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Das Investor-Wort zum Sonntag: Wohin die Reise am Ende geht

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Werte Damen und Herren,


ich bin seit mehr als 15 Jahren selbständiger Unternehmer, habe zwei Gründungen gemacht, eine davon verkauft (damit aber nicht mal ansatzweise reich geworden), mit der ersten verdiene ich bis heute meine Brötchen.


Ein interessanter Einschub: Ich war vor der Selbständigkeit knapp 20 Jahre angestellt. Niemals wäre ich auf den Gedanken gekommen, mich selbständig zu machen. Selbst als mein Unternehmen bereits gestartet war, kam es mir nicht in den Sinn, aus dem Hobby-Projekt einen Fulltime-Job zu machen und meine Anstellung hinzuschmeißen.


Stattdessen wurde ich – recht unerwartet – gefeuert. Man hat mich quasi in die Selbständigkeit "gewzungen", wenn man so will. Irgendwie bin ich der damaligen Firma sogar dankbar dafür, dass sie mich rausgeschmissen hat.


Wie auch immer, das ist eine andere Geschichte.


Mein kleines Unternehmen wird von KI mittelfristig zerrieben werden, und auch wenn eine Anpassung des Geschäftsmodells an KI ("mit den Wölfen heulen") theoretisch möglich wäre, möchte ich das aus persönlichen Gründen nicht. Einer von denen ist, das gebe ich offen zu: Keinen Bock mehr. Ich möchte keine Plattform mehr hochziehen. Habe ich zweimal gemacht, es reicht mir. "Ich bin zu alt für den …" Außerdem wäre mir das abgewandelte Geschäftsmodell dann eher zuwider.


In drei bis fünf Jahren, möglicherweise früher, möglicherweise später, es ist wirklich schwer zu sagen, wird der Gewinn um 75 Prozent (und eventuell mehr) einbrechen. Das Geschäft bliebe zwar auch auf sehr kleiner Flamme profitabel, aber aus 10.000 - 20.000 Euro Sparrate im Monat würden dann mit Glück 1.000 Euro, mit Pech 0 Euro.


Was ist also die Strategie eines Mittfünfzigers, der sich nach 40 Jahren Arbeit (ich habe mit 14 Jahren angefangen Geld zu verdienen, in meiner Jugend neben der Schule) so langsam in den Ruhestand verabschieden will, sagen wir mit allerspätestens 60?


Ziel: Ich will idealerweise ca. 100.000 Euro passives Einkommen (nach Steuern) – zack!


Mir ist völlig klar, dass das sehr, sehr viel Geld ist, aber ich habe nicht Jahrzehnte gebuckelt, damit ich dann im Alter zurückstecken muss, im Gegenteil: Ich möchte es genießen, nur noch zu arbeiten, wenn ich will (und ich werde wollen, das weiß ich jetzt schon. Aber das wird wohl mehr der Liebhaberei als der Gewinnerzielung dienen).


Also 100.000 Euro. Wie schaffe ich das?


Bauteil 1: Dividenden. Ich habe noch 5 Jahre Zeit, mein Portfolio hinsichtlich Dividenden auszurichten. Wenn ich am heutigen Tag meine NVIDIA-Position in entsprechende Dividendentitel umschichten würde (wie $HAFNI, zum Beispiel), dann wäre die Zielsumme vielleicht sogar erreicht. Aus verschiedenen Gründen ist das aber wahrscheinlich keine recht intelligente Strategie. Ich möchte über die nächsten fünf Jahre weitere 500.000 Euro investieren (ich hoffe, das Geschäft gibt das noch her) und damit ein Portfolio von mindestens 2 Millionen Euro schaffen. Aktuell zappelt mein PF um die 800-900K. Weitere 500K Invest bis 2030 – da sollten die 2 Millionen am Ende des Jahrzehnts auch bei konservativer Betrachtung möglich sein. EDIT: Das klappt nur, wenn ich zusätzlich die Dividenden der Jahre 2025-2029 reinvestiere (sonst wäre eine Durchschnittsrendite von 13 Prozent erforderlich – zu ambitioniert!)


Falls die überwiegende Mehrheit der Titel in meinem PF bis dahin Dividendentitel sind und ich eine Dividendenrendite von 5 Prozent schaffe, wären das schon mal 100.000 Euro, auf die natürlich noch 25 Prozent Steuern anfallen, also bleiben 75.000 Euro.


Bauteil 2: Immobilien. Mir gehören knapp eine Handvoll Wohnungen. Und mit "mir gehören" meine ich eigentlich: Die "gehören" zu einem Großteil noch der Bank, und das wird auch noch lange so bleiben. Aber es sind allesamt sehr gute Lagen, und ich gehe von einer Wertsteigerung aus, auch wenn ich auf die nicht angewiesen sein möchte.


Die Wohnungen tragen sich weitgehend selbst, mit Zins- und sonstigen Abschreibungen ist der Verlust natürlich krass, aber das ist ja auch so gewünscht, weil dadurch die Steuerlast sinkt. Ab 2030 aber, wenn die Einnahmen mehrheitlich aus Dividenden kommen, dann klappt dieses Spiel nicht mehr, denn dann habe ich eventuell keine ausreichend hohen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, deren Steuerlast ich durch Abschreibungen zu mindern versuche. Die Steuerersparnis verpufft also, und die Wohnungen müssen sich komplett selbst tragen. Ich bin mehr als zuversichtlich, dass sie das tun werden. Mieten werden auch künftig steigen, die Immobilienpreise zumindest stabil bleiben. Mit sinkenden Zinsen (wie wir sie momentan sehen), dürften die Immo-Preise sogar wieder anziehen. Am Ende soll das passive Einkommen aus Vermietung bis 2030 einen Überschuss von 30.000 Euro erzielen.


Dann hätten wir also:


Einkommen aus Dividenden: 75.000 Euro (netto)

Einkommen aus Vermietung/Verpachtung: ca. 25.000 Euro (netto)


Da wären wir bei den gewünschten 100.000 Euro, und das Leben ist schön. Ach ja: Ein paar Jahre später bekomme ich noch Rente – werden wohl um die 1.200 Euro - 1.400 Euro sein – hurra!


Wo liegen die Risiken?


Ich denke zwar, dass meine Sicht der Dinge wie voran geschildert konservativ ist, aber es bleiben Risiken:


Schlechtes Timing: Es ist nicht auszuschließen, dass just in dem Moment, in dem mein Business total den Bach runtergeht, es gleichzeitig zu einer Wirtschaftskrise kommt, die mein Depot halbiert. Mein Geschäft und die Weltwirtschaft stehen zwar nicht in einem engen Verhältnis, aber nehmen wir einfach mal Schlimmes an.


Sofern ich quasi von heute auf morgen gar keine Einkünfte mehr hätte, wäre ich wohl gezwungen, mich von einer Immobilie zu trennen, sofern ich mich nicht in meiner Lebensweise einschränken will, und ich weiß schon heute, dass ich das definitiv *nicht* will. Das Portfolio würde ich um jeden Preis schützen wollen, also hier nicht ans Verkaufen denken. Der Verkauf einer Wohnung würde mich sicherlich in die Position versetzen, zwei, drei Jahre durchhalten zu können, ohne ans PF ranzumüssen.


Und diese dunkle Vision geht außerdem davon aus, dass ich keinen Cent mit anderen Dingen verdiene. Ich habe allerdings ein recht einträgliches Bastel-Hobby, das mir aktuell einen Gewinn von ca. 20.000 Euro p.a. beschert. Auch das wird noch ein paar Jahre so bleiben.


Und schließlich: Ich bin verheiratet, und meine Frau verdient auch gut.


Das Risiko, so hoffe ich, ist also überschaubar (wenn wir Kriege und andere Katastrophen außen vor lassen).


Was wäre der ideale Outcome?


Meine Frau und ich bleiben gesund und fit bis ins hohe Alter, leben von passivem Einkommen, lassen das Portfolio einfach laufen und vererben es am Ende unseren Kindern (bzw. wird da vorher schon verschenkt, aber Nießbrauch genutzt – der lieben Erbschaftssteuer wegen). Und wenn die Kids bis dahin auch nur ein bisschen was von ihrem alten Herrn gelernt haben, sollte das deren Existenz inklusive eigener Familie auf grundsolide Beine stellen.


Soweit mein Plan fürs Ende der Reise, an dem ich mich dann verabschieden kann mit den letzten Worten:


"My job is done here. I love you all."

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34 Kommentare

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Keine Ahnung was zu tun ist, aber eins weiß ich: Deine Beiträge lese ich wirklich sehr gerne. Ich wünsche dir auf deinem Weg weiterhin viel Erfolg! Ich denke diese oder ähnliche Fragen beschäftigen viele, also mich zumindest, obwohl ich noch am Anfang der Investorreise bin!
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Hier ein paar Coins für einen armen Schlucker
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@DonkeyInvestor Jetzt kann nichts mehr passieren!
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@Nostradonkey ich bin recht neu, für was sind diese coins ?
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@Ertu zum verschenken oder gegen Merch einlösen
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@DonkeyInvestor Oder um meinen Lebensabend zu finanzieren.
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sehr geil aufgestellt!!

Glückwunsch und "raus aus dem System"!

Würde mit dem Portfolio eher früher als später gehen - du wirst überrascht sein wie wenig man wirklich braucht, wenn der Workload runter fährt :)

LG und bitte berichte weiter :)
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Great read for a Sunday noon coffee! Thank you!

The plan looks well thought. I wonder wouldn't any of the children be interested of being involved in the company and prepare it for the next wave, or do they want to do their "own thing" whatever that is.
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@gargi They are way too young for that. By the time they are old enough, the company is probably history.

But, you'll never know: Maybe there is a niche it survives in. Maybe I am painting the picture too dark for my business.
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Warum unbedingt Dividendentitel und nicht verkaufen, wenn du Geld brauchst?

Aus 1,5 Millionen (die aktuell noch nicht einmal 1 Million sind) innerhalb von 5 Jahren 2 Millionen zu machen und vieles in Dividendentitel zu haben (also viel Steuern beim Umschichten zu zahlen und auf Rendite zu verzichten), halte ich keineswegs für konservativ sondern für stark optimistisch.
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@DonkeyInvestor Hmmm … du hast da einen Punkt. Ich habe da im Kopf mit 1.5 Mio von heute ab gerechnet, die nach 5 Jahren 2 Mio sind. Das ist natürlich Unsinn.

Ende 2025 sind es möglicherweise 1.2 Mio. Ich brauche also eine Durchschnittsrendite von ca. 13 Prozent ab 1. 1. 2026, damit ich am 1.1.2030 auf 2 Mio komme.

Und da hast du Recht – das ist sehr ambitioniert.

Okay, dann muss ich halt noch 700.000 Euro (statt 500.000 Euro) schaffen zu investieren. Und das schaffe ich auch, weil: In meiner Überlegung oben habe ich die Dividendenausschüttungen von 2025 - 2030 gar nicht berücksichtigt. Die werden – sehr grob geschätzt – genau diese Lücke schließen – hah!

Aber – falls nicht: Hast du mal 'n paar Coins für einen armen Schlucker?
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@Charmin + die Steuer beim Verkauf/ Umschichtung in Dividendentitel/ ETF nicht vergessen. Ansonsten sehr schön zu lesen. Alles Gute für die Zukunft!
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@Finanz_Fuchs Ist auf dem Schirm. Die Steuer wird natürlich irgendwann fällig, sofern ich mich gegen Ende des Jahrzehnts entschließe (Teile der) NVIDIA-Aktien umzuschichten.

Wer weiß: Vielleicht kann ich ja in den kommenden 5 Jahren noch soviel ins PF schieben, dass ich die NVIDIA gar nicht verkaufen muss?

Wir werden sehen …
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Wie auch immer du es angehst, ich drücke dir die Daumen das es so kommt, wie du es dir vorstellst (:

Den richtigen Weg wird dir keiner hier aufzeigen können, alle haben verschiedene Meinungen und Ansätze dazu, aber Du wirst schon den richtigen Weg finden 🙃
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Gratulation, Toller Plan @Charmin ! 👌
Wünsche Dir dass der aufgeht!
Bitte denk exakt an eigene Worte: es kann sein, dass es nicht so kommt wie Du denkst, v.a. im Bezug auf Rendite der nächsten 10-15 Jahre- also Plan B oder C, weiter arbeiten oder als Consultant dein Wissen weiterzugeben, wenn es gefragt ist etc…
Mit 2 Mio kannst Du durchaus ein schönes Nest-Egg bilden, ohne Anteile verkaufen zu müssen - also wie @Madhatter5566 sagt- mit Dividenden entsparen 👌
Dafür gibts genügend, teils unkorelierte , Investments die regelmäßige Einnahmen, bei stabilem NAV, bieten.
Mein Plan ist ähnlich, GLTA!
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This is exactly the kind of financial planning I aspire to when I get older. It’s inspiring to see how much you’ve built and the knowledge you share with us 'younger' ones. Your strategy is solid, and I have no doubt that all your hard work will pay off. I really appreciate the structured approach and the long-term vision—definitely something to learn from!
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Ich wünsche dir von meiner Seite aus Alles erdenklich Gute und möge alles so laufen wie du es dir wünschst und vorstellst. 🍀🍀
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Respekt für deinen Mut, dich selbstständig zu machen. Die meisten scheitern darin. Dafür sollst du dich auch mit einem sorgenfreien Leben belohnen. 99,9% der Leute hätten liebend gerne dein Problem. Mach es nicht zu kompliziert. Wenn du soweit gekommen bist, wird der Rest ein Kinderspiel. Viel Erfolg.
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Der Sinn des Lebens, ist dem Leben einen Sinn zu geben💯 welcher wäre der bei dir außer Geld, Kinder & Gesundheit?
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@DonkeyKongx Stetige Weiterentwicklung.
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@Charmin okay das fühle ich🙌 Stillstand fühlt sich wie Tod an.
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@DonkeyKongx Ok, sooo martialisch würde ich es jetzt nicht ausdrücken, aber Stillstand ist nicht erstrebenswert.
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@Charmin kommt vom Leistungssport & vom leichten Adhs was kickt👀😅
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@DonkeyKongx Habe ich auch gemacht, früher, als ich noch jung war: Kunstturnen.
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@Charmin ja mega! von irgendwo muss ja der Biss herkommen von deiner Story 🚀🙋‍♂️
Respekt und wohl alles richtig gemacht 🫡👏
Hallo Charmin, ich habe mit Freude deinen Bericht gelesen, da ich selbst gerade dabei bin, meinen nächsten Baustein für die AV aufzusetzen.
Haben wir hier jemanden, der sich bereits mit dem Thema VV-/Rentner-GmbH/Holding auskennt bzw. eine solche nutzt und uns Umsetzung- und Praxistips geben kann?
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@gorehammer Ich hab mir das grob angesehen. Ich denke, so eine Holding (die derzeit gehyped wird) ist in den allermeisten Fällen grober Unfug. Keine Ahnung, warum das derzeit in aller Munde ist, hängt wohl mit den ganzen "Finfluencern" zusammen.

Natürlich will man nie zuviel Steuern zahlen und das Vermögen sichern. Aber im Fall von den allermeisten Leuten hier, so denke ich, schafft man das mit ein paar einfachen Dingen wie rechtzeitige Schenkungen.

Wenn man wirklich 8stellig ist, dann ist das vielleicht was anderes, aber darunter seh ich "Familien GmbH" und Holdings überhaupt nicht.
@Charmin Grundgedanklich sehe ich die VV-GmbH effektiv, wenn es an die Auszahlungsphase geht bzw. wenn du in deinem Fall u.U. Dividendenzahlung im Jahr von 5-6 stellig erwartest, welche du dann zum Effektiven Steuersatz von 1,54% realisieren kannst. Jedoch fehlt mir hier derzeit noch das "Tiefenwissen" und hoffe, dass sich hier bei getquin schon jemand mit der Thematik näher beschäftigt hat?
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Ist deine NVIDIA Position immer noch so groß? Wenn ja legst du ja so ziemlich alle Eier in einen Topf.

Das Risiko damit dein Ziel nicht zu erreichen ist ja fast größer als wenn du langweilige 5%er Aktien im Depot hättest.

Ansonsten mit Immos alles richtig gemacht die Mieten werden wohl in den nächsten Jahren noch extrem anziehen - und solange die BR nicht wieder den Wohnbau fördert ist das in deinem Fall positiv für den Geldbeutel 😆
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@TradingMelone Die Position wird über die nächsten 5 Jahre relativ kleiner werden, verkaufen werde ich aber nicht, da ich von der Firma 100 Prozent überzeugt bin.

Durch weitere Investionen über die nächsten 5 Jahre (in andere Werte) sollte der Anteil am Gesamtdepot aber schrumpfen. Der Focus bei den Zukäufen liegt auf auf Dividendentiteln. Am Ende wird es wohl nur NVIDIA sein, der kein Dividendentitel ist. Det wird schon …

Die BR *muss* mehr für den Wohnungsbau tun, aber das kollidiert nicht mit meinen Interessen. Ich bin auch niemand, der die Miete bis zum Anschlag ausreizt und habe auch nicht vor, das in Zukunft zu tun.
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@Charmin klingelt nicht das Finanzamt, wenn du je nach Landkreis zuwenig Miete nimmst? 👀
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@DonkeyKongx "Nicht zum Anschlag ausreizen" und "zu wenig Miete" ist ja nicht identisch. Meine Mieten sind schon im oberen Bereich (auch der Lage geschuldet), aber eben nicht übertrieben.
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Viel Erfolg weiterhin. Ich sehe mich bestätigt, da ich mir häufig als Zuhörer von "ich will mit 40 nicht mehr arbeiten" denke: Was machste denn dann den ganzen lieben langen Tag?

(Verstehe natürlich die Freiheit wenn man die Rücklagen hat und es tun könnte. Ohne Druck ist es sicherlich nochmal schöner.)
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