+++ (k)Eine Anleitung zum Geldwaschen+++ oder: Keine Angst vor dem GwG beim Edelmetallhandel +++
(aus der Reihe: Deine Frage zu Edelmetallen; Wissen macht Ah!)
Bei keinem Thema spalten und erregen sich die Gemüter mehr, als beim Kauf von Edelmetallen und der möglichen Identifikation der Käufer.
(Auch ich störte mich leider letztes Wochenende zu leicht an einen in meinen Alltag als Edelmetallhändler ständig vermittelter Irrtümer zum Thema, Sorry dafür!
)
Von Meldepflichten gegenüber Behörden, von Registrierungen bei Papa Staat bis hin zu Nachweispflichten beim Finanzamt begegnen dabei mir und meinen Kollegen und Kolleginnen in der Branche täglich diese und noch andere haarsträubende Gruselgeschichten nach Orwells 1984 Vorbild.
Das es sich dabei jedoch etwas anders darstellt und alles nur halb so heiß gegessen wird, wie es gerne hochgekocht wird - davon handelt dieser Beitrag.
TL;DR:
Das Geldwäschegesetz ist das „Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“. Es beinhaltet verschiedene Instrumente der Überwachung, beim Edelmetallkauf ist es jedoch weniger auf einzelne Personen und deren Investitionen ausgelegt, sondern dient als Mittel der Überwachung gegenüber „schmutzigem Geld“.
Achtung: Lange Lesezeit. Hol dir ein Glas Wasser. Das Thema ist trocken, aber ich versuche es wie gewohnt zu würzen und verdaulich zu schreiben.
Was ist das Geldwäschegesetz?
Das nationale Geldwäschegesetz (kurz: GwG) der Bundesrepublik hört auf den sperrigen Namen: „Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“. Geldwäsche im Sinne des vorliegenden Gesetzes ist eine Straftat nach §261 StGB [Quelle 1].
Im Gesetz wird auch der Begriff der Terrorismusfinanzierung erläutert und die Wirkung zur Verbeugung gemäß des Strafgesetzbuches und der europäischen Rahmenbeschlüsse zur Vermeidung der Terrorfinanzierung angebracht.
Kurzer Abriss über die Geschichte des Geldwäschegesetzes:
Die Geschichte des GwGs reicht dabei etwa 40 Jahre zurück. Erste gesetzliche Schritte wurden hierzu in den USA im Jahre 1986 mit dem „Money Laundering Controll Act“ eingeleitet, welches erstmals den Strafbestand der Geldwäsche umfasste.
In Europa gab es dergleichen mit der ersten EG-Geldwäscherichtlinie 1991 (91/308/EWG). Hier beginnt auch die Geschichte der deutschen Rechtsprechung zum Thema Geldwäscheprävention. Denn darauf, und hier wird es entscheidend für später, fußt jede weitere nationale Strategie der Vermeidung von Geldwäsche in der BRD.
1997 brachte der Europäische Rat die zweite Richtlinie zu Vermeidung von Geldwäsche an den Start, welche gemeinsame Maßnahmen und Ermittlungsebenen auf überstaatlicher Grundlagen schaffte.
Im Jahr 2019 und folgend erfolgte eine Verschärfung der bestehenden Richtlinien, welche speziell auf das Thema Terrorismusfinanzierung abzielt. Es war bis dato bereits die fünfte Ausarbeitung der Leitlinien des heutigen Geldwäsche und gibt seit 2020 der Administrativen Kontrollinstanz auf EU-Ebene weitreichende direkte Aufsichtsbefugnisse sowie Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahmen an die Hand.
Wie man Geld wäscht…
Es hängt doch ganz entscheidend von der Beschaffenheit der Scheine und Münzen ab. Kunststoff lässt sich händisch besser waschen, als Baumwollscheine… die aber nur bei 60 Grad. Kurzer Spaß am Rande… natürlich geht es hier nur bedingt ums Waschen selbst. Aber in der Tat kommt das „Waschen von Geld“ schon der Reinigung, dem Ablösen von Dreck an Geld, sehr nah. Der Dreck ist eine entsprechende Straftat, ob räuberisch oder erpresst, durch illegale Aktivitäten wie Menschenhandel, Schmuggel, verbotene Prostitution, verbotenes Glücksspiel, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit oder auf andere gesetzwidrige Weise erworbene Geldmittel, welche durch Einbringen in das Finanzsystem (bargeldlos oder Bargeld ist dabei irrelevant) nicht identifizierbar und somit augenscheinlich reingewaschen wird. Einmal im Umlauf, kann dieses Geld nicht mehr eindeutig nach seinen Ursprung verfolgt werden. Wenn dann die dazu gehörigen Unterlagen, wie Quittungen oder andere Belege (in Form von Zeugen oder Hinweisen zu den vorausgegangen Straftaten) verschwinden, so ist das Ziel des „Waschen von Geld“ erreicht. Schätzungsweise über 100 Mrd. Euro werden allein jedes Jahr in Deutschland gewaschen. [Quelle 2]
Weiße Wäsche kann schwarz werden…
Und ehe man sich versieht, wäscht man plötzlich selbst Geld. Wie ist das möglich?
Unbestritten sind die in Auszügen oben genannten Straftaten. Sie sind offensichtlich und für die Menschen nachvollziehbar. Dennoch kann es dir als Person ebenfalls passieren, schnell in den Kreislauf der Geldwäsche gezogen zu werden.
Alle Firmen oder auch Privaten Personen sind interessante Ziele für Geldwäscher und Geldwäscherinnen. In einem Restaurant Essen gehen, während im Hinterzimmer CrystalMeth gekocht wird (es reicht aber auch schon ein nicht sozialversicherungspflichtig angemeldeter Koch)? An legalen Sportwetten teilnehmen, während am Nachbarschalter Mr. X darauf wettet das Darmstadt Deutscher Meister wird und mit den Einnahmen vom Einbruch am Wochenende all-in geht? Eine Firma haben, der neueste Kunde zahlt für dein Produkt den doppelten Preis, Hauptsache der Deal geht schnell und geräuschlos von der Bühne? Der Anwalt aus Fantasialand überweist auf dein Konto 10.000€, du darfst 1.000€ behalten, nur der Rest soll bitte auf ein Schweizer Nummernkonto?
All diese etwas überzogenen Fälle zeigen: Auch du kannst mit deinem Geld Teil von Geldwäsche werden und bist es vermutlich auch schon geworden.
Beruflich dürften viele von uns mit dem Thema, ob wissentlich oder unwissentlich, mit dem Thema Geldwäsche und deren Prävention in Kontakt kommen. Wer ahnt denn, dass selbst die Kassierer an der Supermarktkasse bei dem Thema sensibel sein müssen? Versuche doch einmal für 15.000,01€ bei REWE bar zu zahlen…
Ob Autohandel, An- und Verkauf im Einzel- oder Großhandel, Banken, Immobilienkauf, Consulting oder Anlageberatung - kein Bereich der nicht durch Geldwäsche betroffen oder gefährdet ist. Dabei sind es oft nicht die üblichen Verdächtigen Branchen, sondern eben auch die unscheinbaren, beinahe alltäglichen Geschäfte. Hier können die -geldwaschenden Dunkelgestalten oft ungehindert und fern jeder staatlicher Beobachtung agieren.
Der Volkswirtschaftliche Schaden und weitere Auswirkungen durch Geldwäsche…
…wird mit unterschiedlichsten Zahlen belegt. Auf europäischer Ebene geht man von einem Schaden in Höhe von 1% der Wirtschaftsleistung der EU (entspricht ca. 140 Mrd. Euro) jährlich aus. Dem deutschen Fiskus entgehen im Zusammenhang mit Geldwäsche und Umsatzsteuerverschiebungen jedes Jahr ungefähr 14 Mrd. Euro. [Quelle 3]
Man kann also sehr wohl von einem Risiko und Verlust für Staaten und deren Bevölkerung sprechen. Diese Gelder fehlen für Investitionen und Gesundheitssysteme oder einfach Otto-Normal-Bürger.
Korruption ist ein großes Thema bei der Geldwäsche. Egal ob in Politik, Beamte oder Mitarbeitende oder Entscheidungstragende Personen in Finanzunternehmen und in der Auftragsvergabe - alle diese Personen sind Ziele und Ergebnis von Geldwäsche.
Auch die Stabilität des Finanzsektors ist in Gefahr durch die ausufernde Geldwäscheaktivität. So geraten Banken oder börsennotierte Unternehmen schnell in unsichere Fahrwasser, sobald sich Geldwäsche im jeweiligen Institut ansiedelt.
Reputationsverluste, Rechtsrisiko und operatives Risiko gehen für Unternehmen im Zusammenhang mit Geldwäsche einher.
Die Strafen für Geldwäsche…
… sind angesichts der soeben kurz beleuchteten Schäden für Staat, Unternehmen und nicht zuletzt die Allgemeinheit schon als empfindlich zu bezeichnen.
Es drohen persönliche Freiheitsstrafen von 3 bis 5 Jahren, in schweren Fällen gar bis 10 Jahren gesiebter Luft. Zudem kommen Geldstrafen von bis zu 150.000€ zuzüglich Ausgleich des entstandenen Schadens bzw. auch zum Beschlagnahmen von anderen (auch legalen) Vermögenswerten. [Quelle 4]
Achtung: Selbst als angestellte Person in einem Unternehmen, schützt ein Zuwiderhandeln zum GwG oder gar ein aktives Handeln bei der Geldwäsche nicht vor persönlicher Haftbarkeit. In solchen Fällen haftet z.b. der Banker, die Verkäufer, die Kassenkraft persönlich gegenüber einem Richter (bis zu 2 Jahre Haft bei leichtfertig unterstützter Geldwäsche). Zusätzlich zur Arbeitsrechtlichen Konsequenzen und deren Ausgleich. Dies ist auch der Grund, warum Angestellte Fachkräfte ein ureigenes Interesse daran haben, möglichst alle rechtlichen Notwendigkeiten zu beachten (Schulung und Intellektuelle Eignung vorausgesetzt).
Unternehmen sind daher auch ständig angehalten, im Finanzbereich gar verpflichtet, regelmäßige Schulungen zum aktualisierten GwG und deren Verordnungen durchzuführen und nachzuweisen.
Aber was betrifft mich das?
Jeder und Jede von uns ist bereits im Leben mindestens einmal im Zusammenhang mit Geldwäsche durchleuchtet worden. Allein die Eröffnung eines Kontos oder Depots setzt den internen Prozess der Überprüfung nach geltenden GwG-Richtlinien bei eurer Bank oder eurem Broker in Gang.
Besonderheit: Dies alles geschieht sogar bevor ihr überhaupt nur einen Euro-Cent auf euer Konto oder Depot eingezahlt habt. Banken unterliegen den strengsten Richtlinien bezüglich der Kontrolle und Vermeidung von illegalen Aktivitäten.
Immer wieder liest man von verwunderten Reaktionen, auch auf Getquin, wenn auf einmal TradeRepublic die Herkunft der Gelder wissen möchte. Auch dies ist ein wichtiger Teil des Geldwäschevermeidungsprozesses. Diese Vorgehensweise gehört zu einem Stufenplan. Bei der Eröffnung selbst werden grundsätzlich die Personendaten mit öffentlichen Registern und möglichen Überschneidungen in Datenbanken überprüft. Dieser Abgleich analysiert die Wahrscheinlichkeit für die Anfälligkeit eines GwG-Fall.
Sobald dann im Laufe der Geschäftsbeziehung gewisse Schwellenwerte (bei Brokern sind das z.b. um die 10.000€) überschritten werden, muss dein Broker dann zusätzliche Informationen sammeln und speichern. Unter anderem fallen hier die Nachweispflichten über die Mittelherkunft (also z.b. Lohn, Erbe, Gewinn etc.) an.
Grundsätzlich hat das Erfragen also nichts mit dir selbst, dem Zutrauen von Straftaten, oder dem überbordenden Interesse des Staates damit zu tun. Es ist schlicht ein weiterer Mechanismus zum Schutz vor Geldwäsche und deren Folgen.
Der Staat überwacht deinen Goldkauf und das Finanzamt weiß über deine Goldkäufe Bescheid…
Ja, genau! Und ich, als Edelmetallhändler, bin ein Undercovermitarbeiter des Finanzamtes und muss alle Transaktionen beim Finanzamt melden.
Das ist natürlich absoluter Quatsch und vollkommener Irrsinn.
Unbestritten, das Geldwäschegesetz kann nerven und erscheint als bürokratisches Monster.
Als Edelmetallhändler würde ich gerne darauf verzichten, muss aber anerkennen das die Spielregeln für uns alle gelten sollten. Warum soll ich Steuerhinterziehern, Menschenhändlern und Terroristen bei ihrer Arbeit unterstützen? Wo bleibt mein Nutzen? Da er nicht vorhanden ist, halte ich mich im Rahmen an die gegebenen Spielregeln. Auf diese möchte ich nach all dem Vorgeplänkel genauer eingehen.
Grundsätzlich muss beim Edelmetallkauf und dem GwG zwischen dem Kauf beim Edelmetallhändler deines Vertrauens und einem Bankinstitut unterschieden werden.
Aus Gründen beleuchte ich mich euch den Kauf bzw. Handel beim Edelmetallhändler, lasse aber hier und da auch die Bankunterschiede erwähnt.
Achtung:
Der Nachfolgende Text wird noch öder als die vorhergehenden Zeilen. „Aber bring bitte nicht den Boten um…“ - ich kann nichts für die trockene und trostlose Realität…
Das Tafelgeschäft
Wer Edelmetalle in Deutschland bis zu 1.999,99€ bar kaufen möchte, kann dies bei seinem und ihrem Händler des Vertrauen vollkommen anonym und ohne Nachweise tun. Es spielt dabei keine Rolle, ob du 30x 1g Gold oder 1 Unze Krügerrand oder 64 Unzen Silber (Stand heute liegen diese Verkäufe unter dem Schwellenwert) kaufst. Diese Käufe sind anonym. [Quelle 5]
Wenn du diesen Wert bei einem Händler kaufst und morgen bei einem anderen Händler auftauchst, so wird es schwer dir das vorzuwerfen, in dem Moment wo du diese Zeilen liest, weißt du aber, dass dies eigentlich nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Was du aus dieser Information machst; bleibt dir und deinem Gewissen überlassen.
Als Händler finde es jedoch im Allgemeinen nicht witzig, wenn du ein paar Stunden später, morgen oder in den nächsten Tagen wieder bei mir auftauchst und behauptest mich das erste Mal gesehen zu haben. In der Regel haben alle Edelmetallhändler mindestens 2 Augen und ein Erinnerungsvermögen. Wir erkennen auch Menschen, selbst wenn sie einen Hut aufhaben oder einen falschen Schnauzer ins Gesicht geklebt haben… denke immer daran: Oben stehen Auswirkung und Strafen beschrieben.
Die Kollegen und Kolleginnen machen ihren Job gerne und wollen sicher in den nächsten Jahren ihr Liebsten um sich haben. Die paar Euro, welche wir an der Marge verdienen, rechtfertigen sicher nicht meine Integrität und Verantwortung in Frage zu stellen.
Der Kauf von Edelmetallen (also egal ob Gold, Silber, Platin, Palladium…) ist also bis zu diesem Schwellenwert ohne Erfassung von Personengebundenen Daten möglich (Tafelgeschäft). Ausnahme ist hier der Handel über der Bank. Wie oben bereits gelernt: Die Identifizierung findet hier vor den ersten Euro statt, somit werden alle Geschäfte die ihr über die Bank regelt auch erfasst.
Das Gesetz regelt jedoch an keiner Stelle wie viel mal oder in welchen zeitlichen Abschnitten der anonyme Kauf möglich ist. Dafür gilt hier ein anderes Prinzip….
Das Know-Your-Customer Prinzip:
Das kurz KYC genannte Prinzip fordert vom Händler das „Kennenlernen seines Kunden“. Dieses Kennenlernen umfasst den vollständigen Namen, Wohnort und Adresse, Geburtsdaten und ab gewissen Schwellenwerten eben den finanziellen Background, also die Herkunft der Vermögenswerte und möglicherweise Nachweise über deren Ursprung.
Das KYC ist elementarer Bestandteil des Geldwäschegesetzes. Transparenz im Sinne des Verdachtsausschluss ist das Motto.
Das KYC ist immer dann anzuwenden, wenn entweder der Schwellenwert für Transaktionen (also beim Edelmetallkauf ab 2.000€) mit einer Transaktion überschritten ist oder die „Beziehung der Geschäftspartner auf Dauer ausgelegt“ ist, sprich du regelmäßiger Kunde wirst.
Das KYC wird dabei ebenfalls von Schwellenwerten begleitet. Im ersten Schritt geht es nur um die Erfassung der persönlichen Daten (Name, Adresse, Geburtsdaten). Danach folgen bei den jeweiligen Schwellenwerten lose Auskunft über Zweck der Transaktion(beim EM Kauf also Anlage/Investment); der Nachweis über Herkunft der Vermögenswerte (z.b. über Kontoauszug) und zu Letzt gar der Ursprungsnachweis über das Vermögen (z.b. Verkaufsvertrag, Notarvertrag welcher das Guthaben zu deinem Kontoauszug erklärt). Einmal erfasst und plausibel für den Händler begründet, steht euch das freie Handeln für mindestens ein Jahr offen (Händler sind angehalten, ihre Daten aktuell zu halten - man wird dich also irgendwann wieder fragen…).
Also erfährt der Staat und das Finanzamt doch von meinen Käufen…
Eines sei ganz klar und ohne Sonstiges „wenn und aber“ erklärt: Nein!
Diese erfassten Daten werden in keinem Fall an das Finanzamt gesendet und auch keine Meldung darüber wie viel Mr. Goldheinz gerade erworben hat. Es findet bis zu diesem Zeitpunkt KEIN Abgleich mit irgendwelchen Datenbanken oder Unterlagen statt.
Um es kurz zu sagen: Der Staat und das Finanzamt interessieren sich überhaupt gar nicht für euch (zumindest in dieser Angelegenheit). Für wie wichtig haltet ihr euch und unterbeschäftigt haltet ihr bitte die Leute beim Finanzamt? Wie paranoid willst du sein?
Der Edelmetallhändler ist auch kein Hilfspolizist und kein Spion vom BKA. Der Händler ist in erster Linie ein Geschäftsmann oder eine Geschäftsfrau.
Wir wollen Geld verdienen. Nicht um jeden Preis, aber im Rahmen des Gesetzes. Und hier ist eines klar festzustellen (mit Stand vom 29.02.2024): Es gibt kein Gesetz, welches den Händler dazu nötigt die Kaufdaten an irgendeine Stellen zu melden, noch gibt es irgendwo eine Stelle oder Verknüpfung zu irgendeiner Datenbank oder Außenstelle des Finanzamtes. Ganz im Gegenteil: Würde ich das machen, würde ich gar mein Kaufmännischen Pflicht und dem Datenschutz zuwiderhandeln.
Wir sprechen hier im Sinne des Geldwäschegesetzes von einer „Aufzeichnungspflicht“, nicht jedoch von einer „Meldepflicht“ – alles, solang du und ich die Spielregeln des KYC und GwG folgen.
Gibst du mir als Händler nicht die Vibes und den Eindruck eines Kriminellen, so werde ich eine Teufel tun dir oder mir irgendwelche Komplikationen an den Hals zu jagen.
Im Bedarfsfall nehme ich also die notwendigen Daten auf, speichere diese und vernichte Sie nach der gesetzlichen Speicherfrist. Niemand muss etwas erfahren. Niemand erfährt etwas ohne Begründung oder im Rahmen eines Strafverfahrens.
Der Mythos des allwissenden Staats mag für bestimmte Länder und auch in Deutschland bei so manch Situation in Teilen stimmen. Beim Geldwäschegesetz bzw. der „Neugierde“ beim Edelmetallhandel ist Deutschland ein Entwicklungsland. Mehr dazu weiter unten…
Was aber wenn „wir“ einen Verdachtsfall haben?
Sobald wir einen für uns begründbaren Verdacht haben, dass jemand z.b. Smurfing (also das Aufteilen von Goldgeschäften auf viele kleine Geschäfte um das wahre Ausmaß des Gesamtbetrages zu verschleiern) betreibt oder bei Großkäufen plötzlich keine Auskunft über den Ursprung („Eh Kumpel, du lebst in Deutschland- wenn du große Summen auf dem Bankkonto hattest und diese dir auszahlen lassen hast, weiß mindestens die Bank von dem Geld“) deines Vermögens gibst oder hier in Widersprüche verstrickst - so wird aus einer „Aufzeichnungspflicht“ recht bald eine „Meldepflicht“ im Sinne einer Verdachtsmeldung.
Verdachtsmeldung gleich Strafverfahren?
Nein. Eine Verdachtsmeldung ist erst einmal nur ein Prozess, welchen die Händler anstoßen um eine geeignete Überwachungsstelle im Unternehmen (Compliance Abteilung) oder behördlicher Seite (FIU) auf eine verdächtige Transaktion hinzuweisen. Es geht hierbei im ersten Schritt nicht um die Person selbst, sondern um die Transaktion. Im Zuge der Überprüfung wird dann jedoch natürlich auch der Zusammenhang mit der Person überprüft.
Die Meldung geht aber in keinem Fall direkt an das Finanzamt. Stattdessen wird eine Meldung bei der Zentralstelle für Finanztransaktionen, der Financial Intelligence Unit (kurz: FIU) registriert und somit gemeldet. [Quelle 6]
Die FIU ist eine funktionale Behörde und in der Generallzolldirektion angesiedelt. Die dort eingehenden Verdachtsmeldungen werden analysiert und an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden, Steuer- und Verwaltungsbehörden mittels eines Analyseberichts weitergeleitet, sofern die FIU zuvor festgestellt hat, dass die gemeldete, verdächtige Transaktion tatsächlich etwas mit einem Fall von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder anderer schwerer Straftat in Verbindung stehen könnte. Dabei agiert die FIU jedoch nicht als Strafbehörde, sondern dient nur als Hilfsmittel.
Auch hier… der Einkauf von Otto-Normal-Bürger ist absolut unerheblich und irrelevant. Finde dich damit ab, dass du, solang du nicht Vorsitzender oder Vorsitzende der Panzerknacker, ein Schwarzgeldarbeiter oder anderer Fiesling bist absolut irrelevant und unwichtig für die Behörden erscheinst.
Wichtig: Nur weil „ich“ als Händler eine Transaktion melde, ist diese nicht auch gleich Straf relevant oder gleichbedeutend mit einem Geldwäscheverfahren. Der Gesetzgeber ermutigt jedoch die Meldepflichtigen (in dem Zusammenhang verdächtiger Transaktionen) lieber eine Meldung zu viel abzugeben und straft sie nicht bei einer Fehleinschätzung. Wenn diese sich als „unbegründet“ herausstellt, ist zwar nicht alles ebenso sauber, es spricht aber auch nichts direkt gegen eine weitere Geschäftsbeziehung. Grundsätzlich gibt es nach Abgabe der Verdachtsmeldung eine Sperrfrist von einigen Tagen. Sollte in dieser Zeit kein Zeichen seitens der FIU gemacht werden, so kann erst einmal von einem „sauberen“ Geschäft ausgegangen werden. Dieses Verfahren findet auch seine Kritiker, da die FIU im Allgemeinen als Überlastet gilt. [Quelle 7]
Natürlich obliegt die Entscheidung zum Durchführen des Geschäftes am Ende beim Händler. Er haftet schließlich am Ende im schlimmsten Fall mit seiner Freiheit und Vermögen.
Edelmetalle anonym im Tafelgeschäft an Händler verkaufen…
…gibt es seit einigen Jahren nicht mehr. Grund ist hier die Abgabenordnung §143 wonach gewerbliche Unternehmer den Wareneingang (also das Edelmetall welches ihr an den Händler verkauft) gesondert aufzeichnen müssen. Der Vorgang selbst hat nichts mit dem Geldwäschegesetz zu tun, sondern hat etwas mit dem Steuerrecht, also mit der Besteuerung des Unternehmers selbst zu tun.
Dabei gibt es eine Mitwirkungspflicht, welche durch diese und andere Einzelnormen geregelt ist. In diesem Zusammenhang erfasst der Unternehmer Tag des Wareneingangs, Name und Anschrift des Einlieferers (Kunde), die Warenbezeichnung und den Preis. Auch hier: Absolutes Desinteresse von Seiten des Staates an eurer Person. Dieser Vorgang dient dem Besteuerungsverfahren bzw. auch dem Vorbeugen von Hehlerei und Eigentumsdelikten. [Quelle 8]
Merke: Die Grenze für den anonymen Verkauf von Edelmetallen an Händler unter 2.000€ existiert faktisch nicht und dient nicht zur Kontrolle von Goldinhabern, sondern ist unter anderem eine Auflage für den Händler zum Nachweis seiner geschäftlichen Aktivitäten.
Wenn du Gold beim Händler verkaufst, wird aber auch wie beim Kauf selbst keine Daten an irgendwelche Hinterleute oder Dritte weitergegeben. Es erfolgt lediglich eine Speicherung vor Ort und zum Nachweis über die eigene Handelstätigkeit.
Beim Verkauf von Gold über gewissen Schwellenwerten ist es aber auch hier sinnvoll Nachweise über die Herkunft des Goldes bereit zu halten. Es geht hierbei lediglich um die Nachweispflicht zum rechtmäßigen Eigentum und der Nachvollziehbarkeit über die Herkunft von Vermögenswerten. Da es keine Besteuerung von Gold über die Haltefrist von einem Jahr gibt, hat auch hier das Finanzamt kein Interesse an einer Nachverfolgung.
Im übrigen gilt beim Verkauf eine Identifikation des Kunden schon dann, wenn die Kontodaten bzw. die Bankdaten vorgelegt werden und die Auszahlung auf das Konto bei der Bank erfolgt. Hier übernimmt die Identifizierung die Bank im Vorfeld. Da der Verkauf des Edelmetalls bargeldlos und für Behörden nachvollziehbar (nämlich per Abruf über die Banktransaktion) ist, ist hier das Risiko der Geldwäsche als reduziert anzusehen.
Und sonst so?
Wer meint das in Deutschland das Geldwäschegesetz besonders streng sei, der muss sich getäuscht sehen. Deutschland ist sogar der Spitzenreiter der Verzögerung und Hinhaltetaktik. Nicht umsonst waren und sind wir Jahrelang beliebt bei diversen ausländischen Geldwäscheinteressierten: Ob italienische oder niederländische Mafia, ob Oligarchen oder Familienmitglieder von Diktatoren in fernen Ländern… all diese Personen haben in den letzten Jahren ein leichtes Spiel gehabt. Immobilien, Edelmetalle, Bargeld, Autos - nichts war und ist vor Ihnen sicher. [Quelle 9]
Nicht umsonst zögerten „wir“ in der Vergangenheit bei der Reduzierung der Bargeldgrenze von 10.000 Euro oder dem Absenken des anonymen Tafelgeschäfts auf 1.999,99€. Hier waren andere Länder schon wesentlich früher weiter und restriktiver.
Zwar stiegen in den vergangenen Jahren die Verdachtsmeldungen bei der FIU, jedoch sind diese im Verhältnis zu den durchgeführten Transaktionen eher eine Kleinigkeit.
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland etwa 4,9 Mrd. Transaktionen über POS Systeme (Zahlungsterminals) und ca. 6,3 Mio. Überweisungen durchgeführt. Geht man zudem davon aus, dass wir Zahlungen noch immer zu einem großen Teil bar abwickeln, so ist die Anzahl der Verdachtsmeldungen in Höhe von 337.186Meldungen eher lächerlich. [Quelle 10]. Und zudem… auch hier ist die FIU teilweise schlichtweg überfordert, was sich in den nicht fristgemäßen Rückmeldungen der Meldepflichtigen widerspiegelt.
Im übrigen stammen 97% der Meldungen direkt aus dem Finanzsektor. Gerade im Bereich Immobilien ist das Meldeaufkommen jedoch seit 2020 stark gestiegen, da hier regulatorisch mit dem GwGMeldV-Immobilien eingegriffen wurde. Dieser Bereich der Finanztransaktionen war bis dahin ein Paradies für Geldwäsche.
In Frankreich und Italien ist der Erwerb von Edelmetallen noch strengeren Regularien unterworfen. So müssen z.b. Kaufverträge schriftlich festgehalten werden, Barzahlungen sind gänzlich verboten und die Daten der Kunden werden unter anderem in Frankreich in ein Register, dem sogenannten „livre de police“ eingetragen. Des Weiteren können auf Grund der strengen An- und Verkaufsbestimmungen lediglich Gold- und Silberbarren mit Seriennummern ge- und verkauft werden. In Italien existieren gar ortsunterschiedliche Regeln, da hier ein besonderes Augenmerk auf die ansässige Mafia gelegt wird.
Fazit und die Moral der Geschichte:
Geldwäsche ist ein ernstzunehmendes Problem in jedem Land dieser Welt. Es gibt Länder in denen Geldwäsche einen großen wirtschaftlichen Schaden verursacht und direkte Folgen für die Bevölkerung hat. In der EU wurden in den letzten Jahren diverse Maßnahmen zur Vermeidung der Geldwäsche eingeführt. Die Richtlinien und Handlungsanweisungen dienen dabei nicht der Kontrolle über den Besitz von Gold oder Edelmetallen, sondern dienen dem höheren Zweck der Vermeidung von Terrorfinanzierung und Geldwäsche im klassischen Sinne.
Natürlich kann man die Maßnahmen für die Mehrheit der Bevölkerung als Überzogen und Übereifrig bezeichnen (die wenigsten haben schließlich wirklich was mit den illegalen Praktiken zu tun). Man sollte jedoch ein Augenmaß und Bewusstsein für die tief gehende Problematik haben, ein gewisses Verständnis für dieses Vorgehen entwickeln.
Der Staat macht diese Dinge nach derzeitigen Dafürhalten weder als Vorbereitung für das Verbot von Gold, noch für die individuelle Beobachtung eines Einzelnen. Natürlich sind jede Art der staatlichen Einmischung (sei es ein mögliches Bargeldverbot) erst einmal kritisch und vor allem streng zu hinterfragen, jedoch sind wohl die wenigsten von uns wirklich am Ende die „Opfer“ irgendwelcher Strafverfolgungsbehörden, sondern eher Opfer und Betroffene von Geldwäsche.
Dies zu verhindern, ist letztendlich die Aufgabe aller Beteiligten: Schaden vom Staat und damit jeden Einzelnen von uns abzuwenden, denn der ökonomische Schaden ist beim Thema Geldwäsche vorprogrammiert und unberechenbar.
Quellen:
Quelle 1: https://www.gesetze-im-internet.de/gwg_2017/
Quelle 4: https://www.strafrechtsiegen.de/geldwaesche-im-strafrecht-welche-strafen-drohen/
Quelle 5: https://de.wikipedia.org/wiki/Tafelgesch%C3%A4ft
Quelle 6: https://www.zoll.de/DE/FIU/fiu_node.html
Quelle 7: https://www.bfdi.bund.de/DE/Buerger/Inhalte/Polizei-Strafjustiz/National/FIU.html
Quelle 8: https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__143.html
Quelle 10: FIU Jahresbericht 2020, S. 24
Dieser Text entstand bei der täglichen Fahrt ins Büro, nach der Arbeit und nicht zuletzt mit viel Liebe zum Detail. Ich widme diesen Beitrag allen Eseln, Monteuren, Finanzjongleuren, Waschbären und jedem weiteren Getier im Getquin Universum. Gesamte Wörter: 3.753 ❤️