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Duolingo + OpenAI: Das Duo für die Zukunft des spielerischen Lernens?

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Diese Woche hat in der KI-Welt ein interessantes Detail für Gesprächsstoff gesorgt: Eine angeblich geleakte Tabelle (OpenAI hat sie nicht bestätigt) soll zeigen, welche 30 Unternehmen bei OpenAI am meisten Tokens verarbeitet haben – also, vereinfacht gesagt, wer die Modelle am intensivsten nutzt.

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Dort taucht auch ein Kandidat auf, mit dem wohl die wenigsten gerechnet hätten: Duolingo.


Mehr als eine Billion Tokens soll die Sprachlern-App über OpenAI-Modelle verarbeitet haben – ein Hinweis darauf, wie stark KI schon heute das Produkt und die Prozesse des Unternehmens prägt. KI ist für Duolingo kein kurzfristiger Trend, sondern längst Teil der operativen DNA.


Was bedeutet das und warum ist das relevant für Anleger? Schauen wir’s uns an.


Vom Sprachlern-Spiel zur globalen Lernplattform


Mit über 130 Millionen monatlich aktiven Nutzern ist Duolingo heute die weltweit führende Sprachlern-App. Global entfallen schätzungsweise 60% aller Sprachlern-App-Downloads auf Duolingo. Das ist rund 7x mehr als die Nummer 2.


Das Geschäftsmodell ist einfach, aber wirkungsvoll:


  • Freemium-Modell: Das Lernen ist kostenlos. Wer jedoch keine Werbung sehen oder zusätzliche Premium-Features möchte, kann ein Bezahlabo nutzen (beginnend ab rund 7€ pro Monat in Deutschland).


  • Organisches Wachstum: Ein Großteil der Nutzer kommt ohne bezahlte Werbung, getrieben durch die große Markenbekanntheit, Gamification und virales Social-Media-Marketing (bei TikTok hat Duolingo mit seinem Eulenmaskottchen >16 Mio. Follower).


  • Skalierbarkeit: Einmal erstellte Lektionen lassen sich unendlich oft digital für Nutzer replizieren und die Kosten für Duolingo steigen kaum mit der Nutzerzahl.


Was viele vergessen: Duolingo ist längst nicht mehr nur Sprach-App, sondern baut an einem "Learning Operating System" für alles, was man digital lernen kann.


Neben Sprachen gibt es inzwischen Mathe, Musik und Schach – alles basierend auf derselben Infrastruktur, ähnlichem Design und derselben Gamification-Logik. Im Vergleich zum Sprachenlernen stecken diese Fächer zwar noch in den Kinderschuhen, allerdings sind sie ein Beleg dafür wie Duolingo andere Bereiche des Lernens perspektivisch für sich erschließen könnte.


Ein Blick auf den Gründer hilft, das besser zu verstehen: Luis von Ahn (heutiger CEO), der Duolingo 2011 zusammen mit Severin Hacker (heutiger CTO) gegründet hat, ist kein typischer Silicon-Valley-Unternehmer, sondern Informatikprofessor. Er verkaufte schon zwei seiner früheren Start-ups an Google, darunter reCAPTCHA, das Tool, mit dem Nutzer beweisen, dass sie keine Roboter sind. Aufgewachsen in Guatemala, verfolgt von Ahn bis heute eine Mission: "Die beste Bildung der Welt für jeden zugänglich machen."


1 Billion Tokens: ein Blick hinter die Kulissen


Dass Duolingo zu den größten OpenAI-Nutzern zählt, überrascht nur auf den ersten Blick. In Wahrheit hat das Unternehmen in den letzten 2-3 Jahren einen radikalen Schritt gemacht: KI ist vom Experiment zum zentralen Motor des Produkts geworden.


Beispiele:


  • Duolingo Max: das Premium-Abo nutzt GPT-Modelle, um mit einem virtuellen Tutor zu chatten und die Scheu vor dem Sprechen abzulegen.


  • Content-Automation: neue Übungen, Lektionen und Übersetzungen werden mithilfe von KI generiert und getestet. So konnte Duolingo allein im letzten Jahr 148 neue Sprachkurse veröffentlichen. Das sind mehr als in den zwölf Jahren zusammen davor. Auch die Entwicklung neuer Kurseinheiten spricht für sich.


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  • Personalisierung: die App analysiert Millionen Lernpfade und passt Schwierigkeitsgrad und Reihenfolge dynamisch an den Fortschritt des Nutzers an.


KI ist demnach nicht nur ein beiläufiges Feature: Je mehr Nutzer mit der App interagieren, desto mehr Trainingsdaten fließen zurück und desto besser wird das System, was die Nutzertreue fördert und neue Nutzer ins System bringt.


Für Anleger ist das doppelt interessant:


  • Produktseitig entsteht ein Vorsprung gegenüber kleineren Konkurrenten, die sich eine teure Modellintegration nicht leisten können oder geringere Nutzerzahlen haben.


  • Finanziell wirkt KI wie ein Hebel: Schnellere Kursentwicklung, geringere Content-Kosten und möglicherweise steigende Margen durch den Einsatz von Technologie. Noch ist das aber nicht der Fall: Duolingo hatte zuletzt eine etwas geringere Bruttomarge, da das Abrufen der Tokens noch teuer ist.


Die Aktie: KI-Momentum trifft hohe Erwartungen


Seit dem Börsengang im Juli 2021 hat sich die Duolingo-Aktie mehr als verdoppelt, zeigt sich aber äußerst volatil. Nach einem 50%-Rücksetzer im Sommer (u.a. Sorgen um Verlangsamung des Nutzerwachstums, AI-First Backlash / Nutzerkritik, technologische Risiken) hat sich die Aktie wieder etwas stabilisiert.

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Mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von rund 18x ist die Bewertung sehr ambitioniert. Der Markt preist also bereits starkes Wachstum und nachhaltige Profitabilität ein.


Tatsächlich liefert Duolingo derzeit solide Zahlen:


  • Umsatzwachstum: über 35% pro Jahr
  • Freier Cashflow: über 300 Mio. $ jährlich
  • Bilanzqualität: rund 1 Mrd. $ Cash, praktisch keine Schulden


Langfristig hängt die Story aber weniger von kurzfristigen Quartalszahlen ab, sondern davon, ob Duolingo es schafft, KI zu nutzen, um Bildung besser, günstiger und skalierbarer zu machen.


Denn das ist der eigentliche "Token-Effekt": Jeder neue Nutzer und jede KI-generierte Lektion stärkt die Plattform. Dadurch entsteht ein selbstverstärkender Kreislauf.


So beeindruckend Duolingo's Fortschritte sind, die technologische Entwicklung ist ein zweischneidiges Schwert. Denn dieselben KI-Systeme, die Duolingo nutzt, könnten es irgendwann überflüssig machen, überhaupt noch Sprachen zu lernen.


Beispiel: Apple hat kürzlich eine Live-Übersetzungsfunktion vorgestellt, die Gespräche in Echtzeit zwischen zwei Sprachen übersetzt, direkt via AirPods.


Wenn maschinelle Übersetzung allgegenwärtig wird, könnte der Anreiz zum Lernen sinken, insbesondere für Gelegenheitsnutzer. Was heute noch als nützlich gilt, wird dann schnell zur reinen Freizeitbeschäftigung.


Auch KI-basierte Sprach-Tutoren (etwa GPT-5-gestützte Lernbots) können klassische Apps wie Duolingo unter Druck setzen, indem sie individuell, dialogbasiert und immersiv lehren. Duolingo hat zwar einen starken Marken- und Daten-Vorteil, aber kein Monopol auf die Technologie selbst.


Kurz gesagt: KI ist für Duolingo zugleich der größte Wachstumstreiber und das größte potenzielle Risiko.


Fazit


Während viele Unternehmen im Education Technology Bereich in den letzten Jahren gescheitert sind, hat Duolingo seine Nische zur Festung ausgebaut. Die angebliche OpenAI-Liste zeigt: Das Unternehmen ist kein klassischer App-Anbieter, sondern wohl einer der größten industriellen Nutzer von KI weltweit.


Die nächsten Quartalszahlen Anfang November werden zeigen, inwiefern Duolingo die KI zu seinem Vorteil nutzen kann, indem z.B. Wachstum, Conversion von Nutzern zu Abonnenten oder die Profitabilität weiter gesteigert werden können.


Bist du bereits bei Duolingo investiert?

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8 Kommentare

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Warum ist der Text so lang? Bist du es Michael? ☺️

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Um deine Frage zu beantworten: ich bin mit einem 2X Hebel drinnen.
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@Iwamoto Cool, aber sehr mutig bei der Volatilität. Was ist dein Gedankengang? Ich halte nur die Aktien.
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Ein tolles Produkt, ich liebe Duolingo.
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Duolingo ist für mich als Invest ausgeschlossen. Das Ziel, Menschen etwas beizubringen, verfehlen sie nämlich. Die Herangehensweise ergibt überhaupt keinen Sinn und es gibt VIEL bessere Alternativen. Ich habe mit Duolingo gelernt und gemerkt, dass der einzige wirkliche Motivator die Streak ist. Das Problem bei Duolingo ist, dass sie kein System beim Lernen haben. Man legt einfach drauf los und startet von Tag 1 mit der Grammatik. Dabei sollte man erstmal die grundlegenden Vokabeln lernen. Besonders bei Sprachen wie Polnisch lernt man daher fast nix und kann nur unnötige Sätze, die man auch eher kann, weil man sie auswendig gelernt hat. Das tatsächliche Verstehen bleibt außen vor und ich weiß, dass ich da nicht der Einzige bin. Es gibt viel bessere Alternativen wie Mondly, mit der man beachtliche Fortschritte macht. Jeder der Duolingo wirklich benutzt hat, weiß es und wessen Konzept nicht funktioniert, dessen Produkte kauft man erst recht nicht.
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Ähnliches gilt auch für alle anderen „Lern“-Funktionen wie Schach
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@Investor19 Vielen Dank für deinen Blickwinkel. 2 Punkte: 1) Über die Wirksamkeit von Duolingo wird viel spekuliert. Für diejenigen, die eine Sprache ernsthaft lernen wollen und die nötige Zeit und Ernsthaftigkeit investieren, funktioniert es. Das Unternehmen veröffentlich immer mal wieder Studien und Daten dazu. Diese internen Analysen können natürlich geschummelt sein, weil man sie als Aussenstehender nicht überprüfen kann, aber das Management gibt mir bisher keinen Anlass, ihnen nicht zu vertrauen. Diejenigen, die Duolingo 2 Min pro Tag nutzen und denken, dass sie in 6 Monaten eine Sprache fließend sprechen, dürfen sich nicht wundern, wenn sie erfolglos bleiben und eine Sprache nicht lernen. Duolingo wird ihnen dabei nicht helfen, wenn die Grundeinstellung zum Sprachen lernen fehlt. Außerdem kann Duolingo auch eines von mehreren Tools zum Lernen sein, z.B. neben einem Intensivkurs, Sprachurlaube, etc. 2) Selbst wenn man davon ausgeht, dass Duolingo ein total unnützes Tool wäre, sondern ein Spiel, das "süchtig" macht und einem die Illusion verkauft etwas produktives zu machen anstatt bei TikTok oder Instagram zu scrollen: würdest du darin einen schlechten Investmentcase sehen, wenn es erfolgreich ist?
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Den Rücksetzer gab es als im August GPT5 vorgestellt wurde und als Beispiel gezeigt wurde, wie man damit blitzschnell eine SprachlernApp bauen kann. Aus Sorge, dass Duolingo disruptiert wird, wurde abverkauft. Kurz zuvor hatte Duolingo noch glänzende Zahlen präsentiert und war gestiegen. Das Bild hat sich nun etwas relativiert und es kann gut sein, dass bei den nächsten Quartalszahlen es wieder bergauf gehen wird. Fairerweise muss man aber auch den "Abverkauf" insofern relativieren, da die Bewertung sehr sportlich war.
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