Manchmal hat man ja so Unternehmen im Depot. Einmal gekauft und einfach liegen lassen. Man muss sich nicht wirklich darum kümmern, weil alles wie am Schnürchen läuft. So ein Unternehmen ist bei mir Tyler Technologies aus den USA.
Gekauft habe ich die Aktie im Juni 2020. Seither habe ich mich maximal 15 Minuten mit der Firma beschäftigt. Das beschränkt sich auf einen kurzen Blick auf die Quartalszahlen alle drei Monate. Mehr ist in diesem Fall nicht nötig.
Für die meisten dürfte das Unternehmen relativ unbekannt sein. Tyler wurde im Jahr 1966 gegründet und hat seinen Sitz in Plano, Texas unweit von Dallas. Gegründet wurde das Unternehmen von Joseph F. McKinney, der ursprüngliche Name der Firma war Saturn Industries. 1968 wurde Tyler Pipe übernommen, ein Hersteller von Eisenrohren. Der Unternehmenszweig wurde schnell zur Haupteinnahmequelle, sodass sich der Name der Firma später in Tyler Corporation änderte. Im Jahr 1969 ging Saturn Industries an der NYSE an die Börse und wurde dann 1970 in Tyler Corporation umbenannt.
Bis zum Jahr 1998 war Tyler als Holddinggesellschaft dann mit mehreren Industrie-, Einzelhandels- und Vertriebsunternehmen tätig. Während der 70er bis 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erfolgte eine Vielzahl von Unternehmenszu- und verkäufen. Im Jahr 1987 wurde mit 10.000 Mitarbeitern ein Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Dollar erwirtschaftet.
1997 änderte Tyler sein Geschäftsmodell radikal und startete einen mehrstufigen Plan, der den Fokus des Unternehmens komplett änderte. Ab diesem Moment wurde Informationssoftware an staatliche Behörden vertrieben. Das Unternehmen änderte seinen Namen in Tyler Technologies und trat mit einer Reihe strategischer Akquisitionen von Unternehmen in den lokalen Softwaremarkt ein. Im Jahr 2021 ist Tyler Technologies das größte Unternehmen des Landes, dass sich ausschließlich der Bereitstellung von Software und Dienstleistungen für den öffentlichen Sektor widmet, einschließlich Lösungen für staatliche, regionale und lokale Behörden sowie Gefängnisse und Schulen.
Das Unternehmen wächst unter anderem durch die Übernahme und Integration kleinerer Softwareunternehmen. Das Besondere hierbei ist, dass Tyler trotz der vielen Übernahmen praktisch schuldenfrei ist. Seit 1998 wurden mehr als 30 Unternehmen übernommen.
Tyler Technologies verfügt über 35 Büros in 17 Bundesstaaten sowie eines in Toronto in Kanada. Insgesamt arbeiten etwa 5.500 Mitarbeiter für das Unternehmen, davon mehr als 1.150 Softwareentwickler. 33 % der Mitarbeiter von Tyler haben zuvor bereits in der öffentlichen Verwaltung gearbeitet, kennen also die Sorgen und Nöte des Sektors. Größter Kunde ist das County of Los Angeles mit 10 Millionen Einwohner, der kleinste ist Loving County in Texas mit 134 Einwohnern. Insgesamt werden über 8.600 Kunden bedient, wobei 21 der 25 größten Counties der USA sowie 17 der 25 größten US-Städte zum Kundenstamm zählen. 98 % aller Kunden verlängern auslaufende Verträge. Dies verwundert nicht, da ein Wechsel mit hohen Kosten verbunden ist. Alleine Collin County in Texas nutzt 13 verschiedene Produkte von Tyler.
Bereits im Jahr 2000 hatte Tyler erstmalig cloud-basierte Softwarelösungen im Portfolio. Insgesamt 9 Jahre war das Unternehmen bereits in der Forbes Liste der “Best Small Companies” und 8 Jahre in der Barron`s Liste “Most Promising Companies in America” zu finden. Seit dem 4. Quartal 2010 wurde jedes weitere Quartal mit einem Umsatzwachstum abgeschlossen.
Die Produkte des Unternehmens umfassen insgesamt sechs Kategorien: Bewertungs- und Steuersoftware und -dienstleistungen, integrierte Software für Gerichte und Justizbehörden, Finanzsoftwaresysteme, Planungs- / Regulierungs- / Wartungssoftware, Software für die öffentliche Sicherheit, Softwarelösungen für die Verwaltung von Aufzeichnungen / Dokumenten und Transportsoftwarelösungen für Schulen. In jeder der Kategorien finden sich jeweils eine Vielzahl von Produkten. Insgesamt laufen derzeit mehr als 26.000 Installationen an 10.000 Standorten mit Kunden in allen 50 Bundesstaaten der USA, in Kanada, der Karibik, Australien und anderen internationalen Standorten.
Seit meinem Kauf im Juni 2020 ist die Aktie knapp 60 % im Plus, das Kursplus auf 10-Jahres-Sicht liegt bei über 1.500 %. Der Marktwert liegt bei 22 Milliarden Dollar, für amerikanische Verhältnisse ein kleines Unternehmen. Das aktuelle KGV liegt allerdings bei heftigen 80. Momentan also nicht zwingend für einen Einstieg geeignet, für die Watchlist aber definitv nicht zu verachten.