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Insights aus der Netflix Analystenkonferenz - Wachstum durch Paid Sharing und Werbung, Fokus auf globale Inhalte und Live-Events

Kürzlich gab es die Gelegenheit, einem sehr aufschlussreichen Gespräch zwischen dem Analysten Benjamin Swinburne von Morgan Stanley und Spencer Neumann, dem CFO von Netflix ($NFLX (-2,52 %) ), zuzuhören.


Gleich zu Beginn kam Swinburne auf die beeindruckende Entwicklung von Netflix zu sprechen. Er erinnerte daran, dass das Wachstum des Unternehmens im Jahr 2023 noch im mittleren einstelligen Bereich lag und die Stimmung eher gedrückt war. Doch im Jahr 2024 berichtete Netflix von einem Top-Line-Wachstum von fast 20 % im vierten Quartal und einer Margensteigerung von sechs Prozentpunkten. Swinburne wollte daher wissen, was diese schnelle Reakzeleration des Geschäfts in dieser Größenordnung ermöglicht hat.


Neumann erwähnte, dass sich das Unternehmen in der Phase der Verlangsamung des Wachstums auf zwei wesentliche taktische Maßnahmen konzentriert hatte. Erstens die Einführung einer Lösung gegen das Account-Sharing, da eine beträchtliche Nachfrage bestand, aber viele Nutzer Netflix kostenlos schauten. Zweitens der Aufbau eines zusätzlichen Umsatz- und Gewinnpools durch Werbung. Im Bereich des Paid Sharing habe man in den letzten zwei Jahren die Lösung eingeführt, global ausgerollt und schließlich, wie in den letzten Earnings Calls kommuniziert, vollständig operationalisiert. Dies habe zu einem besseren Mechanismus geführt, um den Wert des wachsenden Entertainment-Angebots zu erfassen und die Nachfrage zu bedienen.


Im Hinblick auf die Werbung betonte Neumann, dass sich dieser Bereich noch in einer frühen Phase des Aufbaus befinde, aber man bereits erhebliche Fortschritte erzielt habe, insbesondere bei der Reichweitenskalierung. Er erwähnte, dass Netflix davon ausgehe, in allen zwölf Werbemärkten im Jahr 2025 eine kritische Größe bei den werbefinanzierten Mitgliedschaften zu erreichen und sich dann auf die weitere Verbesserung der Monetarisierung des Inventars zu konzentrieren. Darüber hinaus unterstrich Neumann die kontinuierliche Verbesserung des gesamten Netflix-Dienstes als entscheidenden Faktor, da auch die Konkurrenz immer besser werde. Das Ziel sei es, sich schneller als der Wettbewerb zu verbessern, um den Wachstumszyklus aus mehr und besserem Entertainment, höherem Engagement, mehr Umsatz und mehr Gewinn voranzutreiben.


Swinburne hakte nach und sprach die Ambitionen von Netflix an, ein anhaltendes zweistelliges Umsatzwachstum zu erzielen. Er fragte nach dem verbleibenden adressierbaren Markt angesichts von bereits über 300 Millionen Mitgliedern und einem Umsatz von 40 Milliarden Dollar im Vorjahr. Neumann bekräftigte, dass sich Netflix immer noch am Anfang sehe. Obwohl man Fortschritte erzielt habe, sei der adressierbare Markt weiterhin enorm. Trotz der großen aktuellen Reichweite erreiche man mit über 300 Millionen zahlenden Mitgliedern weltweit ein Publikum von über 700 Millionen Menschen in den Haushalten. Dennoch sei man auf wesentlichen Kennzahlen des adressierbaren Marktes noch klein. So erreiche Netflix etwa 40 % der vernetzten TV-Haushalte weltweit, und dieses Universum wachse weiter. Man erfasse etwa 6 % des adressierbaren Umsatzmarktes und liege in jedem wichtigen Land unter 10 % des TV-View-Shares. Die Strategie sei einfach: immer mehr Entertainment-Value weltweit anbieten, das Angebot über Film und TV hinaus auf Games ausweiten und dann durch einen besseren Mechanismus zur Wertschöpfung (mehr Mitglieder, Weiterentwicklung von Preisen und Plänen, Werbung) gesundes Umsatz- und Gewinnwachstum erzielen, während die Kosten langsamer als der Umsatz wachsen sollen.


Bezüglich des Wettbewerbs fragte Swinburne speziell nach YouTube. Neumann bestätigte, dass es einen Wettbewerb um die Entertainment-Zeit der Menschen gebe, betonte aber, dass der Fokus darauf liege, in die Entertainment-Zeit hineinzuwachsen, die weder Netflix noch YouTube derzeit abdecken. In den USA beispielsweise würden rund 80 % des TV-View-Shares von keinem der beiden erfasst. Er hob die Stärken von Netflix hervor: eine führende Position im Direct-to-Consumer-Entertainment mit einer enormen globalen Reichweite, eine herausragende Discovery- und Produktexperience für Premium-Videoinhalte, das Teilen des kreativen und wirtschaftlichen Risikos mit den Kreatoren und eine führende Fähigkeit zur Monetarisierung von Engagement pro Stunde, was wiederum die Finanzierung zukünftiger Projekte der Kreatoren ermöglicht. Dies führe dazu, dass Netflix als Heimat für die besten Geschichten und Kreatoren wahrgenommen werde.


Swinburne lenkte das Gespräch auf die Content-Ausgaben und -Investitionen. Er stellte fest, dass das Umsatzwachstum der letzten fünf Jahre im niedrigen bis mittleren zweistelligen Bereich lag, während die Cash-Content-Ausgaben nur um etwa 3 % gestiegen sind, was darauf hindeute, dass das Content-Team einen höheren Return on Investment erzielt. Neumann zollte dem Team Anerkennung für die Lieferung von mehr Entertainment-Value pro Dollar. Er erklärte, dass dies auf einem kontinuierlichen Lernprozess beruhe, wie die Content-Budgets für den größten Impact eingesetzt werden können, über eine breite Vielfalt und Qualität von Inhalten hinweg. Die Kombination aus dieser Lernfähigkeit und der verbesserten Fähigkeit zur Nachfrageerfassung durch Paid Sharing, Werbung und optimierte Preisgestaltung führe zu einem höheren Return on Investment.


Auf die Frage, wohin der inkrementelle Dollar heutzutage fließe, antwortete Neumann, dass man überall Wachstumschancen sehe. Es gehe weniger um "Wachstums-" versus "Wartungsmodus", sondern darum, wo die höchsten Wachstumschancen und -ausgabenmöglichkeiten bestehen. Er nannte Beispiele wie die Rückkehr großer englischsprachiger Serien, den Ausbau von lizenzierten Inhalten, das Wachstum im Bereich Live-Events (in den USA gerade erst im Aufbau) und die fortgesetzte starke Investition in nicht-englischsprachige Inhalte.


Swinburne sprach das Content-Budget von rund 18 Milliarden Dollar für das laufende Jahr an und fragte nach dem Budgetierungs- und Investitionsprozess. Neumann erklärte, dass dies eine Mischung aus Kunst und Wissenschaft sei. Man starte mit einer guten Vorhersagbarkeit der Einnahmen und setze Margenziele. Daraus leite man ab, wie viel für Content übrig bleibe, wobei auch langfristige Investitionen zur Wachstumsförderung berücksichtigt würden. Dann gebe es den Bottom-up-Ansatz, bei dem man die verschiedenen Content-Kategorien und Regionen analysiere, um den größten Impact zu erzielen. Dieser Prozess sei fließend und iterativ.


Ein weiteres wichtiges Thema war Sport. Neumann stellte klar, dass Netflix eine "Live-Event-Strategie" und keine reine "Sportstrategie" verfolge. Live-Events seien eine breitere Kategorie, die darauf abziele, den Mitgliedern mehr Entertainment-Value zu bieten und kulturelle Gesprächsanlässe zu schaffen. Dies umfasse Comedy, Unscripted, Sport und Sportunterhaltung. Man habe dies bereits mit dem Tom Brady Roast, John Mulaney, dem Paul-Tyson-Kampf, NFL an Weihnachten und nun mit WWE gesehen. Solche großen, ereignisartigen Momente würden die Kernziele von Netflix unterstützen: Entertainment-Value, Akquisition und Retention. Obwohl Live-Inhalte derzeit einen kleinen Anteil der Ausgaben und der Sehstunden ausmachten, hätten sie eine große Wirkung, wenn sie richtig umgesetzt würden. Regelmäßige Saisons großer Sportarten würden aus wirtschaftlicher Sicht und zur Steigerung des Entertainment-Values derzeit nicht unbedingt Sinn ergeben.


Ein großer Schwerpunkt lag auf dem Thema Werbung. Neumann erklärte, dass Netflix sich in diesem Jahr von der "Kriech-" zur "Gehphase" bewege. Man habe große Fortschritte erzielt und sei mit dem Aufbau des Werbegeschäfts sehr zufrieden. Der erste Schritt war die Skalierung der Reichweite, und man sehe, dass das Werbe-Abo-Modell funktioniere, da im vierten Quartal etwa 55 % der Neuanmeldungen auf dieses Abo entfielen, was zu einem deutlichen sequenziellen Wachstum führte. Der Fokus für 2025 liege nun verstärkt auf der Monetarisierung dieser Reichweite, da diese noch nicht mit der Skalierung Schritt gehalten habe.


Bezüglich der langfristigen Ambitionen im Werbegeschäft erklärte Neumann, dass das Ziel sei, der Goldstandard für digitale und Branded-TV-Werbung in einem Premium-Video-Marktplatz zu werden. Angesichts der hohen Engagement-Raten im Werbe-Abo-Modell und der Schaffung von Werbemöglichkeiten in Live-Inhalten sei dies ein großer zusätzlicher Umsatz- und Gewinnpool. Der adressierbare Markt in den aktuellen Werbeländern betrage rund 180 Milliarden Dollar. Werbung helfe, ein zugängliches Preisniveau für die Mitglieder zu halten und könne neben dem Mitgliederwachstum und der Preisentwicklung ein wichtiger dritter Pfeiler für Umsatz- und Gewinnwachstum werden. Auch wenn Netflix auf absehbare Zeit ein primär auf Abonnements basierendes Geschäft bleiben werde, könne Werbung mittelfristig ein bedeutender Minderheitsanteil am Umsatz werden.


Swinburne fragte nach dem Stand des Paid Sharing. Neumann erklärte, dass es "operationalisiert" sei und wie alles andere kontinuierlich optimiert werde. Ähnlich wie die Optimierung des Sign-up-Flows über ein Jahrzehnt hinweg, sehe man auch beim Paid Sharing noch Optimierungspotenzial für die kommenden Jahre.


Ein weiteres wichtiges Thema war künstliche Intelligenz. Neumann betonte, dass Netflix seit über 15 Jahren mit KI und ML arbeite und nun verstärkt Gen AI einsetze, um in allen Bereichen des Unternehmens Effizienzsteigerungen und Verbesserungen zu erzielen. Dies reiche von der Enterprise Productivity in Supportfunktionen wie Finanzen und Recht über die Verbesserung der Member Experience (Produkt- und Titelentdeckung, Erstellung von Promotion-Materialien, konversationelle Suche) bis hin zur Bereitstellung von Tools für Kreatoren, um deren kreative Arbeit zu unterstützen. Der Fokus liege darauf, KI zu nutzen, um letztendlich jeden Aspekt des Netflix-Dienstes zu verbessern und den Entertainment-Value für die Nutzer weltweit zu steigern.


Abschließend kam das Gespräch auf das Thema Gaming. Neumann betonte, dass sich Netflix hier noch in einer sehr frühen Phase befinde und dies ein Aufbau über ein Jahrzehnt sei. Man habe bereits über 100 Spiele veröffentlicht, sei aber noch nicht da, wo man sein wolle. Die Kernstrategie bleibe, großartige Spiele innerhalb der Netflix-Mitgliedschaft anzubieten und so den Value für die Mitglieder und das Engagement zu steigern. Der Fokus wurde mit der neuen Führungskraft Alan auf einige Schlüsselbereiche geschärft: narrative Spiele, Partyspiele für den Fernseher, kommerzielle Spiele und Kinderspiele. Man sehe erste Anzeichen für eine höhere Retention und sogar Akquisition von Nutzern, die Spiele spielen. Zukünftig wolle man über Mobile hinausgehen und Cloud-Gaming auf dem Fernseher testen.


Das Gespräch vermittelte einen sehr positiven Eindruck von der aktuellen Lage und den Zukunftsplänen von Netflix. Die strategischen Entscheidungen der letzten Jahre, insbesondere die Maßnahmen gegen das Account-Sharing und der Aufbau des Werbegeschäfts, scheinen Früchte zu tragen und haben zu einem Wachstums geführt.


Der Fokus auf globale Inhalte und die Investitionen in nicht-englischsprachige Produktionen zahlen sich aus und spiegeln die globale Reichweite des Unternehmens wider. Die vorsichtige Herangehensweise an den Sportmarkt mit einer Betonung auf "eventisierten" Live-Momenten erscheint ökonomisch vernünftig. Die langfristigen Ambitionen im Gaming-Bereich sind ambitioniert, aber der frühe Erfolg mit IP-basierten Spielen deutet Potenzial an.


Insgesamt präsentierte sich Netflix als ein Unternehmen mit klaren strategischen Prioritäten und einem starken Fokus auf langfristiges Wachstum in einem sich ständig wandelnden Wettbewerbsumfeld.

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