Ich berichte heute frische Eindrücke von der Analystenkonferenz von Rivian ($RIVN (+2,97 %)), die ich als Zuhörer verfolgen konnte.
Gleich zu Beginn lenkte Murphy den Fokus auf die Produktionszahlen und die Zukunftspläne. Er fragte, ob die für dieses Jahr angepeilten 46.000 bis 51.000 Einheiten für R1 und EDV eine Art Dauerlauf darstellen oder ob hier noch Potenzial nach oben besteht, insbesondere angesichts der Kapazität des Werks in Normal, Illinois von rund 150.000 Einheiten und der geplanten Kapazitätserweiterung für den R23 . Claire McDonough erklärte daraufhin die strategische Entscheidung, die erste R2-Produktionslinie im Werk in Normal zu integrieren. Dies biete erhebliche Flexibilität in der Fertigung. Die aktuelle Kapazität in Normal beträgt 85.000 Einheiten für R1 und 65.000 für die kommerziellen Vans.
Durch eine Erweiterung um rund 93.000 Quadratmeter wird eine zusätzliche Kapazität von 155.000 Einheiten für den R2 geschaffen, was die Gesamtkapazität in Normal auf etwa 215.000 Einheiten erhöhen wird. Allerdings, so McDonough, können nicht alle drei Linien gleichzeitig im Volllastbetrieb laufen, aber die Flexibilität ist gegeben, um je nach Bedarf die Produktion zwischen R1, EDV und R2 anzupassen und so das Gesamtbruttoprofitpotenzial zu maximieren.
Murphy hakte nach, ob die Lackiererei der limitierende Faktor für die maximale Kapazität von 215.000 Einheiten sei und ob hier in Zukunft noch Spielraum für Erweiterungen bestehe. McDonough bestätigte, dass die Lackiererei derzeit die Hauptbegrenzung darstellt. Im zweiten Halbjahr dieses Jahres ist ein etwa einmonatiger Produktionsstopp geplant, um die Kapazität der Lackiererei zu erhöhen und das Werk für die R2-Produktion vorzubereiten. Langfristig gäbe es sicherlich Möglichkeiten für eine weitere Expansion.
Ein weiterer wichtiger Punkt war das Werk in Georgia. Murphy fragte nach dem Zeitplan und den Kapazitäten. McDonough erläuterte, dass das Werk in Georgia in zwei Phasen mit jeweils 200.000 Einheiten Kapazität aufgebaut werden soll, was eine Gesamtkapazität von 400.000 Einheiten ergibt. Der Baubeginn für die erste Phase ist für 2026 geplant, und die Produktionsaufnahme soll 2028 erfolgen.
Im Hinblick auf die Kundenbasis erkundigte sich Murphy nach dem aktuellen Profil der R1-Käufer und wie sich dies mit dem potenziellen R2-Käufer unterscheiden könnte. McDonough beschrieb den R1-Kunden als sehr wohlhabend, hochgebildet und technologieaffin. Sie schätzten das Design, die Leistungsfähigkeit und die Technologie der Fahrzeuge. Viele seien Erstkäufer von Elektrofahrzeugen oder Enthusiasten, die ein neuartiges Produkt suchten. Interessanterweise spielen Umweltaspekte bei der Kaufentscheidung eine eher untergeordnete Rolle; vielmehr überzeugen die Leistung und der Nutzwert der Fahrzeuge. Was die Markenabwanderung angeht, aus denen R1-Käufer kommen, so spiegelt dies laut McDonough breit die Marktanteile wider, also nicht nur Premiummarken oder Elektroautos, sondern auch viele Modelle von Toyota, Ford und GM. Für den R2 erwartet man einen ähnlichen breiten Mix an Umsteigern. Um die Markenbekanntheit vor dem Start des R2 zu steigern, setzt Rivian stark auf Erlebnisse und Testfahrten, wie beispielsweise bei der South by Southwest in Austin, wo 7.000 Testfahrten absolviert wurden.
Ein wichtiger strategischer Schritt ist die Expansion nach Europa. Murphy fragte nach den Plänen hierfür. McDonough betonte, dass der R2 von Anfang an für den globalen Markt entwickelt wurde und das primäre Produkt für die internationale Skalierung sein wird. Die Produktion soll in der ersten Hälfte des Jahres 2026 starten, und anschließend sollen R2-Modelle nach Europa exportiert werden, parallel zum Aufbau der Vertriebs- und Serviceinfrastruktur. Die frühen Produktionsvolumina aus Normal sollen zunächst für den Markenaufbau in ausgewählten europäischen Ländern genutzt werden, bevor mit den größeren Volumina aus Georgia die Exporte deutlich gesteigert werden.
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesprächs lag auf den Margen. Murphy fragte nach den Verbesserungen bei der zweiten Generation des R1. McDonough berichtete von signifikanten Fortschritten bei der Reduzierung der Produktionskosten pro Einheit. Im vierten Quartal 2024 betrug diese Reduktion bereits 31.000 US-Dollar, hauptsächlich durch niedrigere Materialkosten aufgrund von Design- und Engineering-Änderungen, wie der neuen Netzwerkarchitektur und dem überarbeiteten Batteriepack. Auch die Effizienz in der Fertigung wurde gesteigert, was zu geringeren Arbeits- und Gemeinkosten pro Einheit führt.
Ein wichtiges Ziel ist das EBITDA-Breakeven im Jahr 2027. Murphy fragte nach den wichtigsten Faktoren, die zu diesem Ziel führen sollen. McDonough hob hervor, dass der R2 nicht nur durch seine eigenen attraktiven Stückkosten profitiert – die Materialkosten sollen weniger als 50 % des R1 betragen und die Produktionsliniengeschwindigkeit deutlich höher sein –, sondern auch positive Auswirkungen auf die Margen der bestehenden Produkte R1 und EDV hat, da die Fixkosten durch die höheren Produktionsvolumina besser absorbiert werden. Darüber hinaus erwartet Rivian ein signifikantes Wachstum im Bereich Software und Services sowie eine moderate Steigerung der SG&A-Kosten.
Ein zentraler Punkt war die strategische Partnerschaft und das Joint Venture mit Volkswagen. Murphy fragte nach den Finanzierungsmechanismen und Meilensteinen. McDonough erläuterte, dass der Gesamtwert des Deals 5,8 Milliarden US-Dollar beträgt, von denen bereits 2,3 Milliarden US-Dollar geflossen sind. Weitere Tranchen sind an finanzielle Meilensteine (zwei positive Quartale beim Bruttogewinn), Entwicklungsmeilensteine (positive Wintertests für VW-Fahrzeugprogramme Anfang 2026), eine zeitgebundene Zahlung in Form von Fremdkapital (1 Milliarde US-Dollar im Oktober 2026) und eine weitere Zahlung bei Markteinführung von VW-Fahrzeugen mit der JV-Technologie (oder zeitgebunden im Januar 2028) geknüpft.
Angesichts der aktuellen Diskussionen über Zölle fragte Murphy nach potenziellen weiteren Kooperationsmöglichkeiten mit VW, beispielsweise im Bereich der Auftragsfertigung. McDonough betonte, dass der Fokus zunächst auf dem erfolgreichen Start des JVs und der Integration der Technologie in den R2 liegt, aber zukünftige weitere Partnerschaften mit dem VW-Konzern seien durchaus denkbar.
Murphy fragte weiter nach der Preiselastizität der Nachfrage und ob es Möglichkeiten gäbe, durch höherwertige Produktvarianten höhere Preise zu erzielen und so potenziell gestiegene Kosten auszugleichen. McDonough wies darauf hin, dass viele Kunden die Top-of-the-Line-Modelle von Rivian nachfragen (Max Pack, Tri-Motor) und dass 2025 eine nächste Generation des Quad-Motor-Antriebs mit noch höherer Leistung eingeführt wird, was die Möglichkeit bietet, den durchschnittlichen Verkaufspreis (ASP) weiter zu steigern. Allerdings gäbe es auch preisbewusste Kunden, die sich für die Basismodelle interessieren.
Hinsichtlich der Finanzierung und des Weges zur Selbstfinanzierung fragte Murphy, ob nach den Kapitalzuflüssen von VW und potenziellen DOE-Darlehen in naher Zukunft weiterer externer Kapitalbedarf bestehe. McDonough erklärte, dass Rivian zum Ende des vierten Quartals über rund 7,7 Milliarden US-Dollar an liquiden Mitteln verfügte, zusätzlich zu den erwarteten 3,5 Milliarden US-Dollar von VW und potenziellen 6,6 Milliarden US-Dollar aus dem DOE-Darlehen. Dies ergäbe ein potenzielles Kapital von knapp 18 Milliarden US-Dollar. Man werde die Kapitalmärkte aber weiterhin opportunistisch beobachten. Einen konkreten Zeitrahmen für einen positiven Free Cashflow nannte McDonough noch nicht, dies sei stark von den Produktionsvolumina in Georgia abhängig.
Fazit:
Die Analystenkonferenz hat ein klares Bild der aktuellen Situation und der zukünftigen Pläne von Rivian gezeichnet. Das Unternehmen hat mit seinen Produkten überzeugt und steht mit dem R2 vor einem entscheidenden Schritt zur Skalierung und zum Erreichen einer breiteren Käuferschicht. Die Partnerschaft mit VW birgt enormes Potenzial, sowohl technologisch als auch finanziell. Allerdings stellen die Herausforderungen beim Hochlauf der Produktion, die Unsicherheiten in der globalen Wirtschaft und die potenziellen Auswirkungen von Zöllen weiterhin Risiken dar.
Ich hoffe, diese Zusammenfassung gibt euch einen guten Überblick über die wichtigsten Punkte der Konferenz!