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Unilever – Starker Markenriese unter Druck?

$ULVR (+0,08 %)

Auch hier teile ich gern meine Analyse aus meinem Blog mit euch:

Depot-Position (Stand Juli 2025):

⤷ 83,84 Stück | Ø Kaufkurs: 47,18 € | Aktueller Kurs: 52,11 € | Performance: +10,46 %

⤷ Dividendenrendite auf Einstand: ~3,7 % brutto

🧼 Was macht Unilever eigentlich?

Unilever ist ein echter Dauerläufer im globalen Konsumgütergeschäft. Über 400 Marken in über 190 Ländern – viele davon kennt man aus dem Alltag: Dove, Knorr, Ben & Jerry’s, Domestos, Rexona, Magnum, Lipton, Hellmann’s und viele mehr. In den Supermarktregalen dieser Welt ist Unilever fast überall vertreten.

Der Konzern gliedert sich aktuell in fünf Sparten:

  • Beauty & Wellbeing (Haarpflege, Wellness, Nahrungsergänzung)
  • Personal Care (Deo, Seifen, Körperpflege)
  • Home Care (Waschmittel, Reiniger)
  • Nutrition (Suppen, Saucen, Fertiggerichte)
  • Ice Cream (Magnum, Langnese, Ben & Jerry’s)

Etwa 60 % des Umsatzes stammen aus Schwellenländern, was Unilever im Vergleich zur Konkurrenz besonders global aufgestellt macht. Gleichzeitig ist das aber auch ein zweischneidiges Schwert – dazu später mehr.

📊 Zahlenwerk: Kein Wachstum, aber solide Basis

Kennzahl2023Einschätzung

Umsatz

59,6 Mrd. €

+7 % organisch, real leicht rückläufig

EBIT-Marge

16,7 %

Verbesserungsbedarf bleibt

Free Cashflow

7,1 Mrd. €

Stark

Dividende

1,73 €/Aktie

Stabil, leicht steigend

Ausschüttungsquote

ca. 70–75 %

Hoch, aber durch Cash gedeckt

Netto-Verschuldung

~23,7 Mrd. €

Leverage bei ~2,1× EBITDA

Eigenkapitalquote

~30 %

Niedrig, aber akzeptabel

Der Cashflow ist der Fels in der Brandung. Die operative Marge konnte sich zuletzt stabilisieren – das ist wichtig, denn die Kostenexplosion durch Rohstoffe und Logistik 2021/22 hat ordentlich an der Profitabilität genagt. Mengenmäßig verliert Unilever zwar ein bisschen, kann das aber über Preise kompensieren. Das macht man nicht ewig – aber 2023 hat es noch funktioniert.

🧮 Bewertung: Fair, aber kein Schnäppchen

Das KGV liegt bei ca. 19, das EV/EBITDA bei rund 13–14, und die Dividendenrendite bei 3,3 %. Damit ist Unilever nicht günstig, aber auch nicht überteuert. Für ein stabiles, margenstarkes Unternehmen mit globaler Präsenz und guter Dividendenhistorie geht das in Ordnung.

Ein konservatives DCF-Modell (3 % Wachstum, 7,5 % WACC) ergibt einen fairen Wert von etwa 40 € je Aktie. Aktuell stehen wir bei rund 52 € – also kein Value-Play, aber auch keine Blase.

🤼 Konkurrenzanalyse: Wer kämpft mit Unilever um das Badezimmerregal?

Hier wird’s spannend. Denn gerade für Konsumgüter gilt: Der Platz im Regal ist begrenzt. Und der Verbraucher entscheidet oft impulsiv. Die größten Kontrahenten von Unilever sind alte Bekannte – mit ganz eigenen Stärken:

🥇 Procter & Gamble (P&G) – Der fokussierte Effizienzriese

  • Marken: Ariel, Pampers, Head & Shoulders, Gillette, Always
  • Fokus: USA & Industrieländer, hohe Markenbindung, exzellentes Marketing
  • EBIT-Marge: ~22–23 % – deutlich höher als bei Unilever
  • Bewertung: KGV ~23 – Premium für Premium

Einordnung:

P&G hat sein Portfolio deutlich gestrafft und konzentriert sich auf ertragsstarke Marken. In Waschmittel, Windeln, Haarpflege ist P&G klar dominanter – Unilever wirkt im Vergleich breiter, aber auch etwas beliebiger. Was P&G an EM-Wachstum fehlt, gleicht es durch operative Exzellenz aus. Wer das Benchmarking sucht: Hier liegt die Latte für Unilever.

🍫 Nestlé – Der Lebensmittel-Gigant

  • Marken: Nescafé, KitKat, Maggi, Purina, Mövenpick
  • Fokus: Ernährung, Tierfutter, Kaffee – kaum Kosmetik
  • EBIT-Marge: ~17–18 %
  • Bewertung: KGV ~24

Einordnung:

In der Food-Sparte ist Nestlé haushoch überlegen. Mehr Fokus, höhere Margen, stärkere Innovationskraft (z. B. Health Science, Tiernahrung). Unilever hat mit Knorr und Hellmann’s gute Marken – aber nicht die Breite und Tiefe von Nestlé. Auch in Eiscreme ist Nestlé trotz Teilverkäufen weiter ein relevanter Wettbewerber.

😁 Colgate-Palmolive – Der Spezialist für Zahnpflege

  • Marken: Colgate, Palmolive, Ajax, Sanex, Hill’s Pet
  • Fokus: Oral Care, Hygiene, Tierernährung
  • EBIT-Marge: ~22 %

Einordnung:

Colgate dominiert die Zahnpasta-Welt – mit einem Marktanteil von fast 40 %. Hier kann Unilever mit Signal und Pepsodent zwar mitspielen, aber meist nur in Emerging Markets. In Körperpflege gibt’s Schnittmengen – aber insgesamt ist Colgate spitzer positioniert und profitabler.

💄 L’Oréal – Die Beauty-Macht

  • Marken: L’Oréal Paris, Garnier, Kiehl’s, Lancôme, Maybelline
  • Fokus: Kosmetik, Hautpflege, Haarfarbe
  • EBIT-Marge: ~20–21 %

Einordnung:

L’Oréal spielt in einer anderen Liga – Premium, Luxus, riesiger Innovationsapparat. Unilever versucht mit Zukäufen wie Paula’s Choice oder Nutrafol dagegenzuhalten, bleibt aber im Massenmarkt verhaftet. In Indien oder Afrika funktioniert das – im High-End-Segment hat L’Oréal aber kaum Konkurrenz zu fürchten.

🧼 Henkel & Reckitt – Die regionalen Herausforderer

  • Marken: Persil, Pril, Schwarzkopf, Finish, Sagrotan, Durex
  • Fokus: Haushalt & Hygiene
  • Beide mit Herausforderungen: Henkel im Umbau, Reckitt mit teils schrumpfenden Margen

Einordnung:

In Europa sind diese Marken bekannter als z. B. Dove – besonders Persil gegen Omo ist ein Klassiker. Unilever punktet hier mit globaler Reichweite, während Henkel & Co. vor allem in Deutschland und Westeuropa stark sind.

👨‍👩‍👧‍👦 Die größte Gefahr? Eigenmarken

Die schärfste Konkurrenz sitzt mittlerweile direkt im Supermarktregal: No-Name-Produkte, Handelsmarken, günstige Alternativen. Lidl, Aldi, Carrefour, Tesco – sie bauen ihre Hausmarken massiv aus. Und die Qualität ist oft „gut genug“.

Unilever verlor 2023 Marktanteile, besonders in Europa, wo Verbraucher bei gestiegenen Preisen zu Handelsmarken wechselten. Das zeigt: Die Preissetzungsmacht der Marken ist nicht grenzenlos. Der Wettbewerb hat sich fundamental verändert.

📬 Fazit – Was tun mit Unilever?

Unilever ist kein Kursraketen-Kandidat. Aber es ist ein Unternehmen, das mit starken Marken, robuster Bilanz und globalem Setup zuverlässig Dividenden ausschüttet – selbst in rauem Umfeld.

Pro:

✅ Breites Markenportfolio mit globaler Präsenz

✅ Fokus auf Cashflow, Dividende & Effizienz

✅ Starke Stellung in Emerging Markets

✅ Nachhaltigkeitsprofil & Transformationspotenzial

Contra:

❌ Wachstumsstory schwach

❌ Margen unter Druck durch Preissensibilität & Handelsmarken

❌ Kein klarer Fokus – vieles, aber nichts dominierend

💡 Handlungsempfehlung

EntscheidungEinschätzung

Halten

Ja – für Dividendenstrategie & Stabilität

Sparplan

Möglich, aber eher bei Kursschwäche (<50 €)

Nachkaufen

Nur selektiv – kein Schnäppchen

Verkaufen

Nein – solange Cash & Dividende laufen

📊 SteFinanz-Ampel

KriteriumBewertung

Wachstum

🟡 Mittelmäßig

Bilanzqualität

🟢 Solide

Dividende

🟢 Verlässlich

Bewertung

🟡 Fair bis neutral

Wettbewerbsvorteile

🟢 Marken

Risiko Exposure

🟡 Schwellenländer, Inflation

✍️ Mein persönliches Fazit

Ich sehe Unilever als Stabilisator im Depot. Kein Wachstumswunder, aber ein verlässlicher Dividendenzahler mit defensivem Profil. Die Konkurrenz ist stark – P&G, Nestlé, Colgate – alle mit ihren Stärken. Doch Unilever hat mit seiner globalen Diversifizierung, seiner Präsenz in Schwellenländern und seinem Markenmix ein gutes Fundament gelegt.

Ich bleibe investiert – und überlege, bei Rücksetzern unter 50 € einen kleinen Sparplan aufzusetzen, um langfristig vom EM-Wachstum und dem Fokus auf Effizienz zu profitieren. Aber für echte Kursfantasie muss sich bei der Marge noch einiges tun.

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4 Kommentare

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Spannende Perspektive. Unilever war bei mir immer so ein Kandidat der im Depot war, weil er schon immer da war. Ich muss diese Kandidaten mal alle überdenken 😄
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Bei Unilever $ULVR bin ich tatsächlich hin- und hergerissen.

Normalerweise würde ich sagen: Konsumgüter werden immer gebraucht - das ist ein Geschäft was 'immer läuft'. Auf der anderen Seite sitzt bei vielen Verbrauchern das Geld nicht mehr so locker wie früher und da kommen die Discounter mit den Handelsmarken ins Spiel.
Hier sehe ich durchaus eine Gefahr für Hersteller wie Unilever, da die No-Nane Produkte in Tests oft gar nicht so schlecht abschneiden und im Regal oft nur die Hälfte vom Markenprodukt kosten. Die Konkurrenz durch Eigenmarken wird eher steigen als verschwinden und bei hoher Konkurrenz lassen sich nur schwer die Margen steigern.
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@NichtRelevant ja geht mir genauso. Andererseits ist es aktuell noch ne gute Cash Cow wenn man Dividenden mag.
Ich denke schon, wer einmal Marken kauft, wird es immer tun. Aber ich unterstütze deinen Punkt, die Eigenmarken sind stark.
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Not a dividend booster, but a rock for the portfolio. Looks now at a bottom in the market, so I started a position last week. Thx for the effort of analyzing this.
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