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🦷 Warum man für einen monatlichen Cashflow keine Dividenden braucht -

Dividenden auf den Zahn gefühlt 🦷


Hi Leute, dieser Beitrag soll erläutern, warum eine reine, auf Dividenden ausgerichtete Investmentstrategie kein Allheilmittel ist und du dir als junger Hüpfer/junge Hüpferin der/die du bist, durchaus nochmal Gedanken machen solltest, ob du bei einem Anlagehorizont von mehr als 15 Jahren wirklich den Fokus voll und ganz auf Dividenden und Ausschütter legen solltest. 


Halt! Was?
Dividenden machen doch immer Sinn! Immerhin kriege ich regelmäßig Geld aufs Konto gespült, ohne etwas dafür zu tun. Sowieso habe ich das Geld lieber direkt in der Hand, sodass es mir keiner mehr nehmen kann. Und überhaupt, Dividenden sind ein Qualitätsmerkmal, hat das Unternehmen die letzten 20 Jahre ausgeschüttet, wird es das auch die nächsten 20 Jahre tun. 

Ach, und ich will doch im Alter von meinem monatlichen Cashflow leben, dann kann das Depot in Ruhe weiterwachsen und ich lebe von den Dividenden! Ist doch viel besser, als ständig etwas aus dem Depot zu entnehmen, irgendwann hab ich dann nämlich nichts mehr. Das kann mir mit Dividenden nicht passieren! 


Na? Wer würde den ein oder anderen oben genannten Satz genauso unterschreiben? 

Was, wenn ich euch sage, dass alles oben genannte ein Irrglaube ist, auf hineininterpretierten Annahmen beruht und eine Dividendenstrategie durchaus ihre Tücken haben kann. Was du beim Umsetzen deiner Dividendenstrategie im Hinterkopf behalten solltest klären wir in diesem Beitrag.


Wer nach diesem Artikel selbst weiter recherchieren möchte, der kann einfach die Begriffe "Dividend Fallacy" oder "Homemade Dividend Policy" googeln und/oder den in Quelle [3] angeführten Artikel von Gerd Kommer lesen. 



Einleitung - Warum sind Dividenden eigentlich so beliebt?

In Zeiten der Nullzinsphase, in der wir auf unser Erspartes kaum noch Zinsen bekommen haben, wurden Dividenden zum Ersatz der Zinsen ausgerufen. 2008 gab es das letzte Mal annähernd durchschnittlich knapp 2% aufs Tagesgeld [1]. Von einer Verwöhnung der Sparer im letzten Jahrzehnt kann hier gewiss nicht die Rede sein. Es mussten also Alternativen her. 

Wenn das Sparen nichts mehr abwirft, muss eben investiert werden. Auf dem Kapitalmarkt konnten in den vergangenen Jahrzehnten regelmäßig höhere Renditen erwirtschaftet werden, als das Zinsen gezahlt wurden. Was liegt da also näher, als die Dividende zum neuen Zins auszurufen?

Es klingt ja auch total simpel. Ich kaufe eine Aktie, die Dividende zahlt oder einen ETF, der ausschüttet, und bekomme regelmäßig Geldeingänge auf mein Konto. Das ist greifbar, das ist schnell erklärt, einfach verständlich und überhaupt eine Story, die sich erzählen lässt. Mit steigender Investitionssumme steigen die Dividenden. Mehr Geld rein, mehr Geld raus. Zack, wieder eine Story, die sich erzählen und auf getquin zu Hauf teilen lässt. 


getquin bietet uns die allen bekannte Möglichkeit, unsere Portfolios mit anderen Investoren zu teilen. Eine Wortkombination liest sich mitunter sehr häufig in den eingeforderten Feedbacks. Die Rede ist vom Wunsch nach “monatlichem Cashflow”. Ausnahmslos wird versucht, diesen monatlichen Cashflow mittels Dividenden zu erreichen. Warum das eine mit dem anderen aber nichts zu tun haben muss, und welche Fallstricke beim Investieren in dividendenstarke Titel noch auf dich warten, möchte ich nun Schritt für Schritt angehen. 

Fangen wir also an ein paar Zähne zu ziehen. 



🦷#1 - Dividenden sind free money

Der Traum vom passiven Einkommen, Geld fürs Nichts-Tun bekommen. Oder zumindest sich einmal hinsetzen, die Mühe machen und danach ruhigen Gewissens Geld kassieren. Das ist das Ziel vieler Investoren. Wie gelegen kommen uns da die dividendenzahlenden Unternehmen, denn wenn ich doch ohnehin in das Unternehmen investiert bin und die Kursgewinne mitnehme, dann greife ich die zusätzlich gezahlte Dividende doch gleich mit ab. Dass es sich bei der Dividende aber keinesfalls um kostenloses Geld handelt, zeigt uns die Vergegenwärtigung, dass die Gesamtrendite eines Aktienkurses aus zwei Komponenten besteht: 

Kursrendite + Dividendenrendite = Gesamtrendite.


Beispiel

Ist eine Aktie einen Kurs von 100€ wert und hat in einem Jahr sowohl 5€ ausgeschüttet, also eine Dividendenrendite von 5%, als auch eine Kurssteigerung von 10% erfahren, so beträgt die Gesamtrendite 15%.

Die selbe Aktie würde ohne Dividenden auszuschütten ebenfalls 15% Gesamtrendite machen, nur dass dann die Dividendenrendite 0% und die Kursrendite 15% betragen würden. 

In beiden Fällen wurden aus 100€ im späteren Verlauf 115€, nur, dass im einen Fall ein Teil ausbezahlt wird, im anderen Fall das Geld im Unternehmen bleibt. 

Psychologisch gesehen gefällt uns die erste Variante besser. Technisch gesehen, macht es keinen Unterschied. 

Denn sowohl die Kursrendite als auch die Dividendenrendite haben ihren Ursprung aus demselben Topf des Unternehmens: dem Gewinn. Auch wenn das Unternehmen die Dividende nicht ausschüttet, bleibt sie dennoch Teil des Gewinns und wird sich in der Kursrendite widerspiegeln. 


Zu behaupten, dass Dividenden also free money sind, stimmt nicht, denn dreht man die obige Logik um und behält die Ausschüttung für sich, ohne sie zu reinvestieren, geht das deutlich auf Kosten der Gesamtrendite, was unterm Strich dazu führt, dass das Vermögen langsamer wächst. Wir bezahlen die Dividende also mit dem Preis der fehlenden Rendite.

Reinvestition der Dividenden. Das führt uns direkt zum nächsten Zahn. 



🦷 #2 Einmal erhaltene Dividenden kann mir keiner mehr nehmen

Diese Aussage stimmt schon. Das Geld geht auf deinem Verrechnungskonto ein, also gehört es jetzt dir. Nun ist aber absolut entscheidend was du damit machst. Lässt du es auf deinem Konto oder nutzt es sogar, um deinen Fitnessstudiobeitrag zu bezahlen, schmälerst du deine Rendite. Warum? Weil wir unter 🦷#1 schon gelernt haben, dass ohne Dividendenrendite nur noch die reine Kursrendite übrig bleibt. Ist die nicht hoch genug oder der Abschlag der Dividendenrendite ohnehin sehr groß, hat das deutliche Auswirkungen auf unseren Vermögensaufbau.


Beispiel: Allianz 

Schauen wir uns das abgelaufene Jahr 2022 der Allianzaktie an. Ohne reinvestierte Dividende betrug die Kursentwicklung -3,3%. Mit der Reinvestition der Dividende sind es dagegen +2,0% [2]. Ob wir die Dividende also fürs Fitnessstudio verwenden oder doch wieder ins Depot stecken, entscheidet selbst auf 1-Jahressicht zwischen Sieg und Niederlage. Bei einem langen Anlagehorizont fällt der niedrigere Zinseszins-Effekt noch gravierender auf. 

Solange du dein finanzielles Ziel noch nicht erreicht hast, solltest du also nicht mit dem Gedanken spielen, die Dividenden für etwas anderes zu verwenden, als sie wieder ins Depot zurückzuführen. Investierst du die Dividende wieder in dieselbe Aktie, gibst du sie wieder aus der Hand und überträgst sie zurück ins Unternehmen. Also ja, eine ausgezahlte Dividende gehört dir, nur solltest du sie für den Vermögensaufbau trotzdem nicht behalten. 



🦷#3 Je höher die Dividendenrendite, umso besser

Jeder seriöse Dividendeninvestor weiß, dass es nicht allein auf die Dividendenrendite ankommt, wenn es darum geht, Dividendentitel fürs Depot auszusuchen. Aber warum eigentlich? Eine gesicherte Rendite von mehr als 10% klingt doch verlockend. 


Die Dividendenrendite setzt sich aus der auf der letzten Hauptversammlung vereinbarten Dividende und dem aktuellen Kurs zusammen. 

Bei einer ausgeschütteten Dividende von 5€ und einem Kurs von 100€ haben wir eine 5%ige Dividendenrendite. Gerät unsere Aktie in Schieflage und verliert 50% an Kurswert, so beträgt die Dividendenrendite plötzlich 10% bei einem Kurs von 50€. Nun muss sorgsam analysiert werden, warum die Aktie eine so hohe Dividendenrendite besitzt und ob der dahinterstehende Kursverlust ernster zu nehmen ist. Niemand will sein Geld in Unternehmen stecken, die dem Untergang geweiht sind, auch nicht wenn man dafür vielversprechende Auszahlungen erhält. Bei einem nachhaltigen Kursverlust ist eine zeitnahe Kürzung oder Streichung der Dividende nicht ausgeschlossen, sondern sehr wahrscheinlich.



🦷#4 Dividenden sind ein sicheres passives Einkommen

Kommen wir zu dem Punkt, an dem wir den in der Einleitung genannten Satz "Dividenden sind die neuen Zinsen" auseinander nehmen. Während zumindest bei Festverzinsungen die Zinsen über den vereinbarten Zeitraum sicher sind, sind es Dividenden keineswegs. Zwar kann man aus der Vergangenheit Ableitungen für die Zukunft treffen, aber als gesetzt kann man keine davon betrachten. Dividenden werden freiwillig von den Unternehmen gezahlt, der Anteilseigner hat weder einen Anspruch auf Fortzahlung, noch kann er eine Kürzung oder gar Streichung verhindern, wenn vom Unternehmen beschlossen. 

Somit existiert ein deutlicher Unterschied im Anspruch des Empfängers zwischen Zinsen und Dividenden, aber auch der Risikograd der eigenen Assetallokation erhält ein ganz neues Level, wird versucht, Dividenden mit Zinsen gleichzusetzen. 


Dieser Umstand kann, muss aber nicht, dazu führen, dass eine sicher erwartete Auszahlung gekürzt oder gar nicht stattfindet, was natürlich Auswirkungen auf den bereits gewohnten monatlichen Cashflow hat. 



🦷#5 Es ist dasselbe, ob ich Thesaurieren lasse oder die Dividende selbst wieder reinvestiere

Das stimmt nicht ganz. Thesaurierung und die Reinvestition von Dividenden ist nicht dasselbe. Da die Besteuerung bei Thesaurierung anders gehandhabt wird, als bei Ausschüttern ergeben sich auch hier Vor- und Nachteile. 

Ein thesaurierender ETF konnte bis 2018 enorm von der sogenannten Steuerstundung profitieren. Dadurch, dass bis 2018 bei einem wiederanlegenden ETF während der Laufzeit keine Kapitalerträge angefallen sind, wurde die komplette Bruttodividende reinvestiert und es konnte maximal vom Zinseszins profitiert werden. Die Versteuerung wurde erst bei Verkauf fällig und wurde somit aufgeschoben, also gestundet. 

Durch die Einführung der Vorabpauschale hat sich das ein Stück weit relativiert. Trotzdem ist die Steuerlast des Thesaurierers geringer. 


Unterhalb des Freibetrags macht es tatsächlich keinen Unterschied, ob Ausschütter oder Thesaurierer. Alles was an Dividende anfällt landet 1:1 wieder im ETF, in beiden Fällen. 

Anders sieht es oberhalb des Freibetrags aus. 


Ausschütter-ETF:

Depotwert 01.01.: 100.000€

Depotwert 31.12.: 110.000€

Kursgewinn: 10.000€

Dividendenrendite: 2,01%

Gezahlte Dividende: 2.010€

Gesamtrendite: 12,01%

Gesamtgewinn: 12.010€

Zu Versteuern (70% der gezahlten Dividende): 1.407€

Zu zahlende Steuern (26,37%): 371,03€

Zur Reinvestition verfügbare Nettodividende: 1.638,97€

Neuer Depotwert: 111.638,97€

Wertsteigerung: 11.638,97€


Thesaurierer-ETF:

Depotwert 01.01.: 100.000€

Depotwert 31.12.: 112.010€

Gesamtrendite: 12,01%

Gesamtgewinn: 12.010€

Vorabpauschale 2023: 1,785%

Basisertrag: 1.785€

Zu Versteuern (70% des Basisertrages): 1.249,50€

Zu zahlende Steuern (26,37%): 329,49€

Neuer Depotwert: 111.680,51€

Wertsteigerung: 11.680,51€


Der Thesaurierer bleibt also leicht im Vorteil, wenn es um den langfristigen Vermögensaufbau geht. Der Unterschied bei dem, was nach der Besteuerung übrig bleibt, bei gleichen Kursgewinnen und Renditen, beträgt bei einem Depotwert von 100.000€ ca. 42€ für den Thesaurierer. Die gewählte Dividendenrendite entspricht der des FTSE All World Dist. 


Bei der ganzen Rechnung spielt die Höhe der Vorabpauschale bzw. des zugrundeliegenden Basiszinses eine entscheidende Rolle. In den vergangenen Jahren war dieser sogar negativ, sodass die Vorabpauschale entfiel. Laut Finanztip ist eine durchschnittliche Vorabpauschale von 1,5% realistisch, also leicht unter dem in der Rechnung verwendeten Wert für 2023. 

Wir können auch andere Variablen der Gleichung austauschen und einen High-Dividend-ETF betrachten. Der zu versteuernde Anteil wächst, die Kursrendite leidet, wie der Vergleich des FTSE High-Dividend-Yield mit dem FTSE All World zeigt. 

Das ist der Grund, warum ich jedem, der einen Hoch-Dividenden-ETF in seinem Depot hat, heute nicht auf den monatlichen Cashflow angewiesen ist und einen Anlagehorizont von mehr als 15 Jahren mitbringt, raten würde, dieses Investment nochmal zu überdenken.



🦷#6 Dividendenzahlungen zehren nicht an der Substanz des Depots

Kommen wir zu dem wichtigsten Punkt der Liste und dem Aufhänger dieses Beitrags. 

"Für einen monatlichen Cashflow sind keine Dividenden notwendig". Warum? Weil sowohl Dividendenzahlungen als auch der Verkauf von Anteilen an der Substanz des Depots zehren. Wieso ist das so? 

Wir spulen ein paar Jahre in die Zukunft und stehen nun vor der Rente. Ab sofort wollen wir die Früchte ernten, die wir die Jahrzehnte vorher gesät haben. Unser Depot hat einen Wert von 1.000.000€ erreicht und wir schauen uns zwei Entnahmestrategien an. Einerseits bessern wir in Rechnung A unsere Rente mit 2% Dividendenausschüttungen auf und andererseits verkaufen wir in Rechnung B einfach 2% Anteile regelmäßig selbst. In einer ersten Betrachtung lassen wir Steuern und Transaktionskosten außen vor. Später gehe ich nochmal darauf ein. 


Rechnung A

Depotwert Anfang: 1.000.000€

Anzahl Anteile im Depot: 10.000 Stück

Anteilswert: 100€

Ausschüttung (2%): 20.000€

Ausschüttung pro Anteil: 2€

Anteilswert nach Ausschüttung (Dividendenabschlag): 98€

Anzahl Anteile nach Ausschüttung: 10.000 Stück 

-> Depotwert Ende: 980.000€


Rechnung B

Depotwert Anfang: 1.000.000€

Anzahl Anteile im Depot: 10.000 Stück

Anteilswert: 100€

Entnahme via Anteilsverkauf: 20.000€

Anzahl verkaufte Anteile: 200 Stück

Anzahl Anteile nach Entnahme: 9.800 Stück 

Anteilswert nach Entnahme: 100€

-> Depotwert Ende: 980.000€


In beiden Fällen, also sowohl bei der Dividendenausschüttung, als auch der Entnahme durch Anteilsverkauf, verringert sich unser Depotwert. In diese Erkenntnisse fließen auch die vorher genannten gezogenen Zähne ein. Dividenden sind kein free money, sondern Teil des Unternehmensgewinns, der lediglich nicht ins Unternehmen zurückfließt, sondern ausgezahlt wird. Der Dividendenabschlag sorgt dafür, dass unsere Anteile weniger Wert werden und gleichen wir das nicht durch eine Reinvestition der Dividende aus, verliert unser Depot an Substanz. 

Rein aus den eben betrachteten Blickwinkeln spielt es also keine Rolle, ob ich meinen monatlichen Cashflow durch Dividenden realisiere, oder ihn durch manuelle Entnahmen aus dem Depot ersetze. Diese Betrachtung wurde von den Herren Franco Modigliani und Merton Miller bereits 1961 aufgeführt, und als Erklärung geliefert, warum die Dividendenpolitik irrelevant für den Unternehmenswert ist. Eine Dividendenausschüttung könnte jederzeit vom Anleger nachgebaut und somit eine sogenannte Homemade Dividend Policy durchgeführt werden [5]. Die Herren erhielten unter anderem für diese Arbeit den Wirtschaftsnobelpreis.  


Aber wie sieht es aus, wenn wir Steuern und Transaktionskosten berücksichtigen?


Eins vorweg: Ich bin der festen Überzeugung, dass sich in den nächsten 30 Jahren noch einiges ändern wird, was die Besteuerung, Transaktionskosten und den Verkauf von Aktien angeht. Mit an ziemlicher Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, werden wir in Zukunft die Möglichkeit haben Entnahmepläne bei unserem Broker anzulegen. So wie wir momentan monatlich besparen können, werden wir auch entsparen können. Das bedeutet, man muss schon einmal nicht jeden Monat oder jedes Quartal selbst aktiv werden. 


Wie siehts nun bei den Steuern aus? 

Die Besteuerung wird Änderungen erfahren, aber schauen wir auf die heutige Situation: 26,37% Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge und Teilfreistellung auf Aktien-ETFs. Dazu ein Freibetrag von 1000€. 

Macht es da einen Unterschied, ob ich Dividenden erhalte oder Anteile verkaufe? Nein. 

Steuern zahlen wir auf Kapitalerträge. Unter Kapitalerträge fallen sowohl die Dividenden als auch der Verkauf von Anteilen. Wir können natürlich nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und gehen von der Ausschüttung/Entnahme aus einem ETF aus. Einzelne Aktien daher außen vor. Die Teilfreistellung gilt auch hier wieder für beide Varianten. Genau wie der Freibetrag. 

Steuerliche Vor- oder Nachteile hat aus heutiger Sicht keine Variante. 


Was ist mit Transaktionskosten?

Dividendenausschüttungen verursachen keine Transaktionskosten, Verkäufe dagegen schon. Ein Vorteil für die Dividenden. Sind die Transaktionskosten aber so hoch, dass sie das Aus für unseren monatlichen Cashflow durch Verkäufe sind? Das wird zum Einen vom Broker abhängig sein und zum anderen, von dem, was sich in den kommenden Jahren auf diesem Gebiet noch ändert. Heute sind Verkäufe schon bereits kostenlos oder kosten nur 1€. Bei Direktbanken ist man da schnell mit 1%-1,5% der Auszahlungssumme dabei. Klingt nicht so schön. Mit den bereits vorgestellten Entnahmeplänen könnte (Konjunktiv!) sich das allerdings auf die ein oder andere Art anpassen. Sparpläne zum Depotaufbau folgen ebenfalls einer anderen Kostenstruktur als Einmalkäufe. Natürlich muss für 1€ Transaktionskosten auch die Inflation berücksichtigt werden, aber ich für meinen Teil halte heute schon, und erst Recht in 30 Jahren, Transaktionskosten ebenfalls für vernachlässigbar. 

Um Transaktionskosten zu senken, könnte man auch auf einen quartalsweisen Verkauf umschwenken. 


Fazit

Ganz uneigennützig war dieser Beitrag ja nicht. Ich wollte mir die Frage beantworten, ob ich meine Anfangs ausgewählten Thesaurierer in naher Zukunft ersetzen muss. Der Sinn der Dividende leuchtete auch mir ein, auch wenn mich monatlicher Cashflow bisher nie in irgendeiner Form gereizt hat. Aber lieber heute schon ans Alter denken. Zudem kommt mit der Vorabpauschale eine bisher neue Komponente ins Spiel, die den Steuervorteil thesaurierender ETFs gegenüber Ausschüttern streitig macht. 

Mit einer voraussichtlichen durchschnittlichen Vorabpauschale von ca. 1,5% (Aussage von Finanztip) haben Thesaurierer aber auch weiterhin den Zinseszins-Vorteil gegenüber Ausschüttern. Optimal also und weiterhin für mich die erste Wahl, wenn es um langfristigen Vermögensaufbau geht. 

Und durch die gewonnenen Erkenntnisse kann ich nun auch Entnahmen aus dem Depot tätigen, wissentlich, dass Dividenden technisch gesehen nichts anderes sind. Psychologisch mögen Dividenden motivierend wirken. Allerdings ist es für mich schon Motivation genug, den Depotwert und das Vermögen wachsen zu sehen. 

Bei Steuern und Transaktionskosten mögen noch Änderungen auf uns zukommen, doch selbst mit der heutigen Variante würden keine deutlichen Nachteile entstehen. 

Ich habe damit ein Fazit für mich ziehen können.


Was könnt ihr aber daraus noch mitnehmen?

Den etwas anderen Blickwinkel auf Dividenden! 


Sollt ihr jetzt was an eurer Strategie ändern?

Nein. Ihr sollt euch hinsetzen und eure eigenen Berechnungen und Recherchen machen. Zur eigenen Strategie gehören neben nackten Zahlen auch die eigene Psychologie, Risikobereitschaft und der Anlagehorizont. 


Warum hab ich anfangs von einem Anlagehorizont von 15 Jahren gesprochen?

Innerhalb der nächsten 15 Jahren würde ich mit den heute geltenden Steuern und Kosten rechnen. Auf Änderungen zu spekulieren wäre fahrlässig. Da Dividenden keine Transaktionskosten verursachen und auch ich persönlich ein Millionendepot nicht beim Neobroker halten wollen würde, halte ich für diese Situation Ausschütter für die bessere Wahl. 

Bei einem, und vor allem meinem, Anlagehorizont von 30+ Jahren sieht das wiederum anders aus. Da gehe ich mit dem Thesaurierer und der manuellen Entnahme. Dies ist meine persönliche Einschätzung. 


Danke fürs Lesen! 

Liked, kommentiert oder lasst nen Follow da. 


Quellen

[1] Tagesgeld - Entwicklung des Zinssatzes bis 2022 | Statista


[2] https://www.allianz.com/de/investor_relations/aktie/kurs.html


[3] https://gerd-kommer.de/dividendenstrategien-fakten-und-fantasien/


[4] https://www.justetf.com/de/news/etf/etf-und-steuern-das-neue-investmentsteuergesetz-ab-2018.html#thesaurierend


[5] https://m.diplom.de/document/227062


[6] https://finanzbiber.com/dividend-fallacy/


#dividenden
#dividendenstrategie
#cashflow

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122 Kommentare

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Hammer! 🚀🚀🚀

...ich kann hier gar nicht genügend Raketen starten. Echt großartigst geschrieben. 👏

Für mich bleiben eigentlich nur zwei Fragen offen:
Wie alt bist du, @Fabzy , und was machst du beruflich?...sofern dir die Fragen hier nicht zu persönlich sind...
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@Stullen-Portfolio 😍 danke 👉👈
Ich bin 33, Informatiker. Geld hab ich immer gern erhalten, aber Finanzen und Investieren haben mich bis Ende 2021 nicht interessiert. Seit dem und vor allem seit getquin mach ich in der Freizeit aber kaum anderes
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Toller Beitrag. Mir sind die Argumente die du aufgeführt hast bekannt. Trotzdem werde ich weiter auf Ausschütter setzen: ich plane in den 2 Jahren meine Arbeitszeit um 10% zu reduzieren. Dafür soll schon jetzt das Depot mit cashflow gegenfinanzieren. Nur Thesaurier und buckeln bis zur Rente um dann ne Krebdiagnose zu bekommen passt für mich nicht. Jeder muss seine Strategie selbst festlegen. Ich lasse ein @ccf da. @Simpson was sagst du als Dividendengrossmeister?
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@TopperHarley ja wenn man bald von seinen Dividenden was haben will und das zur finalen durchgerechneten Strategie gehört, würde ich es heute nicht anders machen.
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@TopperHarley nun ich sage immer mehrere Wege führen nach Rom und jeder muss seinen Weg wählen 😁 ich fühle mich mit meiner Strategie sehr wohl und werde auch nichts ändern, auch wenn ich 18 wäre würde ich trotzdem mit Cashflow Aktien anfangen, vielleicht bin ich auch bisschen oldschool aber für mich muss ein Investment Kohle abwerfen 😁 ich habe meine Strategie und gehe meinen Weg und will wie du nicht bis zur Rente warten und die Arbeitszeit reduzieren, zwar arbeiten ich noch Voll Zeit aber die Möglichkeit das man die Arbeit etwas reduzieren könnte ist einfach befreiend 😁
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Da ich so grottig schlecht darin bin Gewinne zu realisieren sind Dividenden für mich der beste Weg meinen Makel zu umgehen. Man realisiert in planbaren Abständen, ob man will oder nicht. Das kann vorteilhaft sein oder nicht. Jedenfalls entlastet mich diese Ansicht.
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@NiMe 1zu1 meine Meinung
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Wow, da hat sich aber jemand Mühe gegeben 👍 Sehr ausführlich und verständlich geschrieben. Ich stimme Dir auch zu. Nur kurz noch meine Anmerkungen dazu. Natürlich ist es so, dass 1) Dividende zahlen oder thesaurierend erstmal linke Tasche, rechte Tasche ist, 2) die Ausschüttung erstmal eine Steuerzahlung mit sich bringt, und 3) unter sonst gleichen Bedingungen der Kurs des thesaurierenden Unternehmens natürlich stärker wachsen sollte. Anmerken würde ich trotzdem, dass man natürlich einen gewissen Branchen Bias hat, wenn man nur in Growth oder nur in Dividendenaktien investiert. Denn schnell wachsende Unternehmen, gerade im Tech Bereich werden natürlich Gewinne reinvestieren, um noch schneller zu wachsen, während stabile Branchen (gerade wenn "winner takes all" keine Bedeutung hat anders als im Tech & Internet Bereich) wie z.B. Nahrungsmittel, Energie, Tabak, nicht auf Teufel-komm-raus wachsen müssen oder können. Daher bleibt dann meist als Alternative Buy-back oder Dividende, was natürlich am Ende einen ähnlichen Effekt hat. Investoren, die also nur in growth oder auch nur in Dividendenaktien investieren werden immer nur in einer Teil des Marktes investieren. Daher denke ich, sollte man eher nach dem Unternehmen und der Branche an sich schauen als nur ob sie was ausschütten oder nicht. Zuletzt kommt es sicherlich auch darauf an, wie Du auch angemerkt hast, ob man sich noch in der Ansparphase befindet oder noch 15+ Jahre vor sich hat. Für Leute, die ein regelmäßiges, "passives" Einkommen (wir wissen alle, dass nichts in der Welt ganz passiv ist, aber lassen wir es mal so stehen) bleiben hauptsächlich Mieteinnahmen, Dividenden und inzwischen wieder Zinsen. Bei letzterem hat man natürlich keine Upside, so dass die ersten beiden spannender sind. Klar könnte man das laufende Einkommen durch Verkaufe erzielen. Wenn ich aber monatlich immer einen gleichen Betrag durch Verkäufe generieren will, habe ich das Problem des nennen wir es mal inversen-cost-average Effekts. In Krisen, zu niedrigen Kursen, muss ich mehr Anteile verkaufen als in gutem Zeiten. Ein Punkt fällt mir gerade noch ein... eine starke Dividendenpolicy verlangt natürlich ein gewisses Maß an finanzieller Disziplin. Wobei man sagen muss, dass capital allocation immer eine wichtige Fähigkeit für Management sein sollte, unabhängig ob Dividende oder nicht, aber wenn man weiß, dass eben 30% des Gewinns schon verplant ist, kann man damit keinen Blödsinn mehr machen. Das meine Anmerkungen zu dem Thema... aber danke für Deinen interessanten Beitrag!
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@Investorentagebuch super danke für den sehr ausführlichen Kommentar 👌
Am Ende liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte und jede Menge hängt von den persönlichen Umständen und Präferenzen ab. Aber es könnten auch genau die Krisen sein, in denen es dann zu Dividendenkürzungen kommt. Nur als wiederum weiteren Kommentar in die andere Richtung 😅
Wenn es nur Schwarz oder Weiß gäbe würden wir ja alle das selbe Portfolio haben
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Sehr guter Beitrag und sicher viel Richtiges und wichtiges enthalten. Trotzdem möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass es leider nicht ein und dasselbe Unternehmen mit und ohne Dividendenausschüttung gibt. Man muss sich also bei deiner Sicht immer auch fragen, ob ich ein Unternehmen wegen der Dividende nicht kaufe. Und das wäre eben in vielen Fällen kein guter Rat. Eine gewisse Dividendenkontinuität gepaart mit einigen anderen Merkmalen sind nämlich mitunter Indikatoren für die hohe Qualität eines Unternehmens. Man kann sich nämlich auch fragen, ob ich nicht lieber eine Microsoft trotz Dividende laufen möchte, statt einem vergleichbaren Peer ohne Dividende, der sich dann als Rohrkrepierer herausstellt. Die Frage gilt natürlich nur für Einzelwerte und nicht für ETFs.
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@erT ich hatte mal einen Absatz drinnen, der die Frage nach "25 Jahren Dividende erhöht" in die Frage "25 Jahre Gewinn gesteigert" umformuliert hat. In den allermeisten Fällen schließt das zweite das erste mit ein. Aber es erweitert auch den Kreis. Hinzukämen zB Berkshire und Amazon.
Das Qualitätsmerkmal ist nicht die Dividende, sie ist nur eine Folge und zwar des stetig steigenden Gewinns.

Hab die Passage aber letztlich nicht mit aufgenommen, da zur Stützung der These noch einiges an Mehrarbeit und Recherche betrieben werden müsste. Die Aussage wollt ich nicht mitreinnehmen ohne auf bezugnehmende Kritik eingehen zu können 😉
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@Fabzy das ehrt dich sehr, dass du nur mit ausreichend research postet.
Letztlich ist es doch so, dass nahezu alle Unternehmen, die stetig steigende Gewinne ausweisen, irgendwann auch Dividende zahlen. Ausnahmen sind dann z.B. Berkshire, die dafür Aktien zurückkaufen, was zugegebenermaßen steuerlich auch sicher sinniger ist. Als Merkmal ist die Dividende alleine nicht zureichend, da gebe ich dir recht. Aber es wird sich ja immer wieder gestritten, welche Strategie und welcher Aktientyp welche ausperformt. Ich finde die Dividende ist ein gutes Hilfsmittel zur Motivation. Das führt am Ende wiederum dazu, dass eventuell mehr investiert wird. Nicht ganz rational, aber IdR glaube ich zutreffend.
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@erT wenn Investieren so einfach wäre, würden wir alle dasselbe Depot haben. Es gibt auch Gründe warum so ein Thema ganze Doktorarbeiten und Nobelpreisartikel füllt.
Jeder so wie er sich wohl fühlt 🚀
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@Fabzy so ist es. Zumal ein Wertpapierdepot wiederum auch oft nur einen Teil der Finanzen widerspiegelt. Und sich der restliche Background auch unterscheidet. Ich für meinen Teil habe in meinen Depots eine Mischung aus unterschiedlichen Typen und auch unterschiedlichen Strategien. Die wiederum müssen zu meiner familiären und restlichen Situation passen. Mein 15 Jahre jüngeres Ich hat anders investiert als das jetzige.
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@ccf Endlich wieder High Quality Content
Danke dafür 😍
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Sehr schöner Beitrag, danke!
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Vorab: grundsätzlich sehr gut erarbeiteter und mMn korrekt beschrieben.

Punkt ist aber eben, wie groß der Anlagehorizont wirklich ist aus meiner Sicht. Ich beabsichtige zwar, bis zum Lebensende voll investiert zu bleiben, möchte aber schon deutlich eher vom Depot profitieren. Wann genau - kann ich nicht sagen. Vielleicht in 5 Jahren, vielleicht in 10. Mir ist Flexibilität deutlich wichtiger, als der Depotwert in 30 Jahren.

Ich erhalte aktuell ~500€ Dividende pro Monat netto, meine Partnerin hat weitere Dividendeneinnahmen. Sollte ich und meine Partnerin ein Kind bekommen, könnten wir schon jetzt relativ entspannt Stunden reduzieren. Ans Depot ran müssten wir nicht. In Zeiten eines Bärenmarktes würde ich aus psychologischer Sicht niemals Anteile verkaufen und mich eher einschränken (d.h. weiter voll arbeiten).

Wir sind beide 32. Ob wir die Rente jemals erreichen werden, ist nicht gesagt. Ich rechne daher nicht mit einem theoretischen Depotwert im Jahr 2057, meinem Renteneintrittsdatum, sondern schaue, dass mir mein Depot schnellstmöglich eine größere Unabhängigkeit beschert. Daher auch eine hohe Sparquote.

Wenn man sich einmal die weltweit ausgeschütteten Dividenden ansieht kann man erkennen, dass diese deutlich weniger volatil sind. Die kennen - bis auf kleinere Rücksetzer in Jahren wie 2020 - nur eine Richtung.

Mir ist bewusst, dass ich durch die Dividendenstrategie teilweise Performance liegen lasse. Günstige Einstiegskurse haben bei mir auf jeden Fall geholfen.

Meine Allianzaktien halte ich seit 2001. damals gab es 1,20€ Dividende je Anteil (wurde noch in DM und Euro aufgeführt); heute ist es „geringfügig“ mehr. Fühlt sich für mich so besser an. Ohne Dividende hätte ich wahrscheinlich öfter mal umgeschichtet.

Wenn ich mit 70 Jahren ein 8-stelliges Depot haben wollte, würde ich die thesaurierende Variante evtl. auch bevorzugen. Allerdings zahle ich mit meinem Broker (den ich nicht wechseln werde aufgr. der vor 2008 gekauften Anteile = steuerfreier Verkauf) 10€ Transaktionsgebühr.
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@KevinC danke für dein Kommentar, ich genieße es echt das Thema von verschiedenen Seiten aus verschiedenen Blickwinkeln zu diskutieren! Du sagst du erhältst 500€ Nettodividende und später, dass du nicht ans Depot ranmüsstest. Aber genau das soll der Beitrag klar machen, dass eine einbehaltene Dividende von 500€ gleichzusetzen ist mit einer Entnahme. Beides Mal kann das Geld nicht für dich weiterarbeiten. Steuern fallen in beiden Fällen an. Bleiben nur noch Transaktionskosten und persönliche Gründe.
Wenn die baldige Verwendung von Dividenden zur vorher definierten und durchgerechneten Strategie gehört, dann würde ich es nicht anders machen und in Ausschütter investieren, gerade nämlich aufgrund der heutigen Kosten.
Alles auch Teil der persönlichen Umstände
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@KevinC ich kann ja nochmal meine Situation einfach beschreiben.
Momentan kommen wir als dreiköpfige Familie mit meinem alleinigen Gehalt sehr gut über die Runden. Zum Einen weil ich gut verdiene, zum anderen weil wir günstig wohnen und Konsum mehr als bedacht betreiben. Bald arbeitet meine Frau wieder und es wird die größere Wohnung geben. Das lässt aber immer noch für die nächsten 15 Jahre nur mit unseren Gehältern planen. Darüber hinaus werden wir gut erben. Auch das gehört leider zur Finanzplanung und heißt für mich, ich werde bis zur Rente vermutlich nie ans Depot müssen. So doof es klingt, aber mehr Geld pro Monat brauche ich nicht xD
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@KevinC womit ich nicht sage, dass ich ausschließlich die Dividendenstrategie fahre. Ich kaufe Unternehmen, die ich für attraktiv bewertet halte, freue mich aber grundsätzlich über Dividenden, da ich zwar grundsätzlich einen langen Anlagehorizont habe (meine Kinder dürfen das Depot gern weiterführen), aber eben auch in schwachen Börsenphasen einen Cashflow haben möchte. Außerdem kann ich durch höhere Liquidität auch in andere Unternehmen einsteigen, die mir attraktiv bepreist scheinen, ohne dass ich Anteile eines anderen Unternehmens (bin ja grundsätzlich von allen überzeugt) verkaufen muss. Habe Starbucks letztes Jahr für 70€ einsammeln können. Durch teuren Urlaub und Einrichten einer zweiten Wohnung konnte ich mir zumindest 50 Anteile sichern durch vorher erhaltene Dividende. Dadurch, dass mein Depot in 2022 gelitten hat, wollte ich die aus meiner Sicht zu stark abgestraften Werte nicht verkaufen.

Für mich ist frei verfügbares Geld wichtig.
Daher halte ich auch immer einen entsprechend hohen Notgroschen vor. Möchte ich kurzfristig den Job schmeißen, weil mich etwas ankotzt: dann tue ich das. Genau dafür, dass ich mich im Leben immer wohlfühlen kann und mein Leben / meine Arbeitszeiten / meinen Wohnort flexibel gestalten kann.

Worauf ich hinauswill: wenn man das Investieren nur zum Schließen der Rentenlücke nutzt, sind Thesaurierer klar im Vorteil. Mir persönlich ist das zu abstrakt. Ich kann zwar nicht wie manche mit 30 in Rente gehen (siehe Mr. Money Moustache), möchte aber jetzt - in der „Blüte meines Lebens“ - schon von meinem Depot profitieren. Jetzt bin ich körperlich gesund - das Geld später nur für das geilste Pflegeheim raushauen (plakativ gesagt) empfinde ich als nicht zielführend.
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@Fabzy ich denke, wir haben deutlich unterschiedliche Ziele und daher Strategien. Ich kann mir nicht vorstellen, bis zum Lebensende weiter arbeiten zu gehen. Ich mache meinen Job nur gern, wenn er stressig und fordernd ist. Dann muss ich aber mindestens 45, meist eher 50 Stunden investieren. Dazu kommt, dass ich bereits mehrfach das Bundesland wechseln musste, um auf dieses Gehalt zu kommen. Ich arbeite im Bereich Automotive, meine Partnerin im Bereich „Wissenschaft“. Wir haben z.B. massive Probleme Jobs zu finden, die regional nicht zu weit voneinander entfernt sind. Als wir das letzte Mal zusammengewohnt haben, bin ich täglich von Bonn nach Wuppertal gependelt (2x80km), 5:30 aus dem Haus, je nach Verkehr 18-19 Uhr zu Hause.

Ich bin eigentlich eher der sportliche Typ, komme aber in einer normalen Arbeitswoche kaum dazu, mehr als 2x laufen zu gehen. Dabei haben wir noch nicht mal ein Kind, geschweige denn zwei.

Ich muss gestehen, dass einen Job so gern zu machen, dass er bis zur Rente Spaß macht (wie scheinbar bei dir) natürlich auch eine schöne Option wäre. Sollte mir das noch mal passieren, schließe ich nicht aus, doch weiterzuarbeiten. Erben werde ich hoffentlich erst mit 50+, und da möchte ich lange nicht mehr in einem „ungeliebten“ Job feststecken. Sehe das in meiner Elterngeneration, bei den Bekannten meiner Eltern (jetzt so 60-65) ist der einzige noch arbeitende mein Vater (der das auch rein aus Spaß macht, nicht aus finanziellen Gründen). Der Rest hat sich zwischen 57 und 60 irgendwie mit Reha, Krankenschein, Abfindung, Altersteilzeit und 2 Jahren ALG1 in die Rente „gerettet“. Und die sind alle in keinem körperlichen Zustand mehr, das Leben noch richtig auszukosten (als Rucksackreisenden mit 20kg Backpack kann ich mir da keinen vorstellen 😅 ). Das ist für mich das Horrorszenario, was ich umgehen möchte.

Finde ich meinen Traumjob, arbeite ich wahrscheinlich auch bis über 70 noch weiter - dann hätte sich die Dividendenstrategie definitiv nicht gelohnt. 😃
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Super Beitrag, danke für den Blickwinkel! @ccf 🚀 gerne mehr davon :)
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Wie immer, ein genialer Beitrag 👌🏾✨
@ccf
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Exzellenter Beitrag!!!! So wichtig für viele hier, das zu verstehen. @ccf
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Zwei Ergänzungen zum Inhalt:

1. Die Unternehmenssicht: Unternehmen sehen Dividendezahlungen oft als Marketing gegenüber ihren Aktionären (REITS müssen, glaube ich, als einzige ausschütten). Damit sind Dividenden Kapital, das unternehmensintern nicht verwendet werden kann, z. B. für Investitionen. Als Aktionär will ich aber, dass das Unternehmen sein Kapital zur Vermehrung einsetzt und es nicht unproduktiv für Marketing verschleudert. Insofern schneidet sich ein Dividendenempfänger ins eigene Fleisch. Deshalb zahlt $BRK.A keine Dividende.

2. Das Umschichtungsargument: In einigen Diskussionen hier habe ich folgendes Argument gelesen. "In der Rente will ich Dividenden erhalten und mich um nichts kümmern müssen. Wenn ich in der Ansparphase in Therausierer anlege, muss ich zur Rente alles in Ausschütter umschichten und das kostet Steuern, die ich nicht zahlen will." Hast du dieses Argument mal durchgerechnet?
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@Epi ja genau. Punkt 1 sehe ich genauso. Punkt 2 war mit ein Anlass für den Beitrag. Beim Verkauf/Umschichten des gesamten Depots fallen die nicht zu vernachlässigen Steuern an. Mein Depot wird um einen Schlag 25% kleiner. Durchgerechnet hatte ich es nicht, aber mir die Frage gestellt, ob man denn überhaupt Umschichten muss? Welchen elementaren Vorteil hat man, Dividenden zu kassieren, statt Entnahmen zu tätige. Antwort: Keine, außer Psychologische vielleicht. Aufgrund des Zahns 🦷#6.
Einen Rechenbeispiel zur Umschichtung wäre eine gute Ergänzung
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@Epi vor allem spielt das Problem der Renditereihenfolge nach Renteneintritt eine Rolle. Hat man nach Renteneintritt einen großen Wertverlust des Depots siehts für die kommenden Jahre schlechter aus, als tritt der Crash erst 10 Jahre später ein.
Sehr schön in Quelle [6] nachzulesen, die ich eben noch ergänzt hab, da ich das Thema nicht auch noch in den Beitrag aufnehmen wollte
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@Fabzy Ich bin da ganz bei dir: einen relevanten Unterschied zwischen Ausschüttung und Entnahme sehe ich nicht.

Ein kleiner Punkt, der noch für die Entnahme spricht: ich kann sie individuell steuern und sowohl renditetechnisch als auch steuerlich optimieren. Das geht bei Dividenden nicht, über deren Höhe die Unternehmen und mein Kapitalstock entscheiden. Was mache ich, wenn ich mehr Dividenden erhalte als ich brauche und dadurch mehr Steuern zahle als ich müsste?

Auch kann ich durch individuelle Entnahmen das Renditereihenfolgerisiko mildern, indem ich in Baissejahren weniger entnehme und vielleicht mal einen Urlaub streiche. Bei Dividenden passiert das höchstens indirekt durch Dividendenkürzungen, aber das habe ich auch wieder nicht unter Kontrolle.

In dem Sinne ist die Dividendenstrategie sogar riskanter als die Entnahmestrategie.
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@Epi zu Punkt 2: Eine Umschichtung in Dividendentitel würde ich da aufgrund der Steuern ebenfalls nicht favorisieren - lediglich eine Umschichtung in z.B. einen Etf mit geringerer Volatilität wäre für mich im Alter von Bedeutung.
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@Dr27589 Sicher. Die grundlegende Frage nach einer sinnvollen Assetallocation in der Auszahlungsphase wird hier eigentlich nie gestellt.

Worauf es dabei ankommt, ist ja nicht mehr möglichst hohes Kapitalwachstum, sondern möglichst niedriges Risiko. D. h. man braucht eine Allokation mit geringer Vola. Value-Aktien, Anleihen, Cash sind dann wohl die Mittel der Wahl.

Solche Gedanken spielen aber für die wenigesten hier eine Rolle. Wahrscheinlich gehen die, die es betrifft ohnehin zu einem Finanzberater.
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@zenz69 Die offene und komplexe Frage wäre dann, wie man den Switch steuereffizient vollzieht.
Ich sehe da kein Problem bei meinem RV-Mantel, aber beim Broker? Keine Ahnung.
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@Epi eine Idee zur Milderung des Renditereihenfolgeproblems wäre den Renteneintritt schon ab 60 zu planen. Ist man in einer guten Börsenphase könnten Anteile, die man voraussichtlich für die nächsten 10 Jahre braucht, umgeschichtet werden. Die Steuerlast liegt dann nur auf einem Teil des Depots.
Ist man mit 60 in einer schlechten Phase wartet man ab und hofft auf Besserung in 5 Jahren.
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@Fabzy Ja, normale Rentenversicherungen machen das wohl auch so. Umschichtungsphase oder wie die das nennen. Die kann dann auch steuerlich optimiert werden, indem man z. B. bei entsprechendem Vermögen schon mit 55 anfängt, langsam umzuschichten.
Ich halte das aber für keine gute Idee, weil ja dann über einen Zeitraum von 10 Jahren eine Unterrendite erzielt wird.

Ich muss das Ganze mal genauer für meine Fondspolice durchrechnen. Da zahlt man 0,2%pa aufs Vermögen, aber keine Steuern z. B. bei Umschichtungen oder Dividenden bis zur Auszahlung und ab 63 zahlt man mit Freibeträgen und Halbeinkünfteverfahren ca. 11% Steuern auf die Gewinne. Ich vermute, das ist in jedem Szenario günstiger und vor allem einfacher.
Danke für die Anregung!
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@Epi wenn bei einer Rentenversicherung die automatisierte Umschichtung angewählt wird, geschieht das für gewöhnlich zu früh, korrekt. Auf eigenen Wunsch hin zu einem passenden Zeitpunkt die Weisung zu erteilen finde ich da ebenfalls sinnvoller.

Halbeinkünfteverfahren: 11% nicht pauschal gültig - hängt vom jeweiligen Gesamteinkommen im Alter ab.

Weiterer Vorteil der RV bei hohem Depotwert: keine Vorabpauschale. Macht die Thematik bei der Planung fürs Depot leider nicht einfacher.
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Klasse Beitrag! Viele starten mit einer Dividendenstrategie, ohne sich tatsächlich ausgiebig mit der Thematik befasst zu haben. Meistens geschieht das aber noch vor Überschreiten des Steuerfreibetrages :) Ich selbst habe auch einige Dividendentitel, nutze die Ausschüttungen dann gern um außerplanmäßige Instandhaltungsmaßnahmen an Immobilien, oder eben zusätzliche liquide Mittel zur Umschichtung in andere Branchen/Unternehmen zu haben bei denen ich besseres Potential sehe.
#ccf
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Gibt Menschen die gehen Arbeiten, ist jetzt nichts für mich aber so könnte man sich auch ohne Dividenden einen monatlichen Cashflow aufbauen, hab ich gehört.
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@EnjoyCapitalism einfach doppelt so viel verdienen wie man braucht, Problem gelöst. Das könnte der Grund sein, warum mich Dividenden nicht reizen 💸
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Das lässt mein dividendenneutrales Herz höher schlagen ❤️
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@Lorena du glaubst nicht was das ganze großartige Feedback auf diesen Beitrag für eine Wohltat ist 🥲 mein kleines Schildkrötenherz hüpft auch ❤️
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@Fabzy meine eigene Schildkröte hüpft nicht, die ist noch müde 👀
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Ich würd gern mehr von deinem Content lesen. 😄
@ccf
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@Hannes_SK ich hab Osterurlaub und endlich die Zeit gefunden, wieder etwas zu schreiben 😁 Mit Arbeit und Familie klappt das sonst leider nicht.
Der nächste Urlaub kommt bestimmt 🚀
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@Fabzy
Urlaub habe ich auch bis nächste Woche. Endlich wieder Zeit um angespartes Geld zu investieren und aktiver zu handeln. 😁
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@ccf Für uns Österreicher:innen ohne Freibetrag sicher noch ein extra Punkt für die Thesaurierer. Super Beitrag, danke!
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Danke Dir für diesen Beitrag @ccf
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Mega stark dein Text. Hat mich jetzt ganze 20 Minuten vom der Wrbeit abgehalten, die ich für deinen Text hab liegen lassen 😂
Stimme dir voll und ganz zu und halte deshalb auch nur Thesaurierer
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Hammer-Beitrag @ccf
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Sehr guter Beitrag @ccf
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Danke für den tollen Beitrag! Du hast dir das @ccf wirklich verdient 🚀
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Super Beitrag! Weiter so 👍 @ccf
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@ccf stark danke dafür
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Überragend 🤓
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Alles sehr gut, richtig und verständlich. Ich finanziere von den Dividenden zum Beispiel alle Reisen. Das wird mit reiner Thesaurierung schwierig😉, da ich dann ja immer etwas verkaufen müsste
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