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Indien als Markt Teil 2: Die Top 3 indischen Unternehmen


Hallo Leute,


gemäß Abstimmung haben wir heute das Thema der Topperformer Indiens vor uns. Bevor wir starten allerdings wie immer mein Disclaimer.



Disclaimer: Dies ist keine Anlageberatung. Es ist auch keine Aufforderung zum Kauf / Verkauf von Finanzprodukten. Ich schildere hier lediglich meine eigene Meinung. Ihr habt eine eigene Verantwortung gegenüber euren Investments. Also übernehme ich auch keine Haftung.


Damit wir alle vom gleichen Punkt aus starten, schlage ich folgenden Teil 1 vor:


RELIANCE INDUSTRIES LTD ($RELIANCE) als größtes privates Unternehmen Indiens


Teil 1: Vorstellung RELIANCE in Zahlen, Daten und Fakten


RELIANCE in Zahlen, Daten und Fakten


Die Reliance Industries Limited als Unternehmen greifbar zu machen ist in diesem Fall relativ komplex - meiner Meinung nach kann man RELIANCE am ehesten mit einem fliegenden Händler mit 6 Kernproduktthemen vergleichen. Neben Konsumgütern und digitalen Dienstleistungen, betreibt RELIANCE auch gewerbliche Unterstützung rund um Finanzthemen und verdingt sich überdies auch im Telekommunikationssektor. Der Konzern stützt sich somit auf mehrere Standbeine individuell stark und versucht sich an Diversifikation, die auch im Alltag eines fast jeden Inders greifbar ist: Der Reliance Markt (vgl. (1), (2)).


Der Reliance Markt folgt meiner Auffassung nach der gleichen Strategie wie der Konzern RELIANCE an sich. Dieser Supermarkt soll via einem dicht besiedelten Netz an Supermärkten hohen Zugang ermöglichen, aber zugleich preisgünstig und sortimentsmäßig diversifiziert sein. Keine leichte Aufgabe, denn Reliance Retail betreibt 15.196 Supermärkte in Indien und ist in 7.000 Städten präsent. Würde man die gesamte Verkaufsfläche sämtlicher RELIANCE Stores verbinden, käme man auf 3,86 Millionen Quadratmeter (vgl. (1), (2), (3)). Jetzt aber der Trick: In Indien ist es gar nicht mal so üblich in diesen Geschäften einkaufen zu gehen. Stattdessen dienen sog. Kirana Stores dazu, sich mit dem benötigten einzudecken. In Konsequenz führt dies zu einer Abwanderung von Kapital Richtung kleinerer Händler weg von den RELIANCE Stores.


Ja dann gönn den kleinen Händlern doch ihr Geld.


Man muss sich hier schnell lösen von der Vorstellung riesiger Konzerne, die den Markt dominieren und quasi alles für sich haben können. Indien ist (wie auch in meinem ersten Beitrag zu Indien festgehalten) eine ganz andere Welt hinsichtlich Städtebau, Logistik, Kultur und entspricht ggf. nicht der Erwartung, was man von dem zukünftig jüngsten Emerging Market der Welt halten würde.


Ja - Indien hat ein Schulsystem. Ja - Indien hat bedeutende Industrien.


Der Lebensmittelsektor zählt nicht dazu.


Konkret gehen 92% - Ja, richtig gelesen: ZWEIUNDNEUNZIG PROZENT - an die Kirana Stores, während sich die Riesenketten um die 8% bekämpfen dürfen. Was wie der Traum eines Antikapitalisten klingt, hat leider eine etwas traurige Begründung: Es geht gar nicht anders (vgl. (4), (5)).


Was ist überhaupt ein Kirana Store?


Ich würde am ehesten den Vergleich zu einem Tante Emma Laden wählen, heißt:

  • Wenig Verkaufsfläche
  • Eingeschränktes Sortiment
  • Fokus auf regionale Produkte
  • Feilschen und minutenlanges Verhandeln gehört zum guten Ton
  • Steuern sind hier eher lange Zeit schmuckes Beiwerk gewesen und mehrheitlich eher nicht bezahlt worden
  • Theoretisch ist es möglich anschreiben zu lassen. Also den Einkauf später zu zahlen.
  • Ohne Kreditkarte


Wir verstehen also, dass in Deutschland derartige Läden in den 50ern bis heute fast komplett verdrängt worden sind. Warum aber nicht im Emerging Market Indien?


Indien zeichnet sich in der Regel nicht gerade durch einen funktionierenden bzw. attraktiven ÖPNV aus. Oftmals gibt es keine Verbindungen zwischen mehreren Orten, sodass man ohne Auto nicht kann. Beachtet man, dass nur ca. 1% der Inder ein Auto besitzen, so wird diese Aufgabe nicht gerade einfacher. Hinzu kommt, dass oftmals Stromausfälle die Lagerung von zu kühlenden Waren sinnlos machen.


Daraus folgt, dass die meisten Bürger gar nicht aus ihrem Dorf in die größeren Metropolen kommen bzw. größere Einkäufe transportieren können. Da bringt RELIANCE auch die Auszeichnung als größtes (vom Filialnetz gemessen) Retailunternehmen 2013 nichts (vgl. (5), (6))


Ja - kaum Infrastruktur. Ja - kaum erschwingliche Mobilität. Ja - Stromausfälle.


Galant kommentiert das den (Alp)Traum von E-Mobilität in den Schwellenländern. Da das nicht Thema dieses Beitrags werden soll, verweise ich auf meine Beiträge zu BMW und der E-Mobilität.


Was hat der Retail Sektor von RELIANCE aber als Teil der 4 Sektoren mit diesen gemeinsam?


Richtig - Sie sind nicht Hauptgeschäftsfeld von RELIANCE und zählt man ihren Anteil am Umsatz zusammen, so kommt man auf 41,3% Umsatzanteil. Richtig: 58,7% entfallen in Summe auf die übrigen 2 Gebiete (vgl. (1)). Welche sind das?


Die Hauptkategorie besteht in der Verarbeitung von Erdölprodukten. Dabei kommen insbesondere Flüssiggas, Propylen, Benzin Kerosin etc. zu tragen, wobei auch Petrochemikalien eine bedeutende Rolle zukommt. Auch diese Produkte haben gemeinsam, dass ihr Absatz am Beispiel Benzin (Autoverkehr u.a.) sowie Kerosin (Flugzeugtankstoff) legitimiert ist. Allerdings sind es eben diese Produkte, die auf absehbare Zeit an Volumen einbüßen werden. Daher bietet sich aus meiner Sicht eine profunde Analyse der vorliegenden Aktie an (vgl. (1), (2)).


Kann das seit 2004 im FORTUNE 500 gelistete Unternehmen hier überzeugen?


Ein Blick auf die Website eröffnet uns bereits ein buntes Paket an Auszeichnungen wie die Zugehörigkeit zu den FORTUNE 500.


Sieht man sich jedoch die Umsätze (und vor allem deren Entwicklung) an, so stellen sich wesentliche Probleme ein. Zum einen expandiert RELIANCE aufgrund von Umsatzwachstum stark.


Das ist schön.


Allerdings sind die Kernbereiche meiner Meinung nach stark an den Öl- und Gassektor angelehnt, was sich insbesondere durch die direkte Benennung der Tätigkeit „Oil to Chemicals“ und „Oil and Gas“ zeigt. Alle anderen Kategorien sind sehr allgemein betitelt und hören auf stilistisch klare Bezeichnungen wie „Retail“, „Andere“ und die angesprochenen digitalen und finanziellen Dienstleistungen. Dies demonstriert nahezu perfekt die Schwerpunktsetzung dieses Konzerns.


Das ist nicht so schön.


Kann man bereits jetzt ein Zwischenfazit vor der eigentlichen quantitativen Aktienbewertung ziehen?


Das kann man - und das sogar ziemlich deutlich. Die bestehende Umsatzstruktur sieht vereinfacht wie folgt aus (vgl. (1)):


  • Wachstum von 2021 zu 2022
  • Öl und Chemikalien: +58,85%
  • Einzelhandel: +27,63%
  • Andere: +56,41%
  • Digitale Dienstleistungen: -12,05%
  • Öl und Gas: 210,58%
  • Finanzdienstleistungen: -30,55%


Theoretisch könnte ich diese Umsatzzahlen unkommentiert hier stehen lassen. Wir sehen hier eindeutig, dass der Expansionskurs RELIANCEs vom Ölsegment am meisten getragen werden. Der Einzelhandel verzeichnet ein eher moderates Wachstum von 27,63%.


Warum ist das problematisch?


Ich sehe die Abhängigkeit zu fossilen Brennstoffen bzw. Öl als tendenziell archaisch an. Es wird in absehbarer Zeit nicht mehr zu den High Performern meiner Meinung nach zählen. Alleine der Ausblick auf Wasserstoffbusse und -LKWs, dem Bio-Diesel aus wahlweise Algen oder gebrauchtem Frittenfett (und ja auch diesen weniger komplexen E-Motoren) stellen die Zukunft dieser Geschäftsfelder auf die Probe. Es ist für mich daher kurz- bis mittelfristig interessant.


Aber ich habe nicht ohne Grund viel Zeit auf den Retailsektor verwendet. Es muss klar sein, dass dieses Standbein von RELIANCE für mich auf strukturellen Nachteilen basiert und die aktuelle indische Kultur eine Weiterverbreitung dieser Diversifikation erstmal erschweren wird bevor dieses Business die starke Abhängigkeit zu Öl und Gas reduzieren können wird.


Im Endeffekt zeigt sich, dass RELIANCE durchaus ein interessanter Konzern ist. Lobeshymnen vom Management wie bei (7) enthalten, sind für mich dennoch fehl am Platze. Die langfristige Perspektive ist mir aktuell nicht gesichert genug. Daher halte ich eine Aktienanalyse zwar für sinnvoll, würde mir dieses Unternehmen isoliert aber nicht langfristig ins Portfolio legen (vgl. (7)).


Ich hoffe euch hat mein erster Beitrag zu RELIANCE gefallen! Wollt ihr die Aktienanalyse hierzu sehen? Oder lieber direkt zum nächsten Unternehmen?


Schreibt es mir gerne in die Kommentare!


Falls euch statt Öl nach Zigaretten interessiert, schaut gerne bei meinem BAT Update vorbei!



https://youtu.be/6dVYwKBbr3Q


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Quellen


(1) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/RELIANCE-INDUSTRIES-LTD-9058833/unternehmen/

(2) https://www.wallstreet-online.de/nachricht/15416381-aktien-blick-oel-raffinerien-knappes-angebot-starke-margen-morgan-stanleys-top-picks

(3) https://relianceretail.com/reliance-market.html

(4) https://www.ril.com/TheRelianceStory.aspx

(5) https://www.vallee-partner.de/blog/unorganisierter-handel

(6) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/321303/umfrage/filialen-der-fuehrenden-unternehmen-im-lebensmittelhandel-in-indien/

(7) https://www.livemint.com/market/stock-market-news/reliance-industries-shares-firing-on-all-cylinders-brokerage-sees-strong-upside-on-ril-stock-11676945612370.html

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8 Kommentare

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Danke dir! 👍

@ccf
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