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Aus der Traufe in den Regen

Meine Lebensgeschichte

Ein Mahnmal?


Oft lese ich hier von, außergewöhnlichen Lebensläufen und Wegen in die finanzielle Unabhängigkeit. Sehr beeindruckt bin ich auch über die vielen jungen Leute die hier aktiv sind und ihr Leben bereits voll im Griff haben, planen, sparen und größtenteils erfolgreich investieren.

Bei mir ist das alles anders gelaufen und ich allein bin dafür verantwortlich. Es heißt immer, schlaue Menschen lernen aus Fehlern, die intelligenteren lernen aus Fehlern anderer und Wahnsinn ist, immer wieder das selbe zu machen und andere Ergebnisse zu erwarten. So habe ich, nicht nur Fehler gemacht, sondern auch nichts draus gelernt und sie immer wieder wiederholt.


Wo soll ich anfangen? Heute bin ich 35 Jahre alt. Investiere seit einem Jahr in Aktien und ETFs und habe seitdem ein Vermögen von 20.000 € aufgebaut und bin schuldenfrei, das war nicht immer so.


Angefangen hat alles in meiner Geburtsstadt Hannover, hier hab ich die ersten 13 Jahre meines Lebens zusammen mit meiner Mutter verbracht und schon früh angefangen zu "arbeiten". Pfandflaschen und Altmetall gesammelt und Zeitungen ausgeteilt. Habe ich dieses Geld gespart? Nein, ich kaufte mir Süßigkeiten, Lakritz, Döner und einmal einen Sony CD Walkmen.


Als ich dann 13 war, ließ sich meine Mutter von ihren Eltern überzeugen, zurück in ihre Heimat auszuwandern. Und so kam ich nach Sizilien, wo ich die nächsten 5-6 Jahre meines Lebens verbrachte. In Sizilien fing ich an, am Wochenende in Restaurants zu kellnern und verdiente 25-30 € pro Abend. Anders, als man meinen könnte, lief es in der Schule für mich nicht nur nahtlos weiter, sondern auch ziemlich gut. Jedoch setzte ich nach und nach Handlungen, die mir im Nachhinein selbst den Weg versperren würden. Kurz gesagt brach ich die Schule ohne Abschluss ab und arbeitete bereits mit 16 Vollzeit als Kellner. Irgendwann mit 17 oder 18 dann sogar in einem fünf Sterne Kempinski Hotel für 1000€ mtl., aber da ich den Umgang mit Geld nie gelernt hatte, gab ich all das, was ich verdiente für Konsum, Spaß und Freude aus. Zwischen 16 und 17 mache ich mir dann Gedanken, wie es weitergehen sollte und überlegte dem Militär beizutreten. Aber letzt endlich ging ich dann mit 18 Jahren alleine von Sizilien nach Südtirol, wo ich einen neuen Abschnitt meines Lebens begann.


Die ersten Jahre arbeitete ich in einem schönen Hotel am Waltherplatz und hatte neben meinem Lohn und Trinkgeld sogar Verpflegung und Unterkunft inklusive. Habe ich gespart? Nein, im Nachhinein könnte man sagen, um so mehr ich verdiente, umso mehr brauchte ich zum Leben und so verprasselte ich jeden Monat meine 1300 € Gehalt plus Trinkgeld. Ich machte meinen Führerschein, kaufte mir einen kleinen, teuren Jahreswagen mit einer Finanzierung und gab das was überblieb für Konsum aus. Ich war nie wirklich zufrieden als Kellner und hab immer geglaubt, für mehr bestimmt zu sein und irgendwann passierte das, womit ich gerechnet hatte. Ein eleganter junger Mann, Ende 30, sprach mich an, ob ich nicht seiner Firma als Verkäufer beitreten würde wollen? Es handelte sich hierbei um die Firma Wenatex. Sie verkaufen Matratzen und Bettwäsche zu überteuerten Preisen bei so genannten Partys bei Privatleuten. Auf einmal verdiente ich 3-6000 € im Monat, allerdings fuhr ich auch 10-15.000 km im Monat und musste somit viel in das Auto investieren, Maut, Steuern und hatte ja keine Dienstwohnung mehr. Und letztendlich war ich langfristig nicht erfolgreich und musste Wenatex nach weniger als einem Jahr wieder verlassen. Ich wollte es weiterhin im Verkauf versuchen und arbeitete einige Monate bei einer Firma, die Büromaterial vertreibt, auch hier hatte ich die ersten Wochen und Monate gute Erfolge aber konnte sie nicht halten und musste mich nach einigen Monaten wieder neu ausrichten und kam so zu Rational $RAA (+1,18 %) . Man hatte geglaubt, dass ich aufgrund meiner Gastronomie und "Verkaufserfahrung" perfekt für den Verkauf dieser Küchenmaschine geeignet sei aber auch hier konnte ich langfristig keine nachhaltigen Erfolge aufweisen. Und obwohl ich ein relativ guten Grundlohn von ich glaube, seinerzeit 1500 €+ Provisionen plus Dienstwagen mit Tankkarte gehabt hatte, hatte ich es natürlich nicht geschafft etwas zu sparen, sondern ein überzogenes Konto.


Mittlerweile war das Jahr 2012 oder 13 d.h. ich war 23-24 Jahre alt und war wieder arbeitslos. Kein Geld beiseite, Konto überzogen, eine kleine, günstige ein Zimmerwohnung zur Miete im Zentrum von Bozen und einen wunderschönen BMW E46 323CI. Aber ich hatte keinen Plan, wie es weitergehen sollte. Doch irgendwie diese verrückte Idee, ich will in die Schweiz, das gelobte Land. Und hier hatte ich definitiv mehr Glück als Verstand. Ich fand eine deutsche Firma, die gerade erst Fuß in der Schweiz gefasst hatte, die Vertriebler suchte. Ich bekam dort einen unbefristeten Vertrag, was mir gleich einen guten Aufenthaltstitel gab und fand eine sehr günstige Wohnung. Leider stellte sich raus, dass dieses Unternehmen sehr unseriös war und auch schon Klagen am Hals hatte. Es kam, wie es kommen musste. Ich Versuch es noch einmal in einem ähnlichen Unternehmen und machte dann den Schritt zurück in die Gastronomie. Das brachte etwas Ruhe und Gewissheit in mein Leben, aber auch Unzufriedenheit. Ich wollte und konnte mir nicht vorstellen, ein Leben lang zu Kellnern.

Durch meine Arbeit in der Gastronomie sah ich dann in der Schweiz das erste Mal aus nächster Nähe Reisegruppen, die europaweit in Reisebussen verreisen und dachte mir, was für ein toller Beruf reisen und Geld dafür bekommen, also informierte ich mich, in welchem deutschsprachigen Land der Bus Führerschein am günstigsten und schnellsten zu erwerben sei und anders als erwartet, stellte sich raus, dass das auf Österreich zutrifft. Was für ein Glück, dass meine damalige Freundin Österreicherin war und in der Schweiz sehr unzufrieden war.


Und so Begann 2015 mit 26 Jahren für mich ein neuer Abschnitt in meinem Leben. Wir zogen in ihre Heimat nach Linz, wo ich heute noch lebe, allerdings als Single. Ich machte den Busführerschein und fand relativ bald eine gute Stelle als Reisebus Fahrer. Mittlerweile liegt der Lohn in Österreich bei 2500-3000 € im Monat x 14 und neben dem Lohn habe ich 2 weitere relevante Standbeine: Trinkgeld und Getränkeverkauf. Da kommen je nach Monat noch einmal zwischen 500 und 2000 € zusammen die ich regulär versteurere.

Aber habe ich aus alldem, was vorher war etwas gelernt? Nein, ich machte Konsum-Schulden und überzog regelmäßig mein Konto. Bin ich heute in der privilegierten Stellung, die ich habe zufrieden? Nein. Immer wieder traure ich der Schweiz nach und überlege, ob ich nicht zurückgehen sollte. Jedoch würde ich als Reise Busfahrer in der Schweiz nicht bedeutend mehr verdienen und hätte höhere Lebenshaltungskosten. Es könnte sich durchaus trotzdem rechnen, jedoch habe ich Angst. Das war früher nicht so. Vielleicht liegt es am zunehmenden Alter.


Nun 2024 habe ich dann tatsächlich nach und nach Schulden getilgt, meine Kreditkarten gekündigt und investiere. Ich lebe jetzt sehr bescheiden, leiste mir keinen Luxus mehr und investiere all das was überbleibt. Einen Notgroschen habe ich noch immer nicht aufgebaut und hin und wieder überziehe ich noch immer mein Konto.


Ich bedanke mich fürs Lesen

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11 Kommentare

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Dann ab und bau dir erst mal ein Notgroschen auf. Das mag im ersten Moment sich falsch anfühlen, wenn man erstmal an dere Rendite des MSCI World geleckt hat aber es gibt in jedem Leben Zufälle die Geld brauchen und wenn sie eben nicht Kommen ist es ja um so besser.
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Mein Lieber, voller Respekt uns deine Geschichte zu erzählen. Aber die Geschichte ist ziemlich negativ geschrieben. Versuch auch das positive zu sehen. Wie viel Lebenserfahrung Du hast sammeln können. Du hast mehrere Länder gesehen und die Sprache gelernt. Du hast bestimmt auch viel schönes erlebt und tolle Landschaften gesehen. Du hast viele Interessante Menschen kennen lernen dürfen. Wie viele sind gefangen in Ihrem Elfenbeinturm ohne zu leben. Mich würde es freuen wenn wir Dir jetzt auch zu ein klein wenig finanziellen Erfolg verhelfen könnten ohne großartig die Klassischen Fehler zu machen. Aber vergiss dabei nicht weiterhin das Leben zu genießen.
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Schöne Geschichte! Ich möchte zwei Punkte hervorheben:

1. du siehst selbst, dass du - im Gegensatz vieler „positiver Geschichten“ - einige Fehler gemacht hast. Und schilderst diese hier trotzdem offen. Vielen wirst du aus der Seele sprechen, die ebenfalls diese oder andere Fehler begangen haben. Und das ist die Mehrheit, keine kleine Minderheit!

2. du musst berücksichtigen, dass du ganz andere Startbedingungen hattest als andere. Wer in einer Juristen- oder Ärztefamilie aufwächst, hätte wahrscheinlich mehr Druck bekommen, den Schulabschluss zu erlangen. Dort sind Informationen über Geldanlage auch viel leichter verfügbar als bei dir. Du hast dir alles auf die harte Tour selbst beigebracht! Dafür: Chapeau!


Ich denke, du hast einen guten Punkt erreicht: du stellst fest, dass du nicht so weitermachen möchtest, wie in der Vergangenenheit. Jetzt ist es an dir, die Weichen für die Zukunft zu stellen. In welcher Region du dich am wohlsten fühlst und in welchem Job, wirst du selbst herausfinden müssen. Ein grobes Ziel festlegen ist mMn sinnvoll, aber immer auch die Option, dieses zu ändern, sollte sich ein attraktiveres ergeben.

Du hast keine Schulden mehr, was ein wichtiger Baustein ist. Jetzt liegt es an dir, deine Zukunft zu gestalten.
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Super, sich so mit seinem Leben auseinandersetzen und andere mit einbezieht,Respekt. Drücke dir die Daumen, dass du es jetzt schaffst, ein wenig Geld zu sparen. Vielleicht gibt dir die getquin- Gemeinschaft die Stärke und Motivation, es durchzuziehen. Viel Erfolg
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Selbst mit 35 hast du noch unfassbar viel Zeit für deine Rente vorzusorgen.
Geh den weg jetzt einfach weiter und wie andere schon geschrieben haben, Bau dir noch einen kleinen notgroschen auf.
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Hört sich jetzt wie ein ziemlicher Kalenderspruch an, aber nur wenn du es schaffst dich vom Konsum zu lösen wirst du die innere Zufriedenheit erreichen, die du dir erhoffst mit Konsum zu erkaufen.
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Wichtig ist am Ende doch, dass du die Dinge erkannt hast, die bei dir schief liefen. Und daraus lernst und Strategien findest, dich nicht jedes Mal aufs Neue selbst in die Pfanne zu hauen.

Mein Leben war bisher deutlich weniger spannend als deines (hab nie Deutschland, Nordeutschland, verlassen), aber hab auch nie Geld gehabt und das Wenige, das da war, kopflos ausgegeben und ewig lange an meinem Studienkredit geknabbert bei der Rückzahlung. Mein Konto ging Gott sei Dank nie ins Minus, das hatte mein Vater bei Eröffnung als JugendGiro schon sperren lassen.
Wollte dann irgendwann (um 2020 herum) nicht mehr von Gehaltseingang zu Gehaltseingang leben und baute mir erstmals ein Mehr-Konten-Modell. Was heute sehr leicht geht, mit Banken wie der C24, die Unterkonten anbieten. Hab das Modell auch mehrfach umgebaut und angepasst und jetzt läuft es sehr reibungslos inzwischen.

Am Notgroschen arbeite ich allerdings auch noch, weil mein bisheriges Konzept an der Stelle noch nicht aufgegangen ist. Im Alltag komme ich inzwischen ganz gut zurecht mit einem Konsumbudget (und eigenem Konto dafür) sowie eigene Konten für Fixkosten und Haushalt.
Hab aber gemerkt, dass es für mich nicht funktioniert, in demselben Bankkonto den Notgroschen aufzubauen. Weil es mich immer wieder zum Ausgeben verleitet hat und ich mein Konsumbudget regelmäßig mehr als gesprengt habe.
Hab also vor Kurzem ein separates Tagesgeld bei der ING angelegt und einen Dauerauftrag dahin eingerichtet.
Sollte so deutlich besser laufen, geht mit dem Sparkonto vom Hund ja auch irgendwie. :D

Also ja, finde Strategien, die für dich passen und alles Gute auf deinem weiteren Weg!
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Statt Konto überziehen würde ich bei vorhandener Haushaltsdisziplin eher eine Kreditkarte nutzen. Je nach Karte hast du da ein bis drei Monate bis es voll ausgeglichen werden muss kostenfrei. Wichtig ist aber, dass Geld kommt nicht aus der Steckdose, das leihst du dir quasi von deinem Zukunfts Ich. Ansonsten hauen die Kreditkartenzinsen nach der Fälligkeit voll rein.
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Danke, dass du hier deine Geschichte so offen teilst!
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