Warum Kurse nicht immer die Realität widerspiegeln
Was gerade bei Adobe geschieht, offenbart ein grundlegendes psychologisches Problem der Börse. Schaut man sich die Kursentwicklung an, bekommt man unweigerlich das Gefühl, dass mit dem Unternehmen etwas nicht stimmt.
Wäre alles in Ordnung, würde der Kurs schließlich steigen, nicht wahr?
Doch dabei handelt es sich um einen Trugschluss. Es kommt an der Börse ständig vor, dass Kurse und fundamentale Realität auseinanderdriften. In vielen Fällen wird diese Diskrepanz innerhalb einiger Monate aufgelöst, in anderen Fällen dauert es sehr viel länger.
Doch am Ende geschieht immer dasselbe: Der Kurs folgt den Fundamentaldaten.
Die Realität kann lange ignoriert werden, jedoch nicht auf ewig – und je länger die Phase der Ignoranz dauert, umso impulsiver geht es anschließend aufwärts. Die Zahl der Beispiele, die das belegen, ist schier endlos
Adobe liefert Rekorde
Adobe hat im letzten Jahr auf allen Ebenen neue Rekorde geliefert. Der Umsatz ist um 13 % auf 47,87 USD je Aktie gestiegen, der Gewinn um 15 % auf 18,42 USD und der freie Cashflow um 16 % auf 17,51 USD je Aktie.
Seitdem hat sich die positive Entwicklung konsequent fortgesetzt. Im ersten Quartal wurden die Erwartungen durchweg übertroffen und die Gewinnerwartungen für 2025 in Höhe von 20,20 – 20,50 USD je Aktie bestätigt.
Als Reaktion darauf ist der Kurs eingebrochen.
Im zweiten Quartal lag der Gewinn mit 5,06 USD je Aktie weit über den Erwartungen von 4,98 USD. Mit einem Umsatz von 5,87 Mrd. USD wurden die Analystenschätzungen von 5,80 Mrd. USD ebenfalls übertroffen. Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 11 % und einem Gewinnsprung von 13 %.
Daraufhin wurde die Gewinnprognose von 20,20 – 20,50 auf 20,50 – 20,70 USD je Aktie erhöht.
Der Kurs von Adobe hat daraufhin weiter nachgegeben
Ist der Startschuss gefallen?
Am 11. September hat das Unternehmen die Zahlen zum dritten Quartal vorgelegt und tatsächlich hat die Aktie positiv reagiert. Vorbörslich notiert Adobe 4,41 % im Plus bei 366 USD.
In Q3 lag der Gewinn mit 5,31 USD je Aktie wieder über den Erwartungen von 5,16 USD. Mit einem Umsatz von 5,99 Mrd. USD wurden die Analystenschätzungen von 5,90 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 11 % und einem Gewinnsprung von 14 %.
Neben dem organischen Wachstum haben dazu auch die laufenden Aktienrückkäufe beigetragen – im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der ausstehenden Papiere von 448 auf 424 Millionen Stück gesunken.
Der Auftragsbestand (RPO, Remaining Performance Obligations) konnte hingegen von 18,14 auf 20,44 Mrd. USD gesteigert werden.
Die Zeichen stehen demnach weiterhin auf Wachstum.
KI-Verlierer oder KI-Gewinner?
Inzwischen entfällt fast ein Viertel der Umsätze auf Produkte, die auch KI-Funktionen beinhalten. Der annualisierte Umsatz in diesem Bereich liegt inzwischen bei mehr als 5 Mrd. USD.
Daher hat Adobe die Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr von 23,5 – 23,6 auf 23,65 – 23,70 Mrd. USD und die Gewinnerwartungen von 20,50 – 20,70 auf 20,80 – 20,85 USD je Aktie erhöht.
Auf Jahressicht entspräche das einem Gewinnsprung von etwa 13 %.
Adobe kommt demnach auf eine forward P/E von 17,6. Damit kommt Adobe derzeit auf eine Bewertung, die normalerweise Unternehmen mit niedrigen einstelligen Wachstumsraten zugestanden wird.
Sollten sich die Disruptionsfantasien der Bären nicht bewahrheiten, ergibt sich daraus ein entsprechendes Kurspotenzial. In den letzten fünf Jahren lag die P/E durchschnittlich bei 38

Adobe Aktie: Chart vom 12.09.2025, Kurs: 366,00 USD – Kürzel: ADBE | Quelle: TWS
Adobe könnte einen Doppelboden ausgebildet haben, der Kurspotenzial bis 382 USD bietet. Darüber käme es zu einem Kaufsignal mit möglichen Kurszielen bei 422 und 440 USD.
Kann auch diese Hürde überwunden werden, würde das mittelfristige Kursgewinne bis 500 – 512 USD ermöglichen.
Fällt die Aktie hingegen unter 332 USD, ist die Bodenbildung vorerst gescheitert und die Bullen haben ihre Chance.