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DeepSeek, Zinsen und Tesla: Die Börsen-Highlights der Woche

Die Finanzmärkte haben uns in dieser Woche mit einigen spannenden Entwicklungen versorgt. Der heutige Newsletter bringt dir die wichtigsten Ereignisse kompakt und verständlich auf den Punkt:


Von DeepSeek, dem chinesischen KI-Start-up, das den Technologiesektor mit einem innovativen Ansatz überrascht hat, über die jüngsten Zinsentscheidungen der Notenbanken, bis hin zu den gemischten Quartalszahlen von Tesla – es war eine Woche voller Schlagzeilen.


Viel Spaß beim Lesen!


DeepSeek: Chinas neuer KI-Player und seine Folgen


Das chinesische KI-Start-up DeepSeek hat mit seinem neuen Modell DeepSeek R1 für Aufsehen gesorgt. Der KI-Chatbot, vorgestellt am 20. Januar, ist inzwischen eine der meistgeladenen Apps weltweit. In den USA belegt er derzeit Platz 1 im iPhone-App-Store, noch vor ChatGPT oder Google's Gemini. Auch in Deutschland gehört die App zu den Top-Downloads. Nutzer können mit der KI chatten, Dateien hochladen oder Web-Recherchen durchführen – und das kostenlos in der Basisversion.


Das Besondere: Der Chatbot von DeepSeek soll mit deutlich weniger Rechenleistung auskommen als vergleichbare Modelle großer US-Unternehmen wie OpenAI oder Google $GOOGL (+1,9 %) . Berichten zufolge wurden für das Training von DeepSeek-R1 etwa 2.000 Nvidia H800 Grafikprozessoren verwendet, was zu Kosten von rund 6 Millionen US-Dollar führte. Zum Vergleich: OpenAI investierte für die Entwicklung von GPT-4 im Jahr 2023 etwa 100 Millionen US-Dollar. Diese Effizienz stellt die bisherige Annahme infrage, dass leistungsstarke KI-Modelle zwingend Investitionen in Milliardenhöhe und spezialisierte Hochleistungs-Chips erfordern. Sollten sich diese Angaben bewahrheiten, könnte dies den Druck auf US-Unternehmen erhöhen, ihre Kostenstrukturen und Investitionsstrategien zu überdenken.


Diese überraschende Entwicklung und die damit verbundene Unsicherheit löste am Montag an der Börse eine deutliche Reaktion aus. Der US-Tech-Index Nasdaq 100 verlor rund 3%, und insbesondere Nvidia $NVDA (-1,87 %) – der führende Anbieter von Chips für KI-Anwendungen, welcher in den letzten Jahren enorm vom KI-Trend profitieren konnte – gab um knapp 17% nach. Auch Unternehmen wie Broadcom $AVGO (+3,45 %) , AMD $AMD (-1,66 %) , ASML $ASML (+0,42 %) und Microsoft $MSFT (-0,04 %) gerieten zwischenzeitlich unter Druck. Im Laufe der Woche konnten sich die meisten Tech-Werte wieder etwas stabilisieren. Denn: Einige Experten hinterfragen die Transparenz von DeepSeek's Angaben aus China und mahnen zur Vorsicht bei der Bewertung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit und Effizienz des Modells. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die tatsächlichen Kostenvorteile von DeepSeek geringer sein könnten als zunächst angenommen – weitere Entwicklungen gilt es abzuwarten.


Was du als Anleger aus dem DeepSeek-Trubel lernen kannst:


  • # 1: Keine Panik – Märkte neigen oft zu Übertreibungen in beide Richtungen: Tech-Aktien reagieren empfindlich auf reißerische Schlagzeilen. Aktienkurse können sich kurzfristig rasant nach oben oder unten entwickeln, unabhängig von der Substanz einer Nachricht. Starke Kursverluste geschehen immer wieder – und oft folgt eine schnelle Erholung. Wichtig ist, ruhig zu bleiben und sich nicht zu unüberlegten Verkäufen verleiten zu lassen.


  • # 2: Korrekturen bringen Chancen: Starke Kursverluste wie am Montag bieten oft gute Kaufgelegenheiten – insbesondere bei Qualitätsunternehmen mit langfristigem Potenzial und vernünftiger Bewertung, z.B. bei ASML $ASML (+0,42 %) . Solange Unternehmen fundamental gesund sind, bedeuten kurzfristige Rücksetzer meist kein Grund zur Sorge.


  • # 3: Der KI-Wettbewerb wird härter – das ist positiv für Innovation und Adoption: DeepSeek zeigt, dass KI-Entwicklung nicht zwangsläufig extrem teuer sein muss. Mehr Wettbewerb und der vermeintlich neue, innovative Ansatz könnte dazu führen, dass KI-Modelle noch effizienter und breiter verfügbar werden.


  • # 4: Die Technologie-Branche unterliegt ständigem Wandel: Der Technologiesektor ist einer der am schnellsten wandelbaren Märkte. Unternehmen, die heute als Marktführer gelten, können innerhalb weniger Jahre durch neue Innovationen herausgefordert oder verdrängt werden. Als Anleger solltest du daher regelmäßig überprüfen, ob deine Technologie-Investments langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Hast du ausschließlich Qualitätsunternehmen in deinem Portfolio mit nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen und attraktiven Zukunftsaussichten? Oder bröckelt deren Marktstellung, z.B. durch die Einführung neuer Technologien?



Zinsentscheidungen: Was EZB und Fed für den Markt bedeuten


Diese Woche gab es zwei richtungsweisende Zinsentscheidungen – eine in Europa, eine in den USA.


Kurz zur Erinnerung: Die Entwicklung und Erwartungen zu den Leitzinsen sind ein entscheidender Faktor für den Aktienmarkt. Sinkende Zinsen machen Kredite günstiger, kurbeln Investitionen und Konsum an. Das lässt Aktienkurse oft steigen. Steigende Zinsen hingegen bremsen das Wachstum und machen alternative Anlagen wie Anleihen attraktiver – das kann Aktien unter Druck setzen.


  • EZB senkt Leitzins auf 2,75 Prozent – möglicher Impuls für die Wirtschaft: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins zum fünften Mal seit der geldpolitischen Wende Ende 2023 gesenkt. Die Währungshüter entschieden, den Einlagensatz um 0,25 Prozentpunkte auf 2,75% zu senken. EZB-Chefin Christine Lagarde begründete den Schritt mit der schwächelnden Wirtschaft. Das EU-Statistikamt meldete null Wachstum im letzten Quartal 2024, das gesamte Jahr brachte nur 0,7% Wachstum. Ziel der Zinssenkung: Günstigere Kredite für Unternehmen und Privatpersonen, um Investitionen und Konsum anzukurbeln.


  • US-Notenbank bleibt hart – (noch) keine Zinssenkung: Während die EZB die Zinsen senkt, bleibt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) standhaft. Trotz politischem Druck von Donald Trump entschied die Fed, den Leitzins in der Spanne von 4,25% bis 4,50% zu belassen. Grund: Die US-Wirtschaft zeigt sich weiterhin stark – das Wachstum hält an, und die Inflation ist noch nicht besiegt. Fed-Chef Jerome Powell machte klar: Eine verfrühte Zinssenkung könnte den Kampf gegen steigende Preise gefährden.



Heiße Phase der Berichtssaison vieler Unternehmen im S&P 500


Aktuell befinden wir uns mitten in der Phase, in der viele US-Unternehmen die Zahlen des letztes Quartals veröffentlichen. Der folgende Chart von Fundstrat gibt einen Überblick über die bisherigen Ergebnisse und wie diese am Markt aufgenommen wurden:

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Stand Mittwoch dieser Woche haben 103 der 500 Unternehmen des S&P 500 ihre Quartalszahlen für Q4 2024 vorgelegt. 79% der Unternehmen haben die Gewinnschätzungen übertroffen, was auf eine insgesamt starke operative Leistung hindeutet. Der positive Überraschungsfaktor von 6,1% zeigt, dass die Unternehmen besser abschneiden als Analysten erwartet hatten. Der S&P 500 verzeichnete seit dem 31.12.2024 einen Anstieg von 3,2%, was ebenfalls auf eine positive Marktstimmung hindeutet. Die bisher solide Gewinnsaison scheint das Vertrauen der Investoren in die Unternehmenserträge also zu stärken.


Die Berichte und Prognosen einiger Schwergewichte wie Meta $META (+0,53 %) , ASML $ASML (+0,42 %) , Netflix $NFLX (+0,58 %) , Mastercard $MA (-1,93 %) und Intuitive Surgical $ISRG (-0,9 %) kamen bei den Anlegern größtenteils gut an. Microsoft $MSFT (-0,04 %) hingegen zeigte eine eher verhaltene Kursreaktion auf die präsentierten Ergebnisse und den kurzfristigen Ausblick. Auch Tesla $TSLA (+1,47 %) , ein Unternehmen in meinem Portfolio, legte diese Woche seine Zahlen für Q4 2024 vor – mit gemischten Ergebnissen. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse kompakt und verständlich zusammengefasst:


  • Tesla hat im Jahr 2024 rund 1,8 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert – ein Anstieg von 36% gegenüber 2022, jedoch keine weitere Steigerung im Vergleich zu 2023. Mit einem Umsatz von 25,7 Milliarden US-Dollar im Q4 erzielte Tesla ein leichtes Plus von 2% im Vergleich zum Vorjahr, blieb dennoch hinter den hohen Erwartungen der Analysten zurück. Aufgrund von Preissenkungen und Finanzierungsoptionen gingen auch die Margen und Gewinne zurück. Positiver Lichtblick war abermals der Geschäftsbereich der Solaranlagen und Energiespeicher, wo die Umsätze sich auf mehr als 3 Mrd. US-Dollar verdoppelten und in 2025 mit >50% wachsen sollen. Positiv ist ebenso der steigende Bargeldbestand, der nun bei 36 Mrd. US-Dollar liegt – einen höheren Wert weisen meines Wissens nach nur die großen Tech-Unternehmen wie Alphabet (Google), Amazon, Microsoft, Meta (ehemals Facebook), Apple und Nvidia auf.


  • Trotz der gemischten Ergebnisse blieb die Tesla-Aktie überraschend stabil, nachdem CEO Elon Musk seine Vision für die nächsten Jahre nochmals darlegte. Tesla gab bekannt, ab Juni 2025 einen vollautonomen Fahrservice ohne menschlichen Fahrer in Austin, Texas, zu testen – und bis Ende des Jahres voraussichtlich in weiteren US-Städten auszurollen. Günstigere E-Modelle sind für das erste Halbjahr 2025 in Planung, mit dem Ziel, die Elektro-Mobilität für noch mehr Menschen zugänglich zu machen. Tesla will außerdem einige Tausend Exemplare des humanoiden Roboters "Optimus" herstellen und in den eigenen Fabriken sinnvoll einsetzen. Idealerweise sollen Ende 2026 erste Roboter an externe Kunden verkauft werden – eine Idee, die viele neugierig macht, da dieser künftig nicht nur in Unternehmen, sondern auch in Privathaushalten zum Einsatz kommen könnte.


Zur Einordnung: Das Unternehmen befindet sich 2024/25 in einer Übergangsphase zwischen zwei Wachstumszyklen. Die erste Phase begann Ende der 2010er Jahre mit der Skalierung von Elektroautos, während ab 2026/27/28 ein neuer Schub durch die Einführung des autonomen Fahrens und humanoider Roboter erwartet wird.


Abschließend einige bemerkenswerte Zitate aus dem Earnings-Call von Elon Musk – wie immer mit Vorsicht zu interpretieren. Denn die aktuell hohe Bewertung von Tesla basiert derzeit nicht auf messbarem Umsatz- und Gewinnwachstum, sondern vor allem auf ambitionierten Zukunftsplänen, die mit Unsicherheit behaftet sind: 


  • Zum Start des autonomes Fahrens in den USA: "We live at this unbelievable inflection point in human history. We're going to be launching unsupervised full self-driving as a paid service in Austin in June."


  • Zum Szenario, dass andere Automobilhersteller die Software von Tesla lizensieren könnten: "At this point, we're seeing significant interest from a number of major car companies about licensing Tesla full self-driving technology."


  • Die Aussicht von Tesla langfristig das wertvollste Unternehmen der Welt zu werden: "I've said this before and I'll stand by it. I see a path of Tesla being the most valuable company in the world by far. There is a path where Tesla is worth more than the next top five companies combined. It's a difficult path but it is an achievable path. And that is overwhelmingly due to autonomous vehicles and autonomous humanoid robots."


  • Musk gab zudem ein paar Details zur Entwicklung und Produktion des humanoiden Roboters: "The normal internal plan calls for roughly 10,000 Optimus robots to be built this year. So the current line that we're designing is for roughly 1,000 units a month. The next line would be for 10,000 units a month. The line after that would be for 100,000 units a month. My very rough guess is that we start delivering Optimus robots to companies that are outside of Tesla in maybe the second half of next year. I'm confident at 1 million units a year, that the production cost of Optimus will be less than $20,000."


  • Zur Bedeutung des Jahres 2025 in Tesla’s Unternehmenshistorie: "2025 really is a pivotal year for Tesla. And when you go look back on 2025 and the launch of unsupervised full self-driving, I think we may regard it as the most important year in Tesla's history. There is no company in the world that is as good at real-world AI as Tesla. I don't even know who's in second place."


Meine letzten Tesla-Aktien habe ich im August 2024 bei 196€ gekauft – weitere Zukäufe plane ich erst, wenn die Bewertung wieder realistischer und attraktiver wird. Eine faire Bewertung sehe ich bei einem Kurs-Umsatz-Verhältnis im Bereich von 8-12x (aktuell liegt es bei 13x), darunter wäre ein Einstieg noch deutlich interessanter.


Vielen Dank fürs Lesen.


Bleibe informiert und investiere klug.

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3 Kommentare

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Danke 😊👍
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Tesla ist so ein Kult :D
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@tom_finance Absolut - auch mit Kult lässt sich Geld verdienen
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