𝐕𝐀𝐋𝐔𝐄 𝐈𝐍𝐕𝐄𝐒𝐓𝐈𝐍𝐆 – 𝐖𝐀𝐑𝐑𝐄𝐍 𝐁𝐔𝐅𝐅𝐄𝐓𝐓
„Risiko entsteht dann, wenn man nicht weiß, was man tut“ - Zitat Warren Buffett
Warren Buffett ist der Vater des Value Investings. Er baute dabei die Ideen des „Urvaters“ des Value Gedankens, Benjamin Graham, weiter aus. Mit diesem Beitrag möchte ich euch Buffetts Investment-Ansatz und den Grundgedanken des Value Investings etwas näher bringen.
Auch aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Zeit kommt das Value Investing immer mehr in den Fokus. -->Weg von Growth, hin zu Value!
Unserem Orakel von Omaha, wie er gerne genannt wird, ist es grundsätzlich wichtig Unternehmen zu finden, welche einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil haben. Dies schlägt sich im Geschäftsmodell bzw. qualitativen Faktoren nieder aber natürlich auch anhand nackter Zahlen (quantitativ).
Die Fragen, die sich Value Investoren und somit Buffett stets stellen sind im Kern folgende [1]:
1. Wie erkenne ich ein außergewöhnliches Unternehmen mit dauerhaften Wettbewerbsvorteil?
2. Wie bewerte ich ein Unternehmen mit einem dauerhaften Wettbewerbsvorteil?
Also worauf schaut Warren Buffett jetzt genau? Was ist ihm wichtig? Worauf sollte ein eingefleischter Value Investor (Yes I am!) achten?
Im Folgenden möchte ich euch etwas näher bringen, wie diese Strategie funktioniert und wie Buffett Geschäftsberichte nutzt, um seine Strategie in die Praxis umzusetzen. Das Sammelwerk an Kennzahlen und Fakten soll hoffentlich auch euch helfen, spannende Unternehmen zu finden.
𝗜. 𝗤𝘂𝗮𝗹𝗶𝘁𝗮𝘁𝗶𝘃𝗲 𝗙𝗮𝗸𝘁𝗼𝗿𝗲𝗻: Wo fängt unser lieber Warren überhaupt an, nach außerordentlich guten Unternehmen zu suchen?
Buffett hat herausgefunden, dass solche „Super-Unternehmen“ in Form von drei grundsätzlichen Geschäftsmodellen auftreten [1]:
-sie verkaufen ein einmaliges Produkt oder
-sie verkaufen eine einmalige Dienstleistung oder
-sie sind der günstigste Käufer und Verkäufer eines Produkts oder einer Dienstleistung, welche die Allgemeinheit immer braucht.
Klassische Beispiele:
Coca Cola, Pepsi, Wrigley, Procter & Gamble, Washington Post, American Express, Mastercard, Walmart etc.
Diese Unternehmen haben geradezu die Story ihrer Produkte in unsere Köpfe eingepflanzt (Coca Cola, Pepsi, Wrigleys, etc.) und uns soweit gebracht, dass wir an ihre Produkte denken, wenn wir ein Bedürfnis befriedigen wollen. Genauso ist der ein oder andere der preisgünstigste Käufer und Verkäufer eines Produkts oder Dienstleistung (Bspw. Walmart). Hier werden die Margen zugunsten der Menge aufgegeben [1].
Nun wissen wir, welche qualitativen Faktoren (nicht abschließend) wichtig sind. Aber wo sucht Warren in den Geschäftsberichten nach den entscheidenden Hinweisen?
𝗜𝗜. 𝗤𝘂𝗮𝗻𝘁𝗶𝘁𝗮𝘁𝗶𝘃𝗲 𝗙𝗮𝗸𝘁𝗼𝗿𝗲𝗻: Wie schaut sich Buffett Geschäftsberichte an?
Buffett schaut sich folgende drei Teile des Geschäftsberichts genauer an:
-Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement)
-Bilanz (Balance Sheet)
-Kapitalflussrechnung (Cash-Flow-Statement)
Ein paar Kennzahlen und Kriterien der drei Bereiche, möchte ich euch nun näher erläutern. Dieses Sammelsurium könnt ihr dann gerne nutzen, um selbst nach tollen Unternehmen zu suchen [1].
Income Statement (GuV):
-Bruttogewinnspanne mind. 40% -->hohe Margen deuten auf hohe Preissetzungsmacht hin! Wettbewerbsvorteil!
-Vertriebs-/Verwaltungs. und sonstige Gemeinkosten max 30-40% des Bruttogewinns, da diese keinen operativen Mehrwert generieren.
-Aufwendungen in...
...Forschung- und Entwicklung so gering wie möglich (langfristig betrachtet), da hohe Kosten in F&E auf hohen Wettbewerb hindeuten können. → kostenintensives Business! evtl kein langfristiger Wettbewerbsvorteil!
...Abschreibungen so gering wie möglich. Positive Beispiele: Wrigley 7% des Bruttogewinns, Coca Cola 6%; negatives Beispiel: GM 22-57% in der Vergangenheit (fairer weise natürlich auch kapitalintensive Branche)
...Zinsaufwand so gering wie möglich (max 15% des operativen Gewinns). Somit auch geringe Verschuldung. -->hohe Verschuldung erhöht das Risiko und verschlechtert die Nettomarge! -->kein Wettbewerbsvorteil! Beispiele: P&G ca 8% (positiv); Goodyear 49% (negativ)
-Reingewinn (Net income) mind. 20% der Nettoerlöse -->hohe Marge deutet auf Flexibilität hin. Man ist in Krisen gut gerüstet und kann auch mit niedrigeren Margen noch gut leben. Wettbewerbsvorteil!
-Reingewinn muss ausreichen, seine Schulden innerhalb von 3-4 Jahren abzutragen.
-Gewinn je Aktie im 10 Jahreshorizont mit kontinuierlichem Aufwärtstrend.
Balance Sheet (Bilanz):
-Vorräte: Sollte gemeinsam mit dem Gewinn steigen. Höherer Bestand an Vorräten sollte auf höhere Nachfrage hindeuten. Höhere Vorräte bei niedrigeren Gewinn könnte aber auf Ladenhüter hindeuten, die abgeschrieben werden müssen. Evtl. bekommt man gewisse Bestände nicht an den Kunden, was langfristig nichts gutes bedeutet.
-Sachanlagen: Unternehmen, die keinen langfristigen Wettbewerbsvorteil haben sind einem ständigen Wettbewerb ausgesetzt, was bedeutet, dass sie in dem Versuch, konkurrenzfähig zu bleiben, ihre Produktionsanlagen ständig auf den neusten Stand bringen müssen, und das häufig, bevor sie abgenutzt sind. -->Beständige Produkte, die man nicht verändern muss ergeben somit einen Wettbewerbsvorteil. Gute Beispiele sind hier Coca Cola oder Wrigleys.
-Kurzfristiges Fremdkapital < Langfristiges Fremdkapital: Wäre das Verhältnis umgekehrt würde das bedeuten, dass man eine sehr aggressive Finanzpolitik verfolgt. Das kann zwar bedeuten, dass man kurzfristig viel Geld generiert, man aber auf lange Sicht sehr risikoreich agiert. In finanziell schwierigen Zeiten haben also Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, die gegenüber ihrer Konkurrenz, langfristige und somit planbare Verbindlichkeiten eingehen.
-Eigene Aktien (Treasury Shares): Treasury Shares erkennt man daran, dass sie einen negativen Posten im Eigenkapital darstellen. Unternehmen mit eigenen Aktien in der Bilanz deuten auf einen Wettbewerbsvorteil hin. Mit Aktienrückkaufprogrammen, wodurch eigene Aktien im Eigenkapital generiert werden, wird bewusst sharholder value betrieben, da solche Rückkaufprogramme Kurspflege bedeuten. Das Unternehmen ist somit tendenziell anlegerfreundlich. Aktienrückkäufe sind zudem steuerfrei für Anleger, im Gegensatz zur Dividende (auf Deutschland bezogen).
-Dividende: Keine Ausschüttungen aus der Substanz/EK des Unternehmens. Folgende Rechnung sollte dabei immer mit einer positiven Zahl enden:
Reingewinn (net income) – Dividende - Aktienrückkäufe = Delta (positiv gut, negativ schlecht). Ist der Wert negativ bedeutet das nichts anderes, als dass das Unternehmen aus seiner eigenen Substanz Dividende ausschüttet. Langfristig kann das nicht gut gehen!
Cash-Flow-Statement:
-Investitionskosten so gering wie möglich (10 Jahresperspektive). -->Ziel <50% des Reingewinns. Ein gutes Beispiel ist Moodys. Die Investitionskosten betragen hierbei ca. 5% des Gewinns, was sehr niedrig ist. Hohe Investitionen sind allerdings nicht per se schlecht. Langfristig betrachtet generiert dies aber keinen Wettbewerbsvorteil, da man stets viel Kapital für die Weiterentwicklung des Produktes/Dienstleistung verwenden muss („Bei na Coke braucht man eben nicht mehr groß investieren“ - positiv!). Kurzfristig können hohe Investitionen aber durchaus sinnvoll sein. Die Kunst besteht auch eher darin, Unternehmen zu finden, die auf lange Sicht nicht viel investieren müssen, damit ihr Geschäftsmodell funktioniert.
-Free-Cash-Flow: Dieser ist für die Liquiditätsplanung wichtig und zeigt an, was an freiem Cashflow übrig ist für Dividende, Aktienrückkäufe und Rückführung von Fremdkapital (FCF = Cashflow aus operativer Tätigkeit – Cashflow aus Investitionstätigkeit).
Ich hoffe, ich konnte euch eine gute Übersicht geben, worauf Value Investoren achten. Es ist allerdings im Einzelfall zu beurteilen, ob man auf den ein oder anderen Aspekt hinweg sehen kann. Die Eckdaten, die ich euch auf den Weg geben möchte, sind Anhaltspunkte und nicht in Stein gemeißelt. Schlussendlich gibt es auch nicht das eine perfekte Unternehmen, welches alle Kriterien stets erfüllt. Dazu gibt es immer auch Branchenunterschiede. Kapitalintensive Unternehmen in der Industrie kann man bspw. nicht mit Tech-Unternehmen vergleichen, welche eher mal bessere Margen aufweisen. Das liegt in der Natur der Sache.
Selbstverständlich ist der Beitrag nicht abschließend. Es gibt viele weitere Dinge und Kennzahlen, auf die man im Einzelfall achten sollte. Mit dieser Aufstellung fährt man aber sicherlich ganz gut. Dinge, auf die ich nicht eingegangen bin aber ebenso für einen Value Investor wichtig sind [2] [3]:
-Management: Wird das Unternehmen von aufrichtigen Managern geleitet, die wie Eigentümer handeln?
-Verstehe das Geschäftsmodell!-->Das natürlich unabhängig vom Investmentansatz.
-Bewertung: Kann die Aktie des Unternehmens zu einem Preis gekauft werden, der deutlich unter dem inneren Wert liegt? -->Unternehmensbewertung (relative Kennzahlen wie KGV, KUV, KCV, KBV, PEG Ratio sowie die konkrete Unternehmensbewertung anhand der DCF Methode).
Ganz kurz zur Bewertung: Auch hier wird immer gerne das KGV verwendet (auch von mir). Seid euch aber im Klaren, dass das KGV nur eine relative Bewertung darstellt. Sie dient als erste Standortbestimmung, bildet aber eine Sache nicht ab: Die Entwicklung des Unternehmens in der Zukunft. Unterscheidet daher immer zwischen der relativen Bewertung (KGV, KUV, etc.) und der intrinsischen Bewertung (u.a. DCF), welche künftige Zahlungsströme und Risikoelemente berücksichtigt. Nur, weil die relative Bewertung behauptet, dass das Unternehmen günstig/teuer sei, ist das längst nicht der Fall. Buffett verwendet als erste Standortbestimmung gerne die 10x Pretax Rule (EBT Multiple, welches <10 sein sollte) betont aber immer wieder, dass eine DCF Bewertung unabdingbar ist. Die relative Bewertung hat viele Schwachstellen (neben der Einfachheit), im Gegensatz zur intrinsischen Bewertungsmethodik. Um zumindest ansatzweise künftiges Wachstum zu berücksichtigen würde ich daher stets das PEG Ratio in mein Repertoire aufnehmen. Und selbst „the one and only“ verwendet eher EBT Multiples und nicht das Gewinn-Multiple (KGV) [4]. Warum? Das kann ich euch gerne in einem weiteren Beitrag mitteilen :)
Ich hoffe der Beitrag hat euch gefallen. Vielleicht hat ja auch @Divmann noch eine schöne Ergänzung (im Value Gedanken vereint). Falls euch grundlegende Dinge, wie bspw. der Aufbau von Income Statement, Balance Sheet, Cash-Flow-Statement unklar sind, gebt mir dazu gerne Feedback. Bei Bedarf, kann ich auch ein paar Posts zu den Basics vorbereiten, damit ihr die Value Idee besser versteht. In diesem Sinne ein schönes Wochenende :)
Bücher, die ich euch zum Thema Value Investing ans Herz legen möchte (ich empfehle nur Bücher, die ich selbst gelesen habe):
-Für Einsteiger mit Basiswissen: So liest Warren Buffet Unternehmenszahlen – Mary Buffet, David Clark
-Für Fortgeschrittene und Experten: The little book of valuation – How to Value a Company, Pick a Stock, and Profit – Aswath Damodaran
Stichwortverzeichnis für eure eigene Recherche im www:
-Value Investing
-Die wichtigsten Kennzahlen für Aktien
-Aufbau eines Geschäftsberichts
-Methoden zur Unternehmenbewertung: DCF, Ertragswert-Verfahren, Substanzwert-Verfahren, Multiples, etc.
-Warren Buffett und Charlie Munger
-Benjamin Graham
Quellen:
[1] Mary Buffett, David Clark; So liest Warren Buffett Unternehmenszahlen
[3] http://www.valueinvesting.de/
[4] https://medium.com/@covenantlite/the-10x-pretax-income-multiple-bc201e3481cc
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