Immer wieder lese ich hier von Nutzern, die sich einen Fehlkauf eingestanden haben (super), sich von diesem aber erst trennen wollen, sobald dies mit Gewinn möglich ist (nicht so super). Warum das Blödsinn ist und Fehlkäufe möglichst zeitnah veräußert werden sollten - egal ob im Plus oder Minus - schauen wir uns in diesem Beitrag an. Ich spreche in diesem Beitrag von Investment A, das du verkaufen möchtest, und Investment B, das du kaufen möchtest.
𝐖𝐞𝐥𝐜𝐡𝐞 𝐆𝐫ü𝐧𝐝𝐞 𝐠𝐢𝐛𝐭 𝐞𝐬 ü𝐛𝐞𝐫𝐡𝐚𝐮𝐩𝐭, 𝐮𝐦 𝐞𝐢𝐧𝐞 𝐈𝐧𝐯𝐞𝐬𝐭𝐢𝐭𝐢𝐨𝐧 𝐳𝐮 𝐯𝐞𝐫𝐤𝐚𝐮𝐟𝐞𝐧?
Sicherlich viele. Hier betrachten wir aber hauptsächlich zwei Situationen:
1) Der Investmentcase von A stimmt nicht mehr. Es gibt also bspw. neue Erkenntnisse zu einem Unternehmen, in welches investiert wurde, die die Renditechancen deutlich schmälern. Ein anderes Beispiel wäre das Investment in einen Sektor ETF, für welchen sich die Wachstumsaussichten verschlechtert haben. Oder es haben sich die persönlichen Präferenzen geändert, bspw. weil das Risiko im Portfolio reduziert werden soll. Kurzum: Der Grund, warum du in A investiert hast, ist nicht mehr valide. Du möchtest dich von A trennen, weil es nicht mehr in dein Portfolio passt.
2) Es hat sich ein neuer Investmentcase B ergeben, der besser in deine Strategie passt. Der Investmentcase von A ist also noch intakt, es gibt aber eine andere Anlagemöglichkeit, die noch besser in dein Portfolio passt. Bspw. weil du, als risikofreudiger Anleger, bisher einen Blockchain-ETF bespart hast, @stefan_21 dir nun aber auf GetQuin gezeigt hat, wie du ganz einfach selbst Bitcoin halten kannst und du die Renditechancen hier höher einschätzt.
Rein rational wird ein Investment also umgeschichtet, weil ein anderes Investment mehr Rendite oder ein geringeres Risiko verspricht. Sobald du das erkennst, solltest du auch umschichten.
𝐉𝐚 𝐬𝐜𝐡𝐨𝐧, 𝐚𝐛𝐞𝐫 𝐦𝐞𝐢𝐧 𝐈𝐧𝐯𝐞𝐬𝐭𝐦𝐞𝐧𝐭 𝐢𝐬𝐭 𝐣𝐞𝐭𝐳𝐭 𝐬𝐨 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐤 𝐠𝐞𝐟𝐚𝐥𝐥𝐞𝐧, 𝐝𝐚𝐬 𝐰𝐢𝐫𝐝 𝐬𝐢𝐜𝐡 𝐬𝐜𝐡𝐨𝐧 𝐰𝐢𝐞𝐝𝐞𝐫 𝐞𝐫𝐡𝐨𝐥𝐞𝐧. 𝐖𝐚𝐫𝐮𝐦 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐧𝐨𝐜𝐡 𝐦𝐢𝐭 𝐝𝐞𝐦 𝐕𝐞𝐫𝐤𝐚𝐮𝐟 𝐰𝐚𝐫𝐭𝐞𝐧, 𝐛𝐢𝐬 𝐢𝐜𝐡 𝐰𝐢𝐞𝐝𝐞𝐫 𝐢𝐦 𝐏𝐥𝐮𝐬 𝐛𝐢𝐧?
Angenommen du fasst den Entschluss, von Investment A auf Investment B aufgrund höherer Rendite umzuschichten. Dann gehst du davon aus, dass sich B in Zukunft besser als A entwickeln wird. Wenn du wartest, bis du mit A wieder im Plus bist (sofern du mit A überhaupt jemals wieder ins Plus kommst), ist B zwischenzeitlich wahrscheinlich stärker als A gestiegen. Das besagt zumindest dein Investmentcase. Im Vergleich zu einem Sofortverkauf kannst du dir also, wenn du wartest und trotz, dass du A mit Gewinn verkaufst, von deinem Verkaufserlös weniger B kaufen. Zudem musst du deinen Gewinn durch den Verkauf von A zusätzlich versteuern, wodurch du dir noch weniger B leisten kannst. Hättest du mit Verlust verkauft, wären keine Steuern fällig geworden. Falls dir das zu theoretisch war, gibt's ein bisschen weiter unten auch noch ein Rechenbeispiel.
Angenommen du möchtest von Investment A auf ein risikoärmeres Investment B umschichten. Bspw. weil du das Geld in absehbarer Zeit benötigst. Auch dann ergibt es Sinn, A direkt zu verkaufen und in B zu investieren (kann in diesem Fall auch das Tagesgeldkonto sein), da A - aufgrund des höheren Risikos - ja noch deutlich weiter abstürzen könnte und du dir mehr Stabilität im Depot wünschst.
𝐁𝐥ö𝐝𝐬𝐢𝐧𝐧! 𝐈𝐜𝐡 𝐛𝐢𝐧 𝐦𝐢𝐫 𝐚𝐮𝐟𝐠𝐫𝐮𝐧𝐝 [hier beliebigen Grund einfügen] 𝐬𝐢𝐜𝐡𝐞𝐫, 𝐝𝐚𝐬𝐬 𝐀 𝐤𝐮𝐫𝐳𝐟𝐫𝐢𝐬𝐭𝐢𝐠 𝐬𝐭ä𝐫𝐤𝐞𝐫 𝐚𝐥𝐬 𝐁 𝐬𝐭𝐞𝐢𝐠𝐞𝐧 𝐰𝐢𝐫𝐝. 𝐄𝐧𝐭𝐬𝐩𝐫𝐞𝐜𝐡𝐞𝐧𝐝 𝐰𝐚𝐫𝐭𝐞 𝐢𝐜𝐡 𝐚𝐮𝐜𝐡 𝐧𝐨𝐜𝐡 𝐦𝐢𝐭 𝐝𝐞𝐦 𝐔𝐦𝐬𝐜𝐡𝐢𝐜𝐡𝐭𝐞𝐧.
Wenn du dir hier so sicher bist und abwartest, betreibst du Market Timing. Wenn du darin gut bist (was ich nicht glaube, sonst wärst du mit A nicht im Minus), kannst du darauf natürlich spekulieren. Dann solltest du aber alles in A umschichten, da du ja weißt, dass du mit A eine Überrendite erzielen wirst. Das möchtest du nicht? Dachte ich mir. Deshalb A sofort verkaufen und in B investieren.
𝐈𝐜𝐡 𝐛𝐢𝐧 𝐧𝐨𝐜𝐡 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 ü𝐛𝐞𝐫𝐳𝐞𝐮𝐠𝐭. 𝐇𝐚𝐬𝐭 𝐝𝐮 𝐞𝐢𝐧 𝐩𝐚𝐚𝐫 𝐑𝐞𝐜𝐡𝐞𝐧𝐛𝐞𝐢𝐬𝐩𝐢𝐞𝐥𝐞?
Na klar. Angenommen A und B sind am 01.06. jeweils 100 Euro Wert. Du hast A für 110 Euro gekauft und versprichst dir von B eine höhere Rendite. Wir gehen davon aus, dass du mit deinem Investmentcase richtig liegst und B eine höhere Rendite als A erzielt. Solltest du kein (ausreichendes) Vertrauen in deinen Investmentcase haben, ist das ein klares Zeichen, dass du dich intensiver mit den beiden Investments und der aktuellen Marktlage beschäftigen solltest.
𝐒𝐳𝐞𝐧𝐚𝐫𝐢𝐨 𝟏: Du wartest, bis du mit A in der Gewinnzone bist (115 Euro, um auch die Gebühren wieder reinzuholen) und schichtest dann in B um. A steigt tatsächlich bis zum 01.12. auf die gewünschten 115 Euro. Du verkaufst also A für 115 Euro, musst auf die 5 Euro Gewinn noch Steuern zahlen und erhältst ca. 113,75 Euro. Da B, gemäß deiner Investitionstheorie, stärker steigt, hat B zu diesem Zeitpunkt einen Wert von 120 Euro. Du kaufst dir von deinen 113,75 Euro ungefähr 0,948 B.
𝐒𝐳𝐞𝐧𝐚𝐫𝐢𝐨 𝟐: Auch hier möchtest du A für 115 Euro verkaufen und dann in B umschichten. A entwickelt sich aber nicht wie von dir erhofft. Im Gegenteil. Am 01.12. liegt der Kurs von A bei nur noch 95 Euro. Da B mittlerweile auf 120 Euro gestiegen ist, wirst du nervös und schichtest nun doch mit Verlust um. Du musst keine Steuern zahlen und erhältst für deine 95 Euro gerade einmal 0,792 B.
𝐒𝐳𝐞𝐧𝐚𝐫𝐢𝐨 𝟑: Du verkaufst A sofort und schichtest in B um. Da du im Minus bist, musst du keine Steuern zahlen und erhältst für deine 100 Euro auch genau 1 B. Am 01.12. ist dir der Kurs von A komplett egal, der Kurs von B liegt gleichzeitig bei 120 Euro und du hast noch immer exakt 1 B.
𝐒𝐳𝐞𝐧𝐚𝐫𝐢𝐨 𝟒: Du verkaufst A für 115 Euro. Auch wenn B mittelfristig eine bessere Rendite erzielt, erwischst du einen guten Zeitpunkt und kannst B für 114,50 Euro kaufen. Da auf deine 5 Euro Gewinn Steuern anfallen, erhältst du 113,75 Euro und kaufst dir davon 0,993 B.
Du siehst also, selbst wenn sich A minimal besser als B entwickelt, stehst du am Ende mit mehr B und damit mehr Geld da, wenn du sofort verkaufst. Außerdem kannst du dir sicherlich auch einige nervenkostenden Blicke in dein Depot sparen, weil du direkt in B, das Investment, an das du glaubst, investierst und nicht hoffen musst, dass A, das Investment, an das du nicht mehr glaubst, aus irgendeinem Grund deutlich stärker als B steigt und du zufällig den richtigen Zeitpunkt zum Verkauf und Kauf erwischst. Außerdem füllst du damit deinen Verlusttopf und kannst Steuern sparen, solltest du ein anderes Investment mit Gewinn verkaufen.
𝐔𝐧𝐝 𝐰𝐚𝐬 𝐢𝐬𝐭, 𝐰𝐞𝐧𝐧 𝐀 𝐝𝐨𝐜𝐡 𝐬𝐭ä𝐫𝐤𝐞𝐫 𝐚𝐥𝐬 𝐁 𝐬𝐭𝐞𝐢𝐠𝐭?
Das ist natürlich möglich. Angenommen A steigt bis zum 01.12. auf 115 Euro während B nur auf 110 Euro steigt. Dann kannst du, nach Steuern, noch 113,75 Euro in B investieren und könntest 1,034 B kaufen. Das würde aber deinem gut analysierten Investmentcase widersprechen und wäre entsprechend deutlich unwahrscheinlicher als ein höherer Kursgewinn bei B. Du wettest damit also gegen dich selbst. Klingt komisch, ist es auch.
𝐎𝐤𝐚𝐲 𝐨𝐤𝐚𝐲, 𝐢𝐜𝐡 𝐡𝐚𝐛𝐞 𝐯𝐞𝐫𝐬𝐭𝐚𝐧𝐝𝐞𝐧. 𝐇𝐚𝐬𝐭 𝐝𝐮 𝐭𝐫𝐨𝐭𝐳𝐝𝐞𝐦 𝐧𝐨𝐜𝐡 𝐞𝐢𝐧𝐞𝐧 𝐓𝐢𝐩𝐩 𝐟ü𝐫 𝐦𝐢𝐜𝐡?
Ja! Um noch einmal auf das Rechenbeispiel zurückzukommen: Stell dir vor, du hättest 100 Euro zur freien Verfügung. Würdest du diese 100 Euro dann in A oder in B stecken? Vermutlich in B. Also hol dir die 100 Euro durch den Verkauf von A und stecke sie in B!
Hast du schon einmal zu lange an einem Fehlkauf festgehalten oder verkaufst du immer sofort, wenn der Investmentcase nicht mehr passt?