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RELIANCE INDUSTRIES LTD (RELIANCE) als größtes privates Unternehmen Indiens


Teil 2: Aktienanalyse zu $RELIANCE


Hallo zusammen,


wie ihr es euch gewünscht habt, kommt heute die Analyse zu RELIANCE mit Fokus auf der Aktie. Bevor wir starten wie immer aber mein Disclaimer zuerst.


DISCLAIMER: Dies ist keine Anlageberatung. Es ist auch keine Aufforderung zum Kauf / Verkauf von Finanzprodukten. Ich schildere hier lediglich meine Meinung und ihr habt eine eigene Verantwortung gegenüber euren Investments. Also übernehme ich auch keine Haftung.


Bevor ihr dies hier liest, solltet ihr ggf. den ersten Teil zu RELIANCE lesen. Andernfalls kommt ihr hier vielleicht nicht mit. Hier der Link zu Teil 1 sowie einem weiteren Unternehmen mit "interessanter" Dividendenpolitik:


https://youtu.be/nucPgk-_Mb0



https://app.getquin.com/activity/oBHNOmzrZY?lang=de&utm_source=sharing




Starten wir mit einem einfachen Blick auf die Umsätze. Es wird erwartet, dass die Umsätze von 2023 105 Mrd. Euro betragen wird. In 2024 sind wir lt. Analysten bei 109 Mrd. Euro. Es ergibt sich ein Wachstum von (vgl. (3)):


1-(109 Mrd. € / 105 Mrd. €) = 3,8%


Umsatzseitig steigen die Einnahmen also, allerdings ist der Umsatz nicht als Gewinn definiert nur als Zusammenfassung von abgesetzter Menge mit ihren Preisen. Es wird keine Aussage getroffen zu den wirklichen Nettomargen, Gewinnen etc (vgl. (2)).


Vergleichen wir daher Umsatz und Nettomarge von 2023. Lt. (3) sehen wir einen Umsatz von 9.284,940 Mrd. indischen Rupien (105,15 Mrd. Euro) und erkennen eine Nettomarge von 7,67%. Was heißt das?


Aus den 9.284,940 Mrd. indischen Rupien erwarten wir ein Nettoergebnis von 712,052 Mrd. IR, sodass bei Division des Nettoergebnisses mit dem Umsatz eine Nettomarge von gerundet 712 Mrd. IR / 9.284 Mrd. IR = 7,67% entsteht. Somit wissen wir, dass bei RELIANCE im Jahr 2023 7,67% des Umsatzes als Nettoergebnis übrig bleiben werden. Dies ist eine sehr wichtige Kenngröße, denn sie beurteilt die Profitabilität des Umsatzes (vgl. (1), (3)).


Leider zeigt sich bei genauerem Hinsehen eine eher negative Beurteilung des Jahres 2023, da die Nettomarge bei den erwähnten 7,67% liegt und im Zeitraum 2021-2025 das relative Minimum darstellt. Daraus schlussfolgere ich auf weniger Produktivität. Natürlich kommen jetzt auch Fragen in den Raum, warum ich die Umsatzrendite nicht weiter beachte.


Die Umsatzrendite liegt nämlich im Gegensatz zu der Nettomarge stabil bei 11,4% und unterschreitet den Vorjahreswert nur minimal um 0,1%. Sicherlich keine uninteressante Kenngröße, jedoch interessiert mich als Investor vor allem das Ergebnis unter dem Strich nach Abzug ALLER wesentlichen Kostenfaktoren. Der Faktor des Nettoergebnisses gibt mir hierzu mehr Aufschluss als ein bloßes EBT (Earnings Before Taxation - Ergebnis vor Steuern).


Wir sehen bisher also, dass 2023 als tendenziell weniger produktives Jahr in die Bücher erwartet eingehen wird. Jetzt ist natürlich wichtig zu schauen, dass die finanzielle Sicherheit des Unternehmens gewahrt bleibt. Ein erster Hinweis darauf liefert uns die Free Cashflow Conversion Rate (vgl. (4)), denn diese setzt den Anteil des frei verfügbaren Geldes (für Dividenden, Investments, Gehaltssteigerungen etc.) ins Verhältnis zum EBITDA. Es ergibt sich also ein Hinweis, wie viel Geld aus dem EBITDA wirklich frei dem Unternehmen zur Verfügung steht (vgl. ebd.)


Warum ist das wichtig?


Im Wesentlichen ist es deswegen entscheidend, da bei einem Anstieg kurzfristiger Verbindlichkeiten die Begleichung der Schulden zwingend erforderlich werden kann bzw. bei langfristigen Verbindlichkeiten die entstehende Zinslast durch vorzeitige Ablöse reduziert werden kann.


Betrachten wir RELIANCE, so zeigt sich die enorme Wichtigkeit dieses Gedankengangs. Die FCF-Conversion Rate wird als negativ angenommen. Konkret liegen wir lt. Marketscreener bei -17,9%. Da das EBITDA mit 1.423,412 Mrd. IR als positiv angenommen wird, kann nur der Free Cashflow negativ sein. Ein Blick auf (1) eröffnet uns eben dies - der FCF ist mit - 254,411 Mrd. IR negativ. Das bedeutet, dass erwartet wird, dass RELIANCE in 2023 kein neues frei verfügbares Geld im FCF haben wird. Das ist tendenziell vor dem Hintergrund einer angegebenen Dividende von 8,76 IR kritisch. Auch wenn dies nur 0,10€ sind, so können diese nicht aus dem FCF bezahlt werden.


Interessiert uns die gesamte Last aus dieser Dividende, so bietet sich die Multiplikation der ausgegebenen Aktien mit dieser Dividende pro Aktie an. Zur Vereinfachung nehmen wir dafür an, dass wirklich jede Aktie auch dividendenberechtigt ist. Es ergibt sich eine Dividendenlast von:


  • 6.352.660.000 Aktien * 0,1 = 635.266.000 €


Somit könnte die Dividendenlast bei 0,635 Mrd. € liegen. Halten wir nochmal den Umsatz dagegen, so ergibt sich eine Belastung von:


  • 0,635 Mrd. € / 10,53 Mrd. € = 6,03% Belastung auf den Umsatz


Tendenziell scheint mir das verschmerzbar zu sein. Weniger schön ist die zusätzliche Belastung durch die Nettoverschuldung, die konstant über Jahre hin nicht abgebaut worden ist und um die 2.179.595 Millionen IR bis 2.301.270 Millionen IR lag. Wir können also nicht wirklich beobachten, dass sich die absolute Zahl an Verbindlichkeit wirklich reduziert. Auch der Schuldenhebel (Leverage) als Ergebnis aus Schulden / EBITDA weißt zwar auf weniger Schulden verglichen mit dem EBITDA hin, dennoch fällt aber die absolute Verbindlichkeit nicht und steigt stattdessen sogar moderat an (vgl. (1)).


In diesem Kontext wird erwartet, dass RELIANCE ab 2024 wieder einen positiven FCF erwirtschaften können wird. Auch der RoE soll von 7,82% (2022) auf bis zu 9,24% (2024) steigen. Grundsätzlich wünschenswert und vor dem Hintergrund der massiven Zunahme des Eigenkapitals sicherlich auch ein denkbarer Weg. Allerdings ist hier viel guter Wille eingepreist und gerade die für die Öl- und Gasindustrie so wichtige Forschung via CAPEX-Ausgaben nimmt leider absolut wie relativ bedeutend ab (vgl. (1), (3)):


  • 1.001.450 Mio. IR (2022) mit CAPEX / UMSATZ 14,3%

Vs.

  • 1.022.598 Mio. IR (2025) mit CAPEX / UMSATZ 9,94%


Ich achte bewusst auf diese Forschungsausgaben, da wie im ersten Teil geschildert, kann das RETAIL-Standbein von RELIANCE leider nicht auf feste Vertriebsstrukturen zurückgreifen. Lest gerne auch nochmal diesen Beitrag.


Was bleibt nun von der ganzen Analysiererei?


Wie viele wissen, mache ich auf Getquin und YouTube hauptsächlich Content um Dividenden, REITs, Value Aktien etc. die jetzt oder in absehbarer Zeit vielleicht interessante Kandidaten für Dividendenausschüttungen werden können. Dafür sind mir folgende Punkte besonders wichtig:


  • Berechenbares Umsatzgeschäft (d.h. zyklischer Einfluss wenn überhaupt dann nur berechenbar)
  • Hohe Markteintrittsbarrieren (d.h. Markenmacht, breite Streuung des Unternehmens in Submarken)
  • Das Unternehmen verfolgt eine VERSTÄNDLICHE und zum Markenprodukt passende Dividendenstrategie (HUST Looking at you Intel HUST)


Nehmen wir das zur Kenntnis und schauen uns den Cashflow pro Aktie sowie den Buchwert pro Aktie an, so erhalten wir nützlichen Input zu dem, was wir an der Börse da kaufen. Während der Buchwert je Aktie steigt, fällt der Cashflow pro Aktie von 238 auf 202 IR. Das ergibt eine Reduktion potentieller Dividendenmasse von:


1 - 202/238 = 15,12 %


Berechnen wir aus purer Nettigkeit den Wert der Aktie von RELIANCE via Graham Formeln, so ergibt sich bei einem Wachstum von 10.292.424 Mio. IR in 2025 ausgehend von 9.284.940 Mio. IR in 2023 folgendes theoretisches Wachstum:


((10292424/9284940)^(1/3))-1 = 3,49%


Ein Vergleich mit dem breiten indischen Ölmarkt zeigt ein allgemeines Wachstum von im Mittel 17,2% pro Jahr auf - ABER ist dies eine allgemeine Schätzung. RELIANCE hat mehrere Teilbranchen in sich, sodass sowohl der Refining- als auch die Öl/Gas-Exploration in die Bewertung miteinfliessen muss.


Was soll das Detail?


Das voraussichtliche Wachstum dieser Bereiche liegt bei Refining in Indien bei 22% Wachstum und bei der Exploration bei -12%. Aus diesem Grund möchte ich das Wachstum auf die 3,49% taxieren (vgl. (6), (7)). Wir erhalten:


EPS * (8,5 + 2 * Wachstumsfaktor) = 105 * (8,5+2*3,49) = 1.625,40 IR


Für den maximalen Kaufpreis komme ich auf:


=(22,5*105*1251])^(1/2) = 1719,15 IR


Die Aktie soll kosten: 2.378,90 IR


Das ergibt für mich eine leichte Überbewertung von:


1-(2.378,90 / 1.625,40) = 46,36%


Bzw.


1-(2.378,90 / 1.719,15) = 38,38%



Das spricht tendenziell nicht für den Value bzw. Dividendencharakter der Aktie.


Weiterhin zeigt uns das KBV an, dass wir aktuell noch circa das 2-fache des Buchwerts je Aktie Einpreisen - mit welcher qualitativen Begründung?


Wir können also jetzt schon absehen, dass das Unternehmen ggf. nicht die stabilsten Zukunftsaussichten erfüllt. Umsatz, EBITDA und Nettoergebnis mögen steigen, aber ich sehe aktuell für mich keinen Grund hier zwanghaft einsteigen zu müssen. Mir sind insbesondere die folgenden Punkte unklar:


  • Welche Maßnahmen werden gegen den Produktivitätsabfall getroffen?
  • Wodurch sollen zukünftig die RELIANCE-Stores konkurrenzfähig werden zu den Kiranaläden?
  • Wohin soll die Reise mit der Dividende gehen? Sie liegt gerade bei unter 0,36%
  • Welche Alternative wird zum weggbrechenden Ölgeschäft schwerpunktmäßig verfolgt?


Solange der Expansionskurs derart unausgewogen gefahren wird, ist RELIANCE für mein Dividendenportfolio nicht interessant.


Grundsätzlich handelt es sich aber schon um einen interessanten Titel der Emerging Markets - allerdings ist er für meine Anlagestrategien des Dividenden/Value - bzw. Techportfolios irrelevant. Die positiven Analystenschätzungen beziehen allerdings andere Investmentstrategien mit ein und bewerten RELIANCE langfristig nach anderen Gesichtspunkten als ich das tue. Ein Blick auf 2021 zeigt aber deutlich, dass das Marktsentiment der Analysten damals schon weitaus weniger positiv war als es das heute der Fall ist (vgl. (1), (7)).


Es handelt sich somit eher um eine spekulative EM-Wette, die wie angeführt nicht zu meinen Interessen passt. Weder wird mir eine ansprechende Dividende geboten, noch erkenne ich einen transparenten Transformationsprozess.


Wie seht ihr RELIANCE? Seid ihr investiert? Sehe ich es richtig oder zu streng? Schreibt es mir gerne in die Kommentare.


Falls euch ein weiteres Unternehmen mit aus meiner Sicht dubioser Dividendenpolitik interessiert, dann schaut gerne bei meinem Intel Update zu meiner Aktienanalyse vorbei!



P.S. : IQ 5.000 wer die Wahl des GIFs versteht.


Euer Bass-T


#indien
#reliance
#etfs
#dividende
#aktienanalyse


Quellen

(1) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/RELIANCE-INDUSTRIES-LTD-9058833/

(2) https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/umsatz-48634

(3) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/RELIANCE-INDUSTRIES-LTD-9058833/fundamentals/

(4) https://www.wallstreetprep.com/knowledge/free-cash-flow-conversion-rate-fcf/

(5) https://exporo.de/wiki/return-on-equity/

(6) https://simplywall.st/markets/in/energy/oil-gas

(7) https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/RELIANCE-INDUSTRIES-LTD-9058833/analystenerwartungen/

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11 Kommentare

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Danke für den Beitrag, machst du auch mal einen Beitrag zu Intel auf Getquin?
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Top danke 😊👍 @ccf
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Cool, mein Vorschlag hat gewonnen 😎
Dankeschön für den Beitrag 😊👍
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@ccf top, auch der erste Teil dazu, vielen Dank!
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Super Beitrag 😀. Was bedeutet 8,5 und 2 in der ersten Klammer in der Formel „ EPS * (8,5 + 2 * Wachstumsfaktor) = 105 * (8,5+2*3,49) = 1.625,40 IR“ ?
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