altria zwar den richtigen Weg Richtung Ersatzprodukt mit weniger Nebenwirkungen gehen wollte, aber leider auf eine Landmine getreten ist, die Altria nicht nur um Jahre zurückwirft, sondern auch einiges an Geld gekostet hat.
Grundsätzlich sehe ich nur Chancen in Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und verstehen, dass es nun Zeit ist für die nächste Generation an Raucherentwöhnungsprodukte. Ich bleibe weiterhin am Ball und werde sämtliche Player weiter verfolgen!
So ich hoffe euch hat mein Beitrag von heute gefallen. Bevor hieraus wieder eine halbe Bachelorarbeit wird, möchte ich mit den Worten schließen, dass mir dieses Thema trotz des ernsten Hintergrundes sehr gefallen hat und mich in meiner Einschätzung nur bestätigt hat.
Wie seht ihr die Sache? Investiert ihr in BAT oder Altria direkt? Ist vielleicht wer in den Tabak-Index investiert?
Wer den Altria Quickcheck noch sehen möchte:
https://www.youtube.com/watch?v=BLngGtj-Mgg&t=3s
Ich freue mich über eure konstruktiven Kommentare! Folgt mir gerne für weitere Einblicke in spannende Unternehmen und exotische Märkte!
Euer Bass-T
Quellen:
(1) https://www.bat.com/group/sites/UK__9D9KCY.nsf/vwPagesWebLive/DO52AD6H
(2) https://www.bat.com/group/sites/UK__9D9KCY.nsf/vwPagesWebLive/DOB4JJB8
(3) https://senecaonebuffalo.com/2021/01/14/what-is-a-tech-hub/
(4) https://aktienfinder.net/dividenden-profil/British%20American%20Tobacco-Dividende
(5) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/BRITISH-AMERICAN-TOBACCO-4001163/unternehmen/
(6) https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/cigarette
(7) https://www.stoxx.com/index-details?symbol=SXUKP
(8) https://www.stoxx.com/document/Indices/Common/Indexguide/stoxx_index_guide.pdf
(9) https://companiesmarketcap.com/british-american-tobacco/marketcap/
(10) https://companiesmarketcap.com/altria-group/marketcap/
(14) https://de.statista.com/themen/1681/zigarettenindustrie/#dossierKeyfigures
(18) https://rauchfrei-info.de/informieren/verbreitung-des-rauchens/raucherquote-bei-erwachsenen/
(21) https://www.bat.de/group/sites/BAT_AXBF4K.nsf/vwPagesWebLive/DOBTJHQS#
(22) https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/sucht/fakten-e-zigarette-1058298
(23) https://de.statista.com/outlook/cmo/tabakwaren/e-zigaretten/weltweit
(24) https://www.reuters.com/article/gro-britannien-imperial-brands-idDEKBN1WB11Z
(25) https://latina-press.com/news/302631-verkauf-von-e-zigaretten-bleibt-in-brasilien-verboten/
(26) https://www.powercigs.net/ratgeber/in-welchen-laendern-ist-das-dampfen-e-zigaretten-erlaubt
(27) https://wiki.yoga-vidya.de/Punjab
(28) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/BRITISH-AMERICAN-TOBACCO-4001163/charts-comparison/
(29) https://www.msci.com/documents/10199/60e06c7e-e189-4193-b7d4-fcee21c3c2fa
(31) https://www.ig.com/de/trading-glossar/bruttomarge-definition
(32) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/BRITISH-AMERICAN-TOBACCO-4001163/fundamentals/
(33) https://www.it-times.de/news/nettomarge-eine-wichtige-kennzahl-der-bwl-133624/
(34) https://www.onvista.de/aktien/kennzahlen/BRITISH-AMERICAN-TOBACCO-PLC-Aktie-US1104481072
(35) https://wir-lieben-aktien.de/aktien-und-boersen-lexikon-definitionen/ausschuettungsquote/
(36) https://finance.yahoo.com/news/altria-mo-unveils-dividend-hike-114611342.html
(37) https://boersenlexikon.faz.net/definition/kbv/
(38) https://www.boerse.de/fundamental-analyse/British-American-Tobacco-Aktie/GB0002875804
(39) https://www.finanzen.net/bilanz_guv/bat
(41) https://aktienfinder.net/dividenden-profil/British%20American%20Tobacco-Dividende
(42) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/ALTRIA-GROUP-INC-4837/unternehmen/
(43) https://www.dwds.de/wb/Zigarre
(44) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/ALTRIA-GROUP-INC-4837/fundamentals/
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