Diabetesspritze: Wundermittel oder Wirtschaftsspritze?
Diabetes
1.1 Diabetestypen
Da die Medikamente primär zur Behandlung von Diabetes vorgesehen sind, folgt nun eine Übersicht über die verschiedenen Diabetestypen und die Behandlung von Diabetes-Typ-2. Die Behandlung von Typ-1-Diabetes wird an dieser Stelle vernachlässigt, da die Medikamente für diese Erkrankung nicht vorgesehen sind. Im Vergleich zu Typ-2-Diabetes, der oft durch einen ungesunden Lebensstil und Adipositas begünstigt wird, ist Typ-1-Diabetes nicht damit in Verbindung zu bringen und tritt häufig im Kindes- und Jugendalter auf. Bei Typ-1-Diabetes liegt ein absolutes Versagen der Bauchspeicheldrüse vor, sie produziert also kein Insulin mehr, und die Betroffenen müssen ihr Leben lang Insulin spritzen. Typ-1-Diabetes ist bis heute unheilbar und wird auch insulinabhängiger Diabetes mellitus genannt.
Im Unterschied dazu entsteht Typ-2-Diabetes durch eine Insulinresistenz. Der Körper produziert zwar Insulin, die Körperzellen sind jedoch nicht mehr empfindlich genug, um dieses richtig zu verarbeiten. Im Vergleich zu Typ-1-Diabetes müssen nicht alle Menschen mit Typ-2-Diabetes eine Insulintherapie durchführen. Da Typ-2-Diabetes neben erblicher Veranlagung vor allem durch eine ungesunde Lebensweise mit zu wenig Bewegung entsteht und meist schleichend einsetzt, kann er gut durch eine Ernährungsumstellung und ausreichend Bewegung behandelt werden. Erst im schweren Verlauf müssen dann Medikamente eingesetzt werden. Zunächst stehen Tabletten wie Metformin zur Verfügung, im weiteren Verlauf kann auch eine Insulininjektion notwendig werden (BMG, 2024). Diabetes-Typ-2 ist also eine erworbene Erkrankung, welche in direktem Zusammenhang mit der Lebensweise steht, auch wenn genetische Faktoren ebenfalls eine Rolle spielen. Entsprechend lässt sich dieser Diabetestyp aber auch oft gut mit einer Umstellung des Lebensstils behandeln. Reicht diese nicht mehr aus, müssen Medikamente wie Metformin genommen werden. Bei schwerer Diabetes-Typ-2 können Patienten auch Insulinpflichtig werden. Die GLP-1-Spritzen sind ein weiteres Medikament, um die Erkrankung zu behandeln.
1.2 Welche ähnlichen Medikamente gab es bisher?
Im Jahr 2009 wurde zunächst das Produkt Victoza auf den Markt, das zur Behandlung von Diabetes Typ 2 zugelassen ist. Das Medikament Saxenda ist ein Abnehmmedikament, wurde ebenfalls 2009 eingeführt. Beide Präparate werden von der Firma Novo Nordisk hergestellt und vertrieben und verwenden Liraglutid als Wirkstoff, der an die GLP-1 Rezeptoren bindet und ähnliche Eigenschaften wie die neueren Präparate aufweist. Liraglutid stimuliert die Insulinsekretion in einer glucoseabhängigen Weise und hemmt die Glucagon-Sekretion unter hyperglykämischen Bedingungen, wodurch es den Appetit hemmt und ein längeres Sättigungsgefühl auslöst. Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Medikament kein Insulinersatz ist. Patienten, die mit Liraglutid behandelt werden, müssen weiterhin Insulin spritzen. Zudem muss das Medikament täglich verabreicht werden (Pharmaindex, aktueller Stand 09.05.2024). Klassische Medikamente in der Diabetestherapie sind zudem Insulin oder Metformin. Nicht alle Typ-2-Diabetiker müssen jedoch auf diese Medikamente eingestellt werden.
1.3 Was unterscheidet die neuen GLP-1 Spritzen von anderen Diabetesmedikamenten?
Die verschiedenen Diabetesspritzen nutzen unterschiedliche Wege, um ihre Wirkung zu entfalten. GLP-1 Medikamente werden auch Inkretinmimetika genannt und wirken direkt auf die Insulinausschüttung ein, die bei Diabetikern mit Typ 2 reduziert ist (Pharmaindex 2024).
Wegovy von $NOVO B (+0,51 %) verwendet als Wirkstoff Semaglutid, das dem körpereigenen Hormon GLP-1 ähnelt. Durch Bindung an die GLP-1 Rezeptoren fördert es die Insulinausschüttung, die den Blutzuckerspiegel senkt. Zudem vermittelt es ein längeres Sättigungsgefühl und verlangsamt die Magenentleerung (Sartori 2024).
Ein weiteres Medikament, welches ebenfalls von der Firma Novo Nordisk vertrieben wird, ist unter dem Markennamen Ozempic in Deutschland und den USA auf dem Markt. Es nutzt ebenfalls den Wirkstoff Semaglutid und ist in Deutschland zur Behandlung von Diabetes-Typ-2 zugelassen. Es kann als Monotherapie eingesetzt werden, wenn beispielsweise Metformin nicht vertragen wird. Ozempic kann aber auch in Kombination mit anderen Antidiabetika genutzt werden (Pharmainfo Gelbe Liste, aktueller Stand 09.05.2024). Im Gegensatz zu Wegovy, das auch zur Adipositasreduktion zugelassen ist, ist Ozempic in Deutschland nur zur Behandlung von Diabetes-Typ-2 zugelassen (Sartori 2024, Steiner 2024). Ein weiterer Unterschied liegt in der Behandlungsdosis, da beide Medikamente auf dem Gleichen Wirkstoff beruhen. Die Maximaldosis bei Ozempic liegt bei 1 Milligramm, bei Wegovy beträgt sie 2,4 Milligramm. Ärzte dürfen das Medikament aber auf Privatrezept ausstellen, was immer wieder zu Engpässen in der Versorgung von Diabetikern führt. Außerdem gibt es keine Langzeitstudien über die Auswirkungen und Langzeitfolgen für Adipositaspatienten ohne Diabetes-Typ-2.
Andere Wirkstoffe sind beispielsweise Tirzepatid, wie es die Firma $LLY (-0,09 %) in ihrem Produkt mit dem Markennamen Mounjaro vertreibt (Sartori 2024). Dieses bindet zusätzlich noch an die GIP Rezeptoren und entfaltet damit eine doppelte Wirkung. Es verbesert die Glukosesensitivität der Betazellen des Pankreas und die Insulinsensitivität, was zu einer verlängerten Sättigung führt (Pharmaindex, aktueller Stand 09.05.2024).
1.3.1 Was sind ihre Vorteile und Nachteile im Vergleich zur anderen Diabetesbehandlung?
Ein wesentlicher Vorteil dieser Medikamente gegenüber der traditionellen Diabetesbehandlung mit Insulin oder der Anwendung von Victoza besteht darin, dass die Injektionen nicht täglich verabreicht werden müssen. Beispielsweise muss Ozempic lediglich einmal wöchentlich in das Unterhautfettgewebe gespritzt werden (Steiner 2024). Bei einer herkömmlichen Insulintherapie ist der Patient darauf angewiesen Insulinspritzen in ständiger Reichweite zu haben, eine Insulinpumpe muss am Körper getragen werden und ist somit relativ umständlich in der Handhabung und Metformin muss oral eingenommen werden. Nach einer Schulung und Eingewöhnungsphase, können Patienten die Diabetesspritzen selbst anwenden und sind somit flexibler, als bei anderen Behandlungsmethoden. Dies gilt natürlich nur, wenn die Spritzen als Monotherapie genutzt werden. Dennoch gibt es eine lange Liste mit Nebenwirkungen, welche nicht unterschätzt werden sollten.
Zu den signifikanten Nachteilen dieser Therapieformen zählen die umfangreichen Listen von Nebenwirkungen, die im Unterkapitel 3.2.3 detailliert beschrieben sind.
2.1 Zahlen und Fakten über den Markt
Die IDF prognostiziert, dass bis 2045 jeder achte Erwachsene, d.h. etwa 783 Millionen Menschen, an Diabetes erkrankt sein wird. Bei Adipositas und Prä-Adipositas sieht es nicht besser aus. Institute wie die WHO oder die IOF gehen davon aus, dass etwa 45 bis 55 Prozent der Weltbevölkerung präfettleibig oder fettleibig sein werden. Dies ist vor allem für den Diabetes-Markt von Bedeutung.
Der Markt für Diabetesmedikamente wird bis 2024 auf rund 70 Mrd. EUR und bis 2030 auf 100 Mrd. EUR anwachsen. Doch das ist nicht alles. Bis 2030 wird mit einem Anstieg der Kosten für die Behandlung von Fettleibigkeit auf 3,3 Billionen Dollar gerechnet. Folgekosten wie Herzprobleme, Knieimplantate oder Ähnliches sind dabei noch gar nicht berücksichtigt, sodass man davon ausgeht, dass der Kampf gegen Übergewicht zu einem der größten Märkte der Welt werden könnte (→?).
2.2 Das Wirtschaftliche hinter Ozempic und Wegovy
Die Frage, die sich schnell stellt, ist, wie groß das Geschäft ist, und die Grafik zeigt, wie gut es läuft. 2017-2018 wurde Ozempic auf den Markt gebracht und musste sich erst durchsetzen. Es wurde immer mehr verwendet, und der Umsatz stieg auch in der Corona-Zeit stark an. Aber der Gewinn bleibt vorerst aus. Man sieht, der Hype war noch nicht da, und der Off-Label-Use war noch kaum vorhanden. Im Jahr 2022 kam es zu einem Hype um Ozempic, als Spekulationen über seine Wirksamkeit als Schlankheitsmittel aufkamen, obwohl diese Behauptungen noch nicht empirisch belegt waren. Trotz fehlender wissenschaftlicher Belege stiegen Umsatz und Gewinn des Medikaments stark an. Dies änderte sich schlagartig, als 2023 Studien veröffentlicht wurden, die die positive Wirkung von Ozempic auf die Gewichtsabnahme bestätigten. Der immense Hype um Novo Nordisks Abnehmmittel Ozempic bescherte dem Unternehmen im Jahr 2023 Rekordgewinne und zeigt auch 2024 keine Anzeichen eines Nachlassens der Nachfrage. Um der stark gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden, übernahm Novo Nordisk im März 2024 den Pharmazulieferer Catalent für 16,5 Milliarden US-Dollar. Diese Übernahme verdeutlicht die intensiven Bemühungen des Unternehmens, die Produktionskapazitäten auszubauen und die Verfügbarkeit von Ozempic sicherzustellen.
Die positive Entwicklung lässt sich vor allem an der Marktkapitalisierung ablesen. In den letzten 10 Jahren hat sich der Kurs etwa versiebenfacht, und Novo Nordisk ist nun das größte Unternehmen Europas. Novo Nordisk hat es auch geschafft, unter die Top 15 der weltweit börsennotierten Unternehmen zu kommen, und das hat vor allem Auswirkungen auf Dänemark (→?).
2.3 BIP-Veränderung aufgrund der Spritzen
Die Größe von Novo Nordisk wird besonders deutlich, wenn man das BIP Dänemarks betrachtet. Obwohl man das BIP nicht mit der Marktkapitalisierung vergleichen kann, ist die Marktkapitalisierung von Novo Nordisk größer als das BIP Dänemarks. Das ist erstaunlich und hat auch erhebliche Auswirkungen.
Betrachtet man die Wachstumsrate des BIP, wird schnell deutlich, dass Dänemark im Vergleich zu anderen europäischen Ländern besser abschneidet. Das liegt nicht nur daran, dass das BIP in Dänemark weniger stark gefallen ist, sondern sich auch schneller erholt hat. Ein wesentlicher Faktor dafür ist Novo Nordisk. Wie stark tragen die Abnehmenspritzen also zur dänischen Wirtschaft bei? Experten sagen, nicht unerheblich. Die $DANSKE (+0,38 %) Bank A/S schätzte das BIP-Wachstum für 2023 zunächst auf 1 %, hob dann aber ihre Prognose auf 2,1 % an. Diese Zahlen übertrafen alle anderen Prognosen. Ohne den Beitrag der Pharmaindustrie, insbesondere von Novo Nordisk, wäre das Wachstum von 1,8 % im Jahr 2023 kaum bemerkbar gewesen. Novo Nordisk, mittlerweile das wertvollste Unternehmen Europas, spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Auch in anderen Ländern soll der Beitrag der Pharmaindustrie das Wirtschaftswachstum steigern, so auch in Schweden. Für 2024 wurden die Erwartungen angehoben: Schweden soll von 1,3 % auf 1,5 % wachsen. Besonders bemerkenswert ist jedoch der Anstieg in Dänemark. Die dänische Zentralbank korrigierte ihre Prognose für 2024 von 1,3 % auf 2,4 % und für 2025 von 1,3 % auf 1,4 %. Auch hier wird Novo Nordisk einen bedeutenden Anteil haben (→?).
Die Nutzer
3.1 Adipositas
Da die Spritzen eigentlich nicht in erster Linie dafür gedacht sind, um Adipositas, also krankhaftes Übergewicht zu behandeln, soll an dieser Stelle kurz erwähnt werden, was das eigentlich ist. Die Adipositas Gesellschaft definiert die Erkrankung wie folgt: “eine chronische Krankheit, die definiert ist als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Zur klassischen Adipositasbehandlung zählen Leistungen wie Ernährungsberatung, oder Bewegungstherapie. Bei langanhaltender und starker Adipositas kann außerdem eine Magenbypassoperation angestrebt werden, um das krankhafte Übergewicht in den Griff zu bekommen.
3.2 Wie werden die Spritzen genau eingesetzt?
Primär dienen diese Medikamente der Behandlung von Diabetis mellitus. Einige Ärzte verschreiben sie jedoch auch auf Privatrezept und ermöglichen somit den sogenannten “Off-Label-Use”, also die Anwedung eines Medikaments für einen anderen al den ursprünglich vorgesehenen Zweck. Einige Patienten in Deutschland sowie viele Patienten in den USA möchten Injektionen wie Ozempic oder Mounjaro ausschließlich zur Gewichtsreduktion nutzen. Dies für wiederholt zu Engpässen und Lieferschwierigkeiten, auch in Deutschland. Das Problem ist mittlerweile so gravierend, dass Apothekern geraten wird, sich den Diabetikerausweis vorlegen zu lassen un die Injektionen nur an Diabetiker auszuhändigen (Leyke-Hess 2023).
Die Spritzen können also zur Behandlung von Diabetes-Typ-2 genutzt werden, aber auch zur reinen Gewichtsreduktion oder als gemischte Therapie, für Diabetiker die auch Gewicht reduzieren wollen. Sie können als Monotherapie, oder als Teil einer Diabetestherapie genutzt werden.
3.2.2 Inwieweit wird das Medikament zur Gewichtsreduktion genutzt
Ozempic ist explizit nur zur Behandlung von Diabetes-Typ-2 zugelassen und kann daher nicht als Abnehmmittel von Krankenkassen bezahlt werden. Die Mounjaro-Injektion ist nicht nur für die Behandlung von Diabetes-Typ-2 in Deutschland zugelassen. Laut einer offiziellen Stellungnahme des Herstellers Eli Lilly, kann das Medikament auch zur Behandlung von schwerer Adipositas ohne Diabetes eingesetzt werden. Allerdings fehlen hierzu Studien über mögliche Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen (Leyke-Hess 2023).
3.2.3 Was sind bekannte Nebenwirkungen?
Nebenwirkungen von Ozempic laut EU Zulassung:
Die Nebenwirkungen von Wegovy sind ähnlich, allerdings können zusätzlich zu Erkältungssymptomen auftreten (Wegovy.com 2024). Mounjaro weist ebenfalls eine ähnliche Liste von Nebenwirkungen auf (European Commission 2024).
Es it selbstverständlich, dass alle Medikamente potenzielle Nebenwirkungen haben. Letztendlich muss jeder Patient in Absprache mit dem behandelnden Arzt entscheiden, ob der Nutzen die Risiken überwiegt.
3.3 Was sind Unterschiede zwischen Deutschland und den USA?
In Deutschland sind diese Medikamente ausschließlich auf ärztliche Verschreibung zugelassen (siehe bspw. Verbraucherhinweise auf der Seite von Eli Lilly) . Die Verordnung unterliegt strengen Richtlinien und kann von Krankenkassen abgelehnt werden. Trotzdem gibt es nicht nur in den USA Mediziner, die einen Off-Label Gebrauch befürworten und die Medikamente auf Privatrezepte verschreiben. Dieser Trend ist jedoch kritisch zu betrachten, da die Langzeitfolgen für einen Gebrauch außerhalb der deklarierten Nutzungsform nicht erforscht sind (SOURCE) Es läst sich allgemein feststellen, das eine Verschreibung dieser Medikamente in den USA wesentlich leichter zu erhalten ist, auch wenn sie dort ebenfalls verschreibungspflichtig sind. Darüber hinaus gibt es weitere Abnehmspritzen, wie beispielsweise Trulicity, die in Deutschland nicht zugelassen sind (Superdrug.com). Die Zulassungen für Medikamente unterliegen in der EU anderen Richtlinien im Vergleich zu den USA. Trulicity ist in der EU nur bei Kindern zur Behandlung von Diabetes Typ 2 zugelassen und das trotz der erhöhten Gefahr Schilddrüsenkrebs zu bekommen. Eine entsprechende Warnung findet sich als fester Banner auf der U.S. Website des Herstellers. Aussagekräftige Langzeitstudien fehlen bislang bei der gesamten Bandbreite dieser Medikamente, da sie noch zu neu auf dem Markt sind (Jacobi 2023).
Wettbewerb
4.1 Überblick über den Wettbewerb
Novo Nordisk, der Hersteller von Wegovy und Ozempic, ist mit einem Marktanteil von 55,3 % führend. Eli Lilly folgt mit 18 %, während die übrigen Wettbewerber zusammen 26 % ausmachen. Marktprognosen zufolge wird sich diese Aufteilung kaum verändern. Der Markt geht davon aus, dass sich die Marktanteile zwar weiter aufsplitten werden, jedoch Novo Nordisk und Eli Lilly über 60 % des Diabetes-Marktes behalten.
Obwohl Novo Nordisk und Eli Lilly in mehr Bereichen als nur Diabetes und Adipositas tätig sind, verdeutlicht ein Kreisdiagramm die Bedeutung dieser beiden Unternehmen. Zusammen machen sie mehr als 13 % der Marktkapitalisierung des Gesundheitssektors aus. Angesichts ihrer enormen Einnahmen ist zu erwarten, dass beide Unternehmen weiter wachsen werden, denn sie investieren kontinuierlich. Im Jahr 2023 investierte Eli Lilly 9,3 Milliarden Dollar und Novo Nordisk 4,7 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung. Würde man nur diese Summen addieren, wären sie unter den größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland.
Sieht man sich die Umsätze nach Regionen an, fällt eins auf: Nordamerika (NA) ist mit über 50 % deutlich der umsatzstärkste Markt. Das hat mehrere Gründe. Erstens hat NA eine der höchsten Übergewichtsraten der Welt, und zweitens sind die Konsumenten deutlich profitabler. Im Gegensatz zu Europa sind Medikamente in NA nicht einem solchen Wettbewerb ausgesetzt. Preise werden zwar verhandelt, aber nicht durch einheitliche Krankenkassen wie bei uns.
Das sieht man an folgendem Diagramm sehr deutlich. Mit 1.000 $ im Monat ist der Preis in den USA fast 12 Mal teurer als in Deutschland, und da hört es nicht auf. Sieht man sich den dunkelblauen Balken an, fällt auf, dass die Produkte sogar teurer werden. Klar wird daraus, dass die Nachfrage das Angebot schlägt und sich Preise besser setzen lassen. Doch das ist nicht überall so. In Japan gehen die Preise zurück, was aber nicht unbedingt an der Nachfrage liegt, sondern am schwachen Yen. Bestätigt wird die Aussage der Preisverhandlung in Deutschland, wo der Preis knapp 69 $ beträgt und damit hier der niedrigste ist. (Bitte beachten: Die Preise können je nach Bedingungen stark variieren.)
Wo solches Geld verdient wird, kommt schnell die Frage auf, warum zwei Unternehmen so dominieren und wo der Wettbewerb bleibt. Dieser macht sich gerade daran, eigene Produkte zu entwickeln, und diese zu genehmigen braucht vor allem Zeit. Schlussfolgern lässt sich daraus, dass die Preise langfristig fallen sollten (→?).
4.2 Warum ist Novo Nordisk so interessant für den Wettbewerb?
Betrachtet man alle verfügbaren Daten, wird schnell klar, dass Novo Nordisk stark im Markt positioniert ist. Doch warum ist das so, und was macht den Hersteller von Ozempic so besonders? Obwohl wir hier nicht die gesamte Geschichte beleuchten können, war das Hauptziel des Unternehmens von Anfang an die Behandlung von Diabetes, was sich in den inneren Strukturen widerspiegelt.
Die Stimmrechte von Novo Nordisk gehören einer Stiftung, genauer gesagt der Novo Holding A/S. Diese hält 77,1 Prozent der Stimmrechte und 28,1 Prozent des Kapitals. Ihr erklärtes Ziel ist die Behandlung von Diabetes. Mit dieser Mehrheit an Stimmrechten kann die Stiftung die Entscheidungen des Konzerns maßgeblich beeinflussen und dafür sorgen, dass das Unternehmen seinem ursprünglichen Ziel treu bleibt. Historische Ereignisse und häufige Erwähnungen dieses Ziels deuten darauf hin, dass Novo Nordisk weiterhin fest darauf ausgerichtet ist, Diabetes zu bekämpfen (→?).
Kulturelle Auswirkungen
5.1 Welche Auswirkungen hat das Aufkommen dieser Medikamente
Das Aufkommen von Ozempic führte zu einem erheblichen Anstieg der Nutzung injizierbarer Medikamente zur Gewichtsreduktion, insbesondere in den USA. In den Vereinigten Staaten erlangte das Medikament breite Aufmerksamkeit, nachdem zahlreiche Influencer und Prominente es als effektives Mittel zur Gewichtsreduktion bewarben. Zu Beginn versuchten viele Anwender zu verheimlichen, dass sie Ozempic zur Gewichtsreduktion einsetzten. Mit der Zeit wurde der Gebrauch jedoch zunehmend öffentlicher diskutiert. Prominente wie Khloé Kardashian, Kelly Osbourne und Rebel Wilson gaben offen zu, Injektionen zur Gewichtsreduktion zu verwenden (Hogan et al. 2024). Die zunehmende Popularität von Ozempic und ähnlichen Medikamenten führte zu einer gesellschaftlichen Debatte über die ethischen und medizinischen Implikationen der Verwendung solcher Medikamente. Einerseits wird da Potenzial dieser Medikamente zur Adipositasbehandlung hervorgehoben, insbesondere für Menschen, die auf herkömmliche Methoden zur Gewichtsreduktion nicht ansprechen. Andererseits gibt es Bedenken hinsichtlich der Verfügbarkeit und Versorgungssicherheit für Diabetiker, da die erhöhte Nachfrage weltweit für Lieferengpässe sorgt (TGA 2024). Auch in Deutschland meldet Novo anhaltende Lieferengpässe für das kommende Jahr 2024, dies betrifft auch die Starterkits. Als Konsequenz bittet beispielsweise der Hersteller Novo Nordisk darum, dass Ozempic von Hausärzten nur an Diabetiker verschrieben wird (Burger 2024).
5.2 Was für Konsequenzen hat es kulturell, dass Influencer und Celebrities dafür Werbung machen?
Doch nicht alle Influencer und Social Media Creator machen nur Werbung für diese Medikamente. Ein Youtuber, welcher regelmäßig auf die Gefahren und Nebenwirkungen von Ozempic hinweist, ist ObeseToBeast. Der YouTuber betreibt seinen Channel seit vielen Jahren und hat selbst erhebliche Gewichtsverluste erzielt. Er nutzt seine Plattform, um über verschiedene Themen im Zusammenhang mit Gewichtsverlust aufzuklären und hofft, durch seine Reichweite eine realistische Sichtweise auf diese Medikamente vermitteln zu können. D’Angelo Wallace, ein bekannterer Youtube Kanal, veröffentlichte vor einem Monat ein kritisches Video zu dem Thema hoch, das bereits 1,5 Millionen Aufrufe erzielt hat.
Leider werden die Medikamente häufig unreflektiert von Influencern beworben. Unter dem Hashtag #Ozempic findet man auf Instagram über 190.000 Beiträge, auf TikTok gibt es fast 87.000 Videos zu dem Thema und auch auf X gibt es zahlreiche Beiträge zu dem Thema. Ozempic ist mittlerweile, gerade in den USA, so ein großes Thema, dass es sogar von Serien wie SouthPark thematisiert wird. In der Episode “The End of Obesity” thematisiert, wie das amerikanische Gesundheitssystem mit dem Medikament umgeht.
Die Nachfrage nach diesen Medikamenten so hoch, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine offizielle Warnung vor gefälschten Medikamenten veröffentlicht hat. In dem Update des BfArM wird aber auch deutlich, dass die Fälschungen aufgedeckt wurden. Dieses Beispiel verdeutlicht die schwerwiegenden Konsequenzen einer extrem erhöhten Nachfrage. Die Verwendung gefälschter Medikamente kann nicht nur gesundheitsschädlich, sondern auch tödlich sein.
Es entsteht der Eindruck, dassi Gewichtsreduktion problemlos und ohne Nebenwirkungen erreichbar sei, wenn man Zugang zu diesen Medikamenten hat. Prominente wie Kelly Osbourne verstärken zudem ein Klassenbild, welches den Eindruck verstärkt, diese Medikamente seien aufgrund ihres Preises elitär, also ein Ausdruck von Reichtum und Luxus. Mit Aussagen wie der, dass Kritiker der Medikamente diese entweder heimlich nehmen würden, oder nur neidisch seien, dass sie sich diese nicht leisten können (Schultz 2024), verstärkt sie ein klares Klassenbild, das Adipositas weiter stigmatisiert. Solche Aussagen fördern einen unreflektierten Umgang mit diesen Medikamenten und vermitteln den Eindruck, es gäbe keine Nebenwirkungen.
Nachdem in den letzten Jahren die Body-Positivity-Bewegung von Influencern propagiert wurde, kehrt sich dieses Ideal nun ins Gegenteil um. Schlank sein um jeden Preis wird wieder zum Schönheitsideal. Wenn normalgewichtige Berühmtheiten Abnehmspritzen verschreiben lassen, die eigentlich zur Behandlung von schwerer Adipositas oder Diabetes gedacht sind, beeinflusst dies das Selbstbild von Jugendlichen und jungen Erwachsenen negativ. Es entsteht der Eindruck, dass Dünnsein der einzig erstrebenswerte Wert sei und das Erreichen dieses Ziels nur eine Frage des Geldes sei. Über die negativen Folgen wird vorwiegend geschwiegen, und diejenigen, die sich kritisch äußern, werden teilweise öffentlich von anderen Prominenten angegriffen.
Fazit
Die Diskussion um die Diabetes-Spritze zeigt deutlich, dass es sowohl begeisterte Befürworter als auch skeptische Kritiker gibt, die die Behandlungsmethode aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Einerseits wird die Spritze als potenziell revolutionäres Mittel zur Bekämpfung von Adipositas und Diabetes gesehen, das nicht nur körperliche, sondern auch psychische Vorteile bietet, andererseits werden die Risiken teilweise gravierend unterschätzt. Menschen, die mit Übergewicht kämpfen, könnten durch die Nutzung dieser Medikamente eine neue Chance auf ein gesünderes Leben erhalten, was wiederum das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen durch Übergewicht verursachten Gesundheitsproblemen verringern könnte. Außerdem kann ein verringertes Gewicht auch positive Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl haben, was wiederrum einen gesünderen Lebensstil weiter unterstützt. Die einfache Handhabung der Medikamente bedeutet außerdem, dass sie niederschwellig in der Anwendung, und somit auch für Menschen mit Einschränkungen wie bspw. Depressionen (die zu einer verminderten Fähigkeit Tätigkeiten auszuführen führen können), oder auch Ängsten vor sozialen Kontakten oder Ärzten, genutzt werden können.
Es gibt jedoch erhebliche Bedenken hinsichtlich des leichtfertigen Umgangs mit diesen Medikamenten. Kritiker warnen vor der unkritischen und unreflektierten Werbung für die Spritzen, insbesondere in den sozialen Medien. Dort wird oft ein unrealistisches Bild der Medikamente gezeichnet, dass die erheblichen Nebenwirkungen und möglichen Gefahren nicht ausreichend thematisiert. Prominente tragen zu diesem verzerrten Bild bei, indem sie die Medikamente als eine Art Statussymbol präsentieren, da diese als Privatrezept mit erheblichen Kosten verbunden sind. Dies führt nicht nur zu einer sozialen Ungleichheit in der Verfügbarkeit der Medikamente, sondern auch dazu, dass die ernsthaften gesundheitlichen Risiken, insbesondere die Langzeitfolgen, weitgehend ignoriert werden.
Besonders problematisch ist, dass die Langzeitwirkungen dieser Medikamente in Bezug auf die Behandlung von Übergewicht und Adipositas noch nicht ausreichend erforscht sind. Die potenziellen langfristigen Schäden, die durch hormonelle und enzymatische Veränderungen im Körper entstehen könnten, sind weitgehend unbekannt. Die Nebenwirkungen, die Patienten häufig zu Beginn der Behandlung erleben, wie Übelkeit und Erbrechen, werden oft nicht ausreichend kommuniziert, was zu einer unvollständigen Aufklärung der Patienten führt.
Angesichts dieser Bedenken ist es entscheidend, dass ein ausgewogener und verantwortungsbewusster Ansatz verfolgt wird. Es sollte nicht nur darauf geachtet werden, die positiven Effekte der Diabetes-Spritze zu kommunzieren, sondern auch die potenziellen Risiken und Nebenwirkungen ernst zu nehmen. Eine umfassende und transparente Aufklärung der Patienten über die Vor- und Nachteile der Behandlung ist ebenso wichtig wie eine strikte Regulierung der Werbung für diese Medikamente. Es müsste strengere Regulierungen geben, inwieweit solche Dinge auf den sozialen Medien beworben werden dürfen, damit nicht der Eindruck entsteht, es handle sich um eine ungefährliche Sache, die nur Vorteile mit sich bringt. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die Verfügbarkeit der Medikamente gerecht und unabhängig vom sozialen Status gewährleistet wird.
Insgesamt zeigt sich, dass die Diabetes-Spritze ein vielversprechendes Mittel im Kampf gegen Adipositas und Diabetes sein kann, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Anwendung sorgfältig und verantwortungsbewusst erfolgt. Die Balance zwischen den potenziellen Vorteilen und den möglichen Risiken muss sorgfältig abgewogen werden, um sicherzustellen, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten im Vordergrund stehen.
Zusammenfassung
Die neuen Diabetes Spritzen wie Ozempic und Wegovy stellen einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung von Typ-2-Diabetes dar und haben gleichzeitig eine bemerkenswerte Wirkung auf die Gewichtsreduktion. Diese von Novo Nordisk hergestellten Medikamente binden an GLP-1-Rezeptoren im Körper und fördern die Insulinausschüttung, wodurch der Blutzuckerspiegel besser kontrolliert wird und das Hungergefühl reduziert wird.
Die GLP-1-Medikamente haben sich als wirksam bei der Kontrolle des Blutzuckers und der Regulierung des Appetits erwiesen, weshalb sie für Typ 2 Diabetes geeignet sind. Doch die duale Funktion hat die Nachfrage nach diesen Medikamenten erheblich gesteigert, wodurch die wirtschaftliche Bedeutung dieser Medikamente erheblich gestiegen ist. Da der Markt für Diabetes Medikamente bis 2030 auf 100 Milliarden Euro anwachsen soll, kann man auch von einer steigenden Nachfrage ausgehen. Dabei wird Novo Nordisk durch diese Medikamente erhebliche Gewinne erzielen,wo zu fragen bleibt, wie man damit umgeht.
Neben den gesundheitlichen Vorteilen gibt es auch Nebenwirkungen und Herausforderungen. Obwohl die Medikamente primär zur Behandlung von Diabetes zugelassen sind, werden sie häufig off-label zur Gewichtsreduktion verschrieben, was zu Versorgungsengpässen führt. Zu beachten ist auch, dass in Deutschland diese Medikamente nur auf Rezept erhältlich sind, während in den USA die Verordnung leichter zu erhalten ist.
Die kulturellen Auswirkungen sind ebenfalls erheblich. Influencer und Prominente bewerben diese Medikamente als Wundermittel zur Gewichtsabnahme, was zu einer erhöhten Nachfrage und weltweiten Lieferengpässen geführt hat. Nicht zu vergessen sind die Langzeitfolgen und Nebenwirkungen, da die Medikamente noch relativ neu auf dem Markt sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die GLP-1-Spritzen eine wichtige Rolle in der modernen Diabetesbehandlung spielen und sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und Wirtschaft haben. Die langfristigen Auswirkungen dieser Medikamente bleiben jedoch abzuwarten.
Quellen
Kapitel 2.1
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Kapitel 2.2
Financial results and events overview - Novo Nordisk 2017-2024 Q1
https://www.catalent.com/catalent-news/novo-holdings-to-acquire-catalent/
https://companiesmarketcap.com/novo-nordisk/marketcap/#google_vignette
Kapitel 2.3
https://www.imf.org/en/Home (08.05.2024)
https://companiesmarketcap.com/novo-nordisk/marketcap/#google_vignette
https://fortune.com/europe/2024/03/05/novo-nordisks-wegovy-and-ozempic-boom-saved-denmarks-gdp-from-a-no-growth-2023/ (09.05.2024)
Kapitel 4.1
https://investor.lilly.com/ 2022-2024 Q1
Financial results and events overview - Novo Nordisk 2017-2024 Q1
https://www.healthline.com/health-news/heres-how-much-more-ozempic-costs-in-the-u-s-compared-to-other-countries# (09.05.2024)
https://www.msci.com/www/fact-sheet/msci-world-health-care-index/08721816
Kapitel 4.2
Financial results and events overview - Novo Nordisk 2017-2024 Q1
https://www.novonordisk.com/investors/stock-information/share-and-ownership-structure.html
Quellen Kapitel 1,3 & 5:
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2. @D’Angelo Wallace. „The Ozempic Olympics: Hollywood is Ruining Our Health.“ YouTube, 2024, https://www.youtube.com/watch?v=Gj5uEr0Lh-k Accessed 27 May 2024.
3. @ObeseToBeast. “The Devastating Impact of Ozempic in Pop Culture.” YouTube, 2024, https://www.youtube.com/watch?v=ZnWMO1nyvQ4&t=486s Accessed 27 May 2024.
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