Manchmal lohnt es sich, Altbekanntes neu zu betrachten - einige für mich neue Erkenntnisse möchte ich hier teilen und freue mich zu eurer Meinung zum Thema:
Gold sorgt in letzter Zeit für viel Gesprächsstoff an den Finanzmärkten – und das zurecht. Im laufenden Jahr 2025 zählt das Edelmetall zu den Top-Performern: Der Spotpreis hat seit Jahresbeginn rund 38–40 % in USD zugelegt, während globale Aktienindizes im selben Zeitraum deutlich weniger stiegen. Zur Jahresmitte verzeichnete Gold laut World Gold Council bereits etwa +26 % YTD – ein Wert, der sich bis September weiter auf über +40 % ausgedehnt hat. Zum Vergleich: Weltweite Aktien-ETFs lagen zur Jahresmitte ~+17 % YTD (in USD). Gold markierte dabei neue Allzeithochs um $3.700/oz.
Was treibt diesen Gold-Boom?
Mehrere makroökonomische Faktoren spielen zusammen. Zum einen hat ein schwächerer US-Dollar in 2025 den Goldpreis begünstigt, da Gold in Dollar notiert wird. Zum anderen herrscht weiterhin Unsicherheit im geopolitischen Umfeld – vom andauernden Ukraine-Krieg bis zu Handelskonflikten – was Anleger in sichere Häfen treibt. Hinzu kommen Inflations- und Rezessionssorgen, die ebenfalls die Attraktivität von Gold als Wertaufbewahrungsmittel steigern.
Besonders hervorzuheben ist die Nachfrage institutioneller Investoren: Zentralbanken weltweit stocken ihre Goldreserven so stark auf wie lange nicht. Seit 2022 kaufen die Notenbanken jährlich über 1.000 Tonnen Gold – etwa doppelt so viel wie im Durchschnitt der Jahre davor. Diese rekordhohen Zentralbank-Käufe und anhaltende Zuflüsse in Gold-ETFs gelten als wesentliche Treiber der Rally. Gleichzeitig haben Erwartungen sinkender US-Zinsen (nach dem Zinshoch der Vorjahre) die Opportunitätskosten von Gold verringert und zusätzliche Nachfrage entfacht.
Gold im Portfolio: Diversifikation vs. „Versicherung“
In vielen Anlegerportfolios ist Gold ein polarisierendes Thema – oft entweder gar nicht vorhanden oder sehr hoch gewichtet. Dabei wird Gold klassisch als „sicherer Hafen“ und Inflationsschutz betrachtet. Tatsächlich zeigt sich historisch, dass Gold vor allem in Krisenzeiten tendenziell zulegt, wenn Aktienmärkte schwächeln. So verzeichnete Gold in 15 der 20 schlimmsten Quartale des S&P 500 positive Renditen und übertraf in fast allen übrigen Fällen die Aktien-Performance. Diese defensive Eigenschaft macht es für viele zum Stabilisator im Depot.
Noch wichtiger ist aber der Diversifikationseffekt: Gold weist eine relativ geringe oder sogar negative Korrelation zu traditionellen Anlagen wie Aktien und Anleihen auf. In normalen Marktphasen verhält sich Gold eigenständig und oft gegenläufig zu Aktienkursen. Dies kann helfen, die Schwankungsbreite des Gesamtportfolios zu reduzieren – Gold „läuft“ also nicht mit den Börsenindizes im Gleichschritt.
Studien zeigen, dass bereits eine kleine Beimischung Gold die Portfoliorisiken messbar senken kann: In einer Analyse stieg das Sharpe-Ratio (Rendite-Risiko-Verhältnis) eines Versicherer-Portfolios um ca. +12 %, als 2,5 % Goldhinzugefügt wurden. Anders gesagt: Gold kann aufgrund der niedrigen Korrelation das Risiko-Return-Profil verbessern. Kein Wunder also, dass manche Asset Manager eine Gold-Quote von ~10 % in einem ausgewogenen Depot empfehlen. So vertritt z.B. der Vermögensverwalter Sprott die Ansicht, ~10 % physisches Gold (ggf. ergänzt um bis zu 5 % in Minenaktien) seien ein sinnvoller Bestandteil zur Risikostreuung.
Gleichzeitig darf man Gold nicht blind idealisieren: Gold ist keine perfekte Versicherung für alle Fälle. Wie alle Anlagen unterliegt es Wertschwankungen – zeitweise auch erheblichen. Beispielsweise verlor der Goldpreis in den Jahren 2013–2014 rund 29 % seines Wertes, als die US-Notenbank ihre ultra-lockere Geldpolitik zurückfuhr. Solche Drawdowns zeigen, dass Goldinvestoren Durststrecken aussitzen müssen.
Zudem wirft Gold keine laufenden Erträge ab (keine Zinsen oder Dividenden). In ruhigen Marktphasen können daher Opportunitätskosten entstehen, wenn beispielsweise Anleihen Zinsen abwerfen und Gold „nur“ unverändert liegt. Einige Profis – etwa Lebensversicherer – argumentieren, Gold passe nicht ins Konzept, weil kein Cashflow generiert wird.
Letztlich kommt es also auf die Perspektive an: Gold eignet sich weniger, um regelmäßiges Einkommen zu erzielen, sondern mehr als strategischer Vermögensbaustein für den Extremfall („Tail-Hedge“) und zur Beimischung mit eigenem Dynamikprofil.
Ich persönlich fahre mit Gold einen Mittelweg.
In meinem Depot machen Gold-ETCs etwa 5–10 % aus – nicht weil ich es für die ultimative Crash-Versicherung halte, sondern als bewussten Gegenpol zu Aktien und Krypto. Mir geht es darum, einen Anteil zu haben, der sich unabhängig von meinen Aktieninvestments entwickelt und in Phasen, in denen Aktien und Kryptowährungen schwächeln, tendenziell stabiler oder sogar positiv läuft. Diese Strategie spiegelt das wider, was Gold für viele Investoren bedeutet: Diversifikator und „Krisenpolster“, aber kein Selbstläufer.
Interessant ist, dass Gold und Aktien nicht immer entgegengesetzt laufen. Jüngstes Beispiel: In der ersten Hälfte der 2020er-Jahre verzeichneten sowohl Gold als auch viele Aktienmärkte kräftige Kursgewinne gleichzeitig. Anleger sollten sich also bewusst sein, dass die Korrelation von Gold zu anderen Assets variieren kann.
In Phasen globalen Booms (mit gleichzeitig steigenden Unternehmensgewinnen und Inflation) kann Gold durchaus mit Aktien steigen. Umgekehrt kann in akuten Panikmomenten auch Gold kurzfristig mit abverkauft werden, bevor es sich als sicherer Hafen wieder behauptet (wie z.B. im März 2020 gesehen).
Das Gesamtbild bleibt jedoch: Über längere Perioden hat Gold eine eigene Preisfindung, getrieben von Makrofaktoren(Inflation, Realzinsen, USD-Wechselkurs, geopolitische Risiken) und Angebot/Nachfrage (Schmuckindustrie, Anlegernachfrage, Minenförderung). Diese Faktoren unterscheiden sich fundamental von Aktien und sorgen dafür, dass Gold seinem Ruf als Portfolio-Stabilisator meist gerecht wird.
Kurzfristige Schwankung vs. lange Frist: Performance im Zeitraffer
Wie sieht es mit der langfristigen Wertentwicklung aus? Hier scheiden sich oft die Geister. Langfristig – über viele Jahrzehnte betrachtet – hat Gold einen realen Werterhalt plus moderate Wertsteigerung geboten, während Aktien (inklusive Dividenden) deutlich stärker gewachsen sind.
Ein oft zitiertes Beispiel: Hätte man seit 1971 (Ende von Bretton Woods und Freigabe des Goldpreises) je 100 US-Dollar in Gold und in den S&P-500-Aktienindex investiert, dann stünde das Goldinvestment heute bei rund $7.000, das Aktieninvestment aber bei über $26.000 (mit Dividendenwiederanlage). Über ~50 Jahre hat also der Aktienmarkt das höhere Wachstum geliefert.
Aber – und das ist wichtig – die Antwort hängt stark vom Betrachtungszeitraum ab. Wer im Jahr 2000 Gold und Aktien gleichermaßen startete, steht heute mit Gold im Vorteil: Aus $100 wären mit Gold ~$900 geworden, während $100 im S&P 500 (trotz Dotcom und Finanzkrise gut verdoppelt) auf etwa $600 anwuchsen.
Der Zeitraum 2000–2024 war geprägt von zwei schweren Aktien-Bärenmärkten und gleichzeitig einem großen Aufschwung des Goldpreises. Ähnliche „Aufholjagden“ von Gold gab es in den 1970ern: In der Stagflation jener Ära schoss Gold massiv hoch, während Aktien seitwärts liefen.
Was lernen wir daraus?
Timing und Zeithorizont sind entscheidend. Gold bewegt sich in langen Zyklen. Phasen rasanter Anstiege (wie zuletzt seit 2019) können auf längere Flauten folgen (man denke an die 1980er/90er, wo Gold zwei Jahrzehnte kaum vom Fleck kam).
- Über 10–20 Jahre kann Gold mit Aktien durchaus mithalten oder sie übertreffen, besonders wenn die Startperiode aus einer Tiefphase des Goldpreises kam.
- Seit der Jahrtausendwende (1999–2024) erzielte Gold z.B. im Schnitt ca. +9,2 % pro Jahr und ließ damit globale Aktien hinter sich.
- Über 30+ Jahre hingegen liegen breite Aktienindizes in der Regel vorne, vor allem wenn man Dividenden berücksichtigt.
Dennoch: Gold hat sich real ebenfalls rentiert – seit 1971 im Schnitt um die +8 % p.a. in USD, was weit über der Inflation liegt. Damit ist die oft gehörte Kritik, Gold habe „nur Kaufkrafterhalt aber keinen Ertrag“, nicht ganz fair – über die Jahrzehnte wuchs auch der Realwert von Gold merklich.
Es hängt eben vom gewählten Start- und Endpunkt ab. Für die Diversifikation bedeutet das: Gold kann phasenweise Renditebringer sein und etwaige Verluste anderer Anlageklassen ausgleichen, aber man sollte keine kontinuierliche Outperformance gegenüber Aktien erwarten.
Unterm Strich bleibt Gold ein besonderer Baustein im Anlageuniversum:
Es ist ein Rohstoff und Währungsersatz mit eigener Angebots-/Nachfragedynamik, keine produktive Anlage im klassischen Sinn, aber historisch ein verlässlicher Wertspeicher über Generationen.
Gerade in einem Umfeld, in dem Aktien und Anleihen zeitweise wieder positiv korrelieren (z.B. bei gleichzeitigen Verlusten 2022), gewinnt Gold als unabhängiger Diversifizierer an Bedeutung. Ob man nun 0 %, 5 % oder 20 % Gold hält, hängt von individuellen Überzeugungen, Zielen und Risikopräferenzen ab.
$4GLD (+0,77 %)
$GLDA (+0,83 %)
$EWG2 (+1,15 %)
$DE000EWG0LD1 (+0,93 %)
$IGLN (+0,82 %)
$SGLD (+0,8 %)
$GOLD (+1,14 %)
$PHGP (+0,85 %)
$GDX (+1,78 %)
$SPGP (+1,14 %)
$NEM
$NEM (+1,51 %)