Das Leben eines Missverstandenen – Oder auch: Wieso will mir der Berater ständig Deka verkaufen?
TL;Dr
Auch der Bankberater hat sein Säckchen zu tragen. Es gibt solche und solche. Boshaftigkeit oder Gier möchte ich den wenigsten unterstellen. Wieso aber verkauft ein Sparkassenmitarbeiter ständig Deka? Ist der nur aufs Geld aus? Nein! Oder doch? Am Ende sind Sparkassenmitarbeiter doch gar nicht so böse.
1. Einleitung
2. Was macht eigentlich ein Bankkaufmann?
a. Welche Beratungen gehören dazu?
b. Welche Kunden gibt es?
3. Ausbildung
4. Berufsalltag
5. Provisionen
6. Bankberater und ihre Fonds
7. Gehalt
8. Fazit
Einleitung:
In letzter Zeit und vor allem seit ich mich auf Getquin rumtreibe höre/lese ich immer wieder verschiedene Mären über den „Bankberater“ und seine fiesen und unlauteren Beratungen.
Ich selbst bin gelernter Bankkaufmann (Sparkasse) und arbeite nach wie vor in einer Bank. Wenn auch mittlerweile ohne direkten Kundenkontakt.
Ich möchte euch mit diesem Beitrag die Sichtweise eines „Bankberaters“ mitteilen bzw. das allgemeine Berufsbild vorstellen. Denn auch, wenn dieser Beruf sehr häufig verteufelt wird, ist er doch gar nicht per se so negativ.
Warum mache ich das Ganze? Ich glaube, dass der Beruf des Bankkaufmannes ziemlich missverstanden wird und dieser Eindruck durch negative Presse und dubiosen Schiffsfonds-Verkäufen für Rentner (zu Recht) verstärkt wird. Trotzdem ist das natürlich nicht alles und variiert von Bank zu Bank.
Mein Bericht bezieht sich also auf eine kleine- bis mittelgroße Sparkasse (ca. 600 Mitarbeiter) und diese Erfahrungen sind (der fairness halber) bereits ca. 7 Jahre alt. Kontakte habe ich allerdings immernoch, so dass ich doch noch einiges mitbekomme.
Ich möchte anmerken, dass ich hier meine persönliche Erfahrung teile und diese sich auf einen normalen „Schalter-Futzi“ beziehen, wie es ein 55 jähriger Klaus Müller aus der Sparkasse Klein-Kleckersdorf sein könnte (ab jetzt Bankkaufmann genannt). Nicht auf Investmentbanker, Vorstände oder Börse-Gurus. Ebenso wenig auf Kredithaie oder Großkundenberater.
Daher werde ich hier auch keine Links oder Quellen angeben (können).
Was macht eigentlich ein Bankkaufmann?
Der Beruf des Bankkaufmannes ist natürlich extrem vielseitig. Naja, kann extrem vielseitig sein. Es kommt natürlich darauf an wo und wie man arbeitet, ob man sich spezialisiert oder nicht und selbstverständlich für welche Bank man arbeitet.
Hier möchte ich auf den Schalter-Berater eingehen und daher beschreibe ich auch nur dessen Alltag. Viele andere Abteilungen (Kreditabteilung, Wertpapierabteilung, Vermögens- und Firmenberatung, Verwaltung, etc. sind hier außen vor).
a.) Welche Beratungen?
Generell besteht die Aufgabe des o.g. Bankkaufmannes im Beraten von Privatkunden jeglicher Art.
Das geht los zur (Spar-)Kontoeröffnung bei Geburt, über Sparpläne, Festanlagen, Versicherungen, Fonds, Aktien, Bausparen und Darlehen, bis hin zu finanziellen Beratungen bei Todesfällen. Dazu kommt natürlich der tägliche Schalterverkehr: Rentner bei der Auszahlung am Geldautomat helfen, Überweisungen für Rentner ausfüllen, Probleme klären warum eine Karte eingezogen wurde oder nicht funktioniert; entgegennehmen und weiterleiten von Dokumenten, Briefen, etc.
Bei Sparkassen sogar die Bestätigung, dass ein Rentner noch lebt und weiter Rente beziehen darf, dass Lieschen Müller auch tatsächlich Blind ist und auch die Bestätigung, dass die Unterschrift von Kevin Maier zur Eröffnung des Scalable Depots auch wirklich von Kevin Maier ist (Post-Ident).
Natürlich gehören auch Beratungen rund um’s finanzielle Leben dazu. Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Rentner. Sie alle haben andere Anforderungen und Wünsche und sollten regelmäßig (mindestens einmal jährlich, im Idealfall öfter) zu einem persönlichen Gespräch vorbeikommen. Wichtige „Termine“ im Leben werden natürlich ebenfalls beraten.
Vollmachten zum 18. Geburtstag oder zur Hochzeit, Finanzierung der ersten Immobilie, des Führerscheins oder des ersten Autos, usw.
Im Idealfall möchte man den Mensch von Geburt bis Tod als Bank begleiten. Das gelingt in der heutigen Zeit natürlich immer schwieriger, früher war die erste Bank quasi die Hausbank für immer. Natürlich hängt das aber auch von der jeweiligen Geschäftspolitik ab. Leider wird dieser Gedanke durch die heutige Preispolitik und den Preisdruck der Konkurrenz und FIN-Techs stark verdrängt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Bankberater jeden Kunden, egal ob reich oder arm von Geburt bis Tod in alle Belangen beraten können soll/muss. Das betrifft nicht nur finanzielle Dinge sondern gerne auch Steuern, Gesetze und natürlich Versicherungen.
b.) Art der Kunden
Es fängt beim Otto-Normal-Bürger mit durchschnittlichem Einkommen an und geht dann in zwei Richtungen: Einmal ins „höhere Klientel“ mit vermögenderen (und leider oft auch eingebildeteren) Kunden und einmal in die gegensätzliche Richtung. Wobei diese gegensätzliche Richtung nicht nur ärmere Menschen betrifft (z.B. die den Mindestlohn verdienen und von der Hand in den Mund leben), sondern auch Flüchtlinge, die unbedingt ein Konto brauchen, Obdachlose, die irgendwie wieder versuchen auf die Beine zu kommen, notorische Lügner die zig verschiedene Pfändungen auf dem Konto haben und natürlich auch die Insolventen Ex-Geschäftsführer, die sich aufführen als wären Sie DAX-Vorstände und doch kein Geld bekommen, weil nichts mehr im Pfändungsfreibetrag enthalten ist. Gleichzeitig aber auch die mehr oder weniger unverschuldeten Pfändungskunden, die super nett und lieb sind, eigentlich genügend Geld zum Leben haben aber eingeschränkt sind durch Pfändungen, die noch nicht richterlich entschieden sind.
Wichtig zu erwähnen ist natürlich, dass es auf allen Seiten die unterschiedlichsten Menschen gibt und man dort nichts verallgemeinern kann. In jegliche Richtung gibt es freundliche und unfreundliche Menschen, zuvorkommende und eingebildete Menschen und jeder hat sein eigenes Schicksal zu tragen. Nicht alle (Deutsch-)Lehrer sind Besserwisser und nicht alle Geschäftsführer eingebildete Ignoranten. ;)
3. Ausbildung
Ich möchte nur kurz und grob die Ausbildung umreißen.
Kurz nochmal ein wichtiger Hinweis vorweg: Ich beziehe mich hier auf meine Ausbildung bei der Sparkasse, die ich 2009 begonnen habe. Mittlerweile sind einige Dinge evtl. anders, der Rahmen stimmt aber noch.
Die Ausbildung bei einer Volksbank ist sehr ähnlich, die Ausbildung bei Privatbanken (wie z.B. Commerzbank, Deutsche Bank, etc. variiert aber teilweise (auch qualitativ) sehr stark!)
Die Ausbildung bestand ursprünglich aus 3 Lehrjahren. Man brauchte Realschulabschluss. Die Lehrzeit konnte auf 2,5 Jahre verkürzt, wenn man besonders gut war und Abitur besaß.
Mittlerweile ist die Lehrzeit generell 2,5 Jahre, Abitur ist gewünscht, ein guter Realschulabschluss reicht aber auch.
In der Ausbildung durchläuft man jede Abteilung der Bank. Und zwar wirklich jede. Filialen, wie auch interne Abteilungen: Wertpapierabteilung, Marketing, Kreditabteilung, Rechtsabteilung, Rechnungswesen und Controlling, Kasse und Poststelle, selbst das Kundenservicecenter (Call-Center). Man besucht auch verschiedene Filialen für jeweils 2 bis 12 Wochen. Die Ausbildung ist dadurch qualitativ sehr hochwertig und breit gefächert. Man ist danach natürlich kein Spezialist in einem bestimmten Fach aber man kann nach der Ausbildung theoretisch in jeder Abteilung beginnen. Und das in jeder Bank. Neben dieser Praxis hat man natürlich auch Berufsschule (entweder 2 Tage jede Woche oder im Blockunterricht). Bei Sparkassen und Volksbanken dazu auch noch innerbetrieblichen Unterricht in unregelmäßigen Abständen. Dort wird nicht nur das Wissen aus der Berufsschule ergänzt und vertieft (inkl. Prüfungen), sondern man hat auch Rhetorik-Kurse oder Konfliktbewältigungskurse, usw.
Zudem gibt es bei Sparkassen noch einen weiteren Abschluss, den man (zumindest bei meiner Sparkasse) „automatisch“ erwirbt. Man hat am Ende der Ausbildung einen 4 wöchigen Abschlusskurs, der auf Sparkassenakademien stattfindet. Der Abschlusstest (schriftlich wie auch mündlich) ähnelt dem des Bankkaufmannes relativ stark. Man ist danach Sparkassenkaufmann.
Nach meiner persönlichen Erfahrung, sowie den Berichten von Azubis aus anderen Banken und Lehrkräften sind die Ausbildungen bei Sparkassen und Volksbanken die Besten, die man machen kann (in Bezug auf Bankkaufmann). Man lernt extrem breit gefächert und ist super auf die Arbeitswelt vorbereitet, nicht nur Bankspezifisch.
Die Ausbildung bei einer privaten Bank ist (oder war damals) nicht so ausführlich und breit sondern mehr auf Filialbereich ausgelegt. Auch der innerbetriebliche Unterricht findet (fand) dort nicht in dieser ausgeprägten Form statt.
Würde ich heute nochmal eine Ausbildung bei einer Sparkasse/Bank machen?
Ja und nein! Ja, weil die Ausbildung mich super auf die Arbeitswelt vorbereitet hat und ich nicht nur bankspezifische Dinge gelernt habe, sondern eben auch wichtiges fürs Leben. Auftreten, Rhetorik, Recht&Gesetz, finanzielle Zusammenhänge, usw.
Nein, weil man mit Bank sehr eingeschränkt ist. Bank ist nunmal Bank. Das ist ein schöner Beruf und man kann sich durchaus spezialisieren, aber man bleibt doch meistens bei der Bank. Zum Beispiel in Industrieunternehmen kommt man nur schwer rein, weil diese Industriekaufleute meist bevorzugen und man in der Industrie einfach mehr Auswahl hat.
Generell aber, um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Ausbildung zum Bankkaufmann auf jeden Fall nur bei einer Sparkasse.
4. Berufsalltag
Das tägliche Bild ist sehr unterschiedlich und es gibt vermutlich unendlich viele Varianten des täglichen Arbeitens. Man könnte mit Geschichten und Anekdoten wohl ganze Bücher füllen. Falls jemand Interesse an ein paar verschiedenen Tagesabläufen eines Bankers im Filialgeschäft hat, dann hinterlasst gerne einen Kommentar und ich kann dazu gerne noch etwas schreiben.
Insgesamt kann man sagen, dass man, wie überall, Glück und auch Pech haben kann, was das tägliche Kundengeschäft angeht. Es gibt ruhige Tage und nette Kunden und stressige Tage mit unfreundlichen Kunden. Traurige, verzweifelte, wütende Kunden geben sich die Klinke in die Hand mit glücklichen, fröhlichen und euphorischen Kunden.
Jeder will etwas anderes und alle müssen umfassend beraten werden und selbstverständlich muss man auch auf die Person und deren Gemütslage eingehen. Nicht nur in der Beratung sondern auch, wenn sie nur am Geldautomat sind oder etwas abgeben wollen.
Der Alltag ist (je nach Filiale) also sehr abwechslungsreich und wird daher nie langweilig (außer es sind Sommerferien und WM).
5. Provisionen und der Zusammenhang mit der Beratung
Dieser Teil interessiert wahrscheinlich die Meisten.
Nochmal: Ich spreche hier nur von meinem damaligen Arbeitgeber. Das kann und ist bei anderen Banken anders. Insgesamt sind Mitarbeiter von Sparkassen und Volksbanken aber geringerem Leistungsdruck ausgesetzt als ihre Kollegen bei Privatbanken.
Generell hat jede Bank Ziele, die bis zum Jahresende erfüllt sein sollen. Diese sind mal ambitionierter und mal lockerer. Es gibt Ziele für jede Abteilung und Filiale. Meistens wird das Gesamthausziel vom Vorstand abgenickt. Dieses Gesamthausziel geht dann an die Filialdirektoren, denen wiederum mehrere Filialen unterstehen. Diese teilen dass dann auf die Filialen (je nach Größe und/oder Kundenaufkommen) auf. Die dortigen Filialeiter teilen die Ziele dann unter den Mitarbeitern auf oder behalten es als Gesamtfilialziel.
Diese Ziele haben erstmal nichts mit Provisionen zu tun!
Provisionen generell: Was ist das eigentlich?
Die Sparkasse hat natürlich Verträge mit anderen Unternehmen (oder Tochtergesellschaften). Dazu gehören zum Beispiel die DekaBank (als Fondsverwalter) oder die SV Sparkassenversicherung, aber auch noch viele weitere zum Thema Kredite oder Versicherungen.
Schließt jetzt ein Kunde zum Beispiel einen Fonds ab, bekommt die Sparkasse und damit der Mitarbeiter eine Provision. Schließt ein Kunde einen Kredit mit Restschuldrisiko-Versicherung ab, bekommt die Sparkasse und damit der Mitarbeiter eine Provision.
Diese Provisionen fallen natürlich unterschiedlich hoch aus und können daher die Entscheidung des Beraters beeinflussen welches Produkt er verkaufen will oder eben auch nicht.
Ein großer Unterschied zwischen Bankberatern und freien Finanzberatern ist, dass die Bankmitarbeiter ein Grundgehalt haben, mit dem sie auch ohne jegliche Provision relativ gut leben können.
Freie Finanzberater leben allerdings ausschließlich von Provisionen oder deren Grundgehalt ist so gering, dass es ohne Provision nicht geht. Daher ist das Problem der beeinflussten Beratung dort wesentlich tiefgreifender als bei Bankern.
Nun aber zu meiner Sparkasse:
Wie oben erwähnt sind Bankberater nicht unbedingt auf die Provision angewiesen. Gleichzeitig ist die Zielsetzung und die Provisionszahlung bei Sparkassen und Volksbanken generell nicht so hoch wie bei Privatbanken (gem. meiner damaligen Erfahrung).
Die individuelle Provisionsauszahlung wurde bereits zu Beginn meiner Ausbildung 2009 abgeschafft.
Die Provision wurde dann nur noch an die Filiale verteilt und es oblag dem Filialleiter welcher Mitarbeiter wie viel bekam, wenn überhaupt.
Kurze Zeit später wurde aber diese Provision für die Filiale auch abgeschafft. Somit liefen die Provisionen nur noch ins Gesamthaus. Man hat keine Provision mehr bekommen. Nur noch ein aufgestocktes Gehalt (dazu unter dem Punkt Gehalt mehr). Man wusste also nicht mehr wie viel Provision liefert dieses oder jenes Produkt und selbst, wenn man es gewusst hätte, war es egal, weil es sowieso ins Gesamthaus fiel und man einen fixen Betrag als Zuzahlung bekam, egal wie viel Provision man selbst erwirtschaftet hatte).
Das hatte tatsächlich auch die gewünschte Wirkung. Beratungen fielen neutraler aus, weil es eben gar nicht mehr um die Provision ging. Ich musste also niemandem mehr einen Bausparvertrag andrehen, der ihn gar nicht wollte/brauchte. Auch keinen Aktienfonds und auch keine Versicherung.
Ab da hat es auch wesentlich mehr Spaß gemacht. Man konnte Kunden beraten und zu 100% auf deren Bedürfnisse eingehen.
Wenn ich festgestellt hatte, dass ein Bausparvertrag wirklich das perfekte Produkt für den Kunden ist, dann konnte ich natürlich versuchen ihn zu überreden. Aber das konnte ich machen, weil ich zu 100% überzeugt war, dass es für den Kunden ist, nicht, weil ich dann mehr Provision bekomme. Und wenn der Kunden dann trotzdem nicht wollte, dann war das eben sein Pech. Mir konnte es ja egal sein.
Das war damals bei Privatbanken (und teilweise auch anderen Sparkassen/Volksbanken) noch anders. Ich weiß z.B., dass manche Berater das Ziel hatten pro Monat 30 Kredite zu verkaufen. Egal an wen und wie hoch. Ist das geschafft, gab es 100% Gehalt oben drauf. Dafür war das Grundgehalt aber auch mickrig klein. Da war der Druck natürlich groß und Kunden bekamen Kredite auch ohne großartige Prüfung der Bonität oder auch mal, obwohl sie vielleicht gar keinen Kredit gebraucht hätten.
Alles für die Provision. So ging/geht es auch Beratern, die man aus den Nachrichten kennt.
78 jähriger wurde ein geschlossener Schiffsfonds verkauft. 97 jährigem wurde Bausparvertrag verkauft (was übrigens gar nicht dumm sein muss, Stichwort Erbe). Aber da wurde eben etwas verkauft, weil man Provision bekam.
Solche Beratungstechniken gibt es auch heute noch. Daher gibt’s jetzt immer die Kosteninformation vor Abschluss eines Geschäfts. Diese gibt es nicht nur bei Aktien sondern allen Formen der Geldanlage.
6. Bankberater und ihre Fonds
Kommen wir nun zum wichtigsten Punkt und dem eigentlichen Grund, warum ich dieses Thema gestartet habe.
Sehr gerne wird ja auf den aktiv gemanagten Fonds rumgeritten.
„Sofort raus da!“, „So ein scheiß!“, „Du bezahlst unnötig Geld!“, sind nur einige der Aussagen, die man hierzu regelmäßig hört.
Ich möchte gerne etwas näher darauf eingehen, weil ich glaube dass hier sehr viele Vorurteile herrschen.
Zunächst einmal: Wie oben beschrieben ist zumindest die Ausbildung bei der Sparkasse sehr vielseitig. So besucht man unter anderem die Wertpapierabteilung, wo man natürlich mit verschiedenen Produkten der Deka konfrontiert wird. Da haben wir auch bereits Grund 1 für den Verkauf von Dekaprodukten. Ein Bankberater kennt erst mal nur die eigenen Produkte.
Ein Blick ins Wertpapierdepot (Partner: SBroker) findet hier eher selten statt. Heute wahrscheinlich dennoch mehr als früher, da einfach das generelle Interesse an Börse allgemein größer ist. Ein Abstecher zu Deka oder SBroker direkt findet aber so oder so nicht statt. Die Wertpapierabteilung übernimmt mehr den administrativen Teil und leitet Dokumente weiter.
Zurück zum Berater: kommt also ein Kunde und möchte an die Börse, dann gibt es schon von Seiten der Bank erste Beschränkungen. Nicht jeder Berater darf Aktien beraten. Dafür braucht es spezielle Fortbildungen. Ist gerade kein „Aktienberater“ zugegen, dann muss schon wieder auf einen Termin ausgewichen werden. Dann gibt es die nächste Beschränkung von Seiten der Bank. Der Kunde muss aufgeklärt werden. Hat dieser keinerlei Erfahrung an der Börse wird diesem erstmal ein Dekaprodukt empfohlen mit weniger als 100% Aktienanteil. Das dient der Sicherheit der Kunden, denn nur weil ein Kunde behauptet er könne mit vorübergehendem Verlust schlafen, heißt das nicht, dass er das auch kann. Aus Erfahrung kann ich sagen: Selbst bei 50% Aktienanteil kann es passieren, dass der Kunde wutentbrannt in die Filiale stürmt und die hässlichsten Ausdrücke fallen lässt, weil er ja nun nicht damit gerechnet hat, dass sein Produkt mal 5% im Minus sein kann.
Selbstverständlich kann ein Kunde jeder Zeit auf ausdrücklichen Wunsch ein Wertpapierdepot eröffnen und ohne Beratung handeln. Man sieht aber zur Genüge auf Instagram oder auch hier auf Getquin, dass es genügend Menschen gibt, die sagen sie können es und können es doch nicht.
Grund 2 sind also Beschränkungen der Aus-/Weiterbildung. Wir dürfen hier nicht vergessen, dass der Berater den Kunden berät und im Zweifelsfalle für Unsinn Gerade stehen muss. Grund 3 sind Beschränkungen der Bank, die sagt, dass man z.B. nicht will, dass ein Kunde, der keinerlei Erfahrung hat direkt in 100% Aktien investiert (dafür wurde übrigens das Beratungsprotokoll eingeführt).
Warum wird außerdem gerne die Deka empfohlen? Man hat mit der Deka einen Partner, den man bei Fragen erreichen kann, der einem weiterhilft und dieses auch besser tut als ein Support bei TR oder SC. Gleichzeitig gibt es eben bei der Deka genügend Produkte, die einen seichten Eintritt in die Welt der Aktien genehmigt. Eben durch Fonds, die nicht zu 100% aus Aktien bestehen, sondern vielleicht nur zu 30% oder 50% oder was auch immer.
Grund 4 kann also sein, den Kunden erstmal an den Markt heranzuführen. Ihm Möglichkeiten zu geben Erfahrungen zu sammeln und sich vielleicht auch selber besser kennenzulernen wie viel Verlust (oder Gewinn) er aushalten kann oder will.
Grund 5 ist, dass man dem Kunden sagen kann: Pass auf, da sitzen Menschen, das sind Experten, die kennen sich mit Aktien aus und die Sorgen dafür, dass du nach Möglichkeit rechtzeitig die Aktien verkaufst, während du frühzeitig dabei bist um an den steigenden Kursen zu partizipieren. Du selbst musst dich um nix kümmern. Das kostet aber natürlich eine kleine Gebühr.
Das ist wesentlich einfach als z.B. bei einem ETF zu sagen: der läuft voll automatisch und folgt einem Index wo die und die Aktien hinterlegt sind und der wird von der ausgebenden Gesellschaft dann so und so oft angepasst.
Das ist jetzt natürlich stark vereinfacht gesagt. Insgesamt darf man aber nicht vergessen, dass dort Menschen sitzen, die teilweise keinerlei Erfahrung haben und partout unbedingt in Aktien investieren wollen.
Letztlich ist es nämlich so: Wenn der Kunde auf eigene Verantwortung doch in Aktien investiert (eigenständig ohne Beratung) über SBroker, dann wird er, falls es schief geht am Ende immer sagen: „Ja aber die Sparkasse hat mich ja gar nicht gewarnt, die wussten doch, dass ich keine Ahnung habe. Die hätten mich überzeugen müssen das…“
Fassen wir noch mal zusammen:
Grund 1: Berater kennt nur die eigenen Produkte (hier: Deka)
Grund 2: Keine spezielle Aus-/Weiterbildung im Bereich Aktien/Wertpapiere
Grund 3: (Sicherheits-)Vorschriften der Bank (die bei weniger Aktienanteil (=DekaFonds) geringer sind)
Grund 4: Berater ist sich bewusst, dass der Kunde den Aktienmarkt nicht verstehen könnte und möchte ihn zur Sicherheit erst mal langsam heranführen.
Grund 5: Der Kunde soll erst mal lernen mit Schwankungen umzugehen und soll verstehen, was vor sich geht.
Natürlich gibt es auch den Grund der Provision bei manchen Banken oder freien Finanzberatern. Das möchte ich gar nicht abstreiten. Auch gibt es natürlich unter den Beratern selbst diejenigen, die so sehr von Aktien überzeugt sind, dass sie sie dem Kunden empfehlen, obwohl es nicht passt. Man könnte also sagen: Schwarze Schafe gibt es überall.
Ich erhebe auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder unbedingte Richtigkeit der Gründe. Es soll einfach mal aufzeigen, warum eigentlich ein Sparkassenberater so gerne auf Deka kommt.
Außerdem muss ich auch sagen: Mein Fonds, den ich 2009 abgeschlossen hatte war trotz höherer Gebühren nach 13 Jahren in Summe auf dem fast gleichen Stand wie ein MSCI World bei gleicher Einzahlung (jeweils unter Berücksichtigung aller Gebühren). Der Unterschied lag in Summe bei 300€ zugunsten MSCI World, allerdings hat der DekaFonds den MSCI World sogar in manchen Jahren in der Performance geschlagen.
Also im Großen und Ganzen meinen es die Berater (die ich kenne und kennengerlent habe) gut. Und mein Weg so wie der Weg vieler Anderen wäre vielleicht gar nicht zur Böse gegangen, wenn man nicht über die Deka langsam eingestiegen wäre.
7. Gehalt
Nur ein kurzer Abstecher hierzu, weil es vielleicht gar nicht so bekannt ist.
Ein Bankberater verdient mal mehr und mal weniger. Wie überall. Privatbanken wie Commerzbank und Deutsche Bank zahlen gerne mehr. Volksbanken und Sparkassen sind dem öffentlichen Tarif angegliedert und mit dem Gehalt kann man leider keine großen Sprünge machen. Auch nicht als Filialleiter. Natürlich gibt’s auch hier Unterschiede je nach Stadt/Region. Wer hingegen übermäßig gut verdient bei Sparkassen ist der Vorstand.
Naja, aber ich möchte einfach mal ein paar Zahlen bringen. Auch hier wieder: Ich spreche von einem Mitarbeiter in einer Filiale, der typische Beratung macht, ab und zu auch Schalterarbeiten und keine besondere Spezialisierung hat.
Als ich mit der Ausbildung fertig war Anfang 2012 hat ein Mitarbeiter wie oben beschrieben ca. 2400€ Brutto verdient (direkt nach der Ausbildung). Die Gehälter steigen automatisch an (öffentlicher Dienst halt, keine Beamten!).
Ein Filialleiter hat damals ca. 2900 Brutto verdient. Für Mitarbeiterverantworung und „sich auch außerhalb der Dienstzeit auf örtlichen Fest blicken lassen“ nicht gerade viel.
Nach 15 Jahren (!) ohne Gehaltsverhandlung hätte ich als normaler Berater dann knappe 3200€ Brutto verdienen können. Und da ist dann aber auch Schluss. Natürlich sind 3200€ Brutto nicht wenig, aber große Sprünge sind eben auch nicht drin, denn diese 15 Jahre müssen ja erstmal abgearbeitet werden. Der Filialleiter bekommt nach 15 Jahren übrigens ca. 4200€ Brutto.
Insgesamt bekamen wir damals bis zu 14 Gehälter. 12 monatliche fixe Gehälter, einmal fix Weihnachtsgeld (= 1 Gehalt) und das 14. Gehalt setzte sich zusammen aus bis zu 0,5 Gehalt Mitarbeiterleistung (entschieden vom direkten Vorgesetzten) und nochmal 0,5 Gehalt, wenn das Gesamthausziel erreicht wurde (Provisionen).
Die Tabelle zum Gehalt ist übrigens öffentlich einsehbar. Einfach googlen unter TVÖD-S.
8. Fazit
Warum also dieser ganze Text? Mir geht es darum mal aufzuzeigen, wie ein Alltag unter anderem aussehen kann, was hinter der Ausbildung steckt und wie es sich bzgl. Provisionen verhält. Das Thema Provision ist wie gesagt von Haus zu Haus verschieden. Bei meiner und vielen weiteren Sparkassen und Volksbanken lief und läuft es aber wie von mir beschrieben. Privatbanken könnten davon abweichen, das weiß ich nicht.
Gerade der Punkt bzgl. DekaFonds erschien mir wichtig. Ja, sie sind teurer aber je nach Laufzeit und Verkaufszeitpunkt trotz höherer Gebühren nicht unbedingt schlechter als ein ETF. Auch die Deka bietet mittlerweile ETFs an. Das gab es damals eben so noch nicht.
Abschließend möchte ich nochmal betonen, dass es mir nicht darum geht hier ein Loblied auf die Deka zu singen. Auch nicht auf irgendwelche Bankberater. Ich kann aber eben aus eigener Erfahrung sagen, dass viele Bankberater es nicht besser wissen (wegen fehlender Fortbildung) oder es für den Kunden einfach der bessere Einstieg ist, wenn sie Dekaprodukte kaufen.
Abschluss
Wie bereits weiter oben beschrieben könnte ich wahrscheinlich über jeden Punkt einen ganzen Aufsatz schreiben. Geschichten, Begründungen, Hintergründe. Das sprengt aber hier natürlich den Rahmen. Der Text ist eh viel länger geworden als geplant.
Falls jemand was genaueres wissen möchte, dann gerne in den Kommentaren fragen.
Danke für's lesen.
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