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Hallo Donkey, dein Artikel ist leider an mir vorbeigegangen. Bin erst heute darauf gestoßen.
Vorab: wie du schon anmerkst, sind die Angaben sehr individuell. Dahingehend möchte ich einmal meine Erfahrungen (aus meiner Familie, bin der einzige Mieter aller meiner Verwandten bis Cousins 2. Grades) teilen.
Meine Eltern haben 1995 ein Haus in Eigenleistung gebaut. 260m2. Verkauft haben sie 2020, also genau nach 25 Jahren wie in deinem Beispiel. Einen Makler brauchte man dafür nicht, es gab deutlich mehr Nachfrage durch 5 Minuten Mund-zu-Mund-Propaganda im Supermarkt. Si hatten drei Wochen nach Einzug einen Wasserrohrbruch - kompletter Keller geflutet. Ansonsten in den 25 Jahren: nichts. Der Vorteil an neuen Häusern: grundsätzlich wenig, was kaputt geht. Instandhaltungsrücklage war der (großzügige) Notgroschen, der aber auch vorher schon (damals noch als Mieter) bestand. Wurde aber nie benötigt, außer mal für Holzschutzlasur für den Gartenzaun, etc. - Dinge, die wohl auch einige Mieter von Häusern selbst machen müssten.
Zinskosten sind sehr individuell, denke ich. Meine Eltern haben 50.000 DM kostenloses Darlehen von meinen Großtern bekommen, aber hatten das Haus - und den Kredit der Eltern - 2003 nach 8 Jahren abbezahlt. Genauso gibt es aber auch Leute, die ihre Tilgung auf 50 Jahre strecken (ob das noch möglich ist heute, weiß ich nicht; es ging jedenfalls mal, dass man erst in der Rente durch war).

Der größte Punkt für Eigentum ist wohl aber: Freiheit. Ich spreche hier von freistehenden Häusern mit Abstand zum Nachbarn > 10m. Die kann man natürlich auch mieten - aber wird man bei Gefahr, dass irgendwann die Kündigung durch Eigenbedarf im Briefkasten steckt, den Garten so anlegen, wie man es sich vorstellt? Seine Traumküche für 15.000€ einbauen oder ein Heimkino? Gerade beim Neubau kann man sich das Haus genau nach seinen Wünschen einrichten. Mein Cousin hat das Haus meiner Großeltern übernommen und direkt 2 Wände versetzt. Ich glaube, das sind die Punkte, die Käufern mehr wert sind als Mietern.

Meine Eltern haben ihr erstes, zu groß gewordenes Haus verkauft in 2020 und dafür dann einen neuen Bungalow (120m2 Wfl, 600m2 Grundstück) bauen lassen. Das „alte“ Haus hat 30.000€ mehr gegeben als das neue, der Wertzuwachs war jedenfalls überschaubar.
Was mir vor allem auffällt: aus meiner Sicht fällt die finanzielle Komponente der Entscheidung „Mieten oder kaufen“ erst dann ins Gewicht, wenn es einen substantiellen Teil des Gehalts ausmacht, also vor allem in großen Ballungsgebieten. Meine Tante (Industriekauffrau, früher bei einem Brausehersteller, seit 15 Jahren bei einem Automotive-OEM) und mein Onkel (Ausbilder bei den lokalen Stadtwerken) haben mit Anfang 20 ein Haus gebaut. 140m2, weil sie von Anfang an keine Kinder geplant hatten. Mit Anfang 30 war das Haus abbezahlt. Klar, meine Tante hat auf Karrierechancen verzichtet (sie sollte eine Stelle im mittleren Management annnehmen, die sie stellvertretend innehatte; hätte dafür aber in den Raum FFM ziehen und parallel ein Studium nachholen müssen). Also definitiv ein Nachteil eines Hauses. Da mein Onkel aber (als der schlechter verdienende Part) aber mit seinem Arbeitgeber sehr zufrieden ist, stand ein Wechsel nie zur Debatte. Sie fühlen sich in meinem Heimatort so wohl, dass sie sowieso gsr nicht wegziehen wollen. Sie fahren 8 Wochen pro Jahr in den Urlaub (2 Wochen unbezahlt) und können durch Home Office auch Städtetrips ohne Urlaubstage zusätzlich machen.

Das sind ganz oft einfach Lifestyle-Entscheidungen, denke ich. Möchte ich flexibel bleiben, mir offen halten andere Städte auch als Bewohner zu erleben? Möchte ich neue Jobs ausprobieren, die einen Umzug erforderlich machen könnten? Möchte ich mich flexibel zu meinem Platzbedarf verändern können?

Oder möchte ich einen „Ruhepol“, der mir gehört, aus dem ich nicht vertrieben werden kann, den ich mir nach meinen Vorstellungen einrichten / verändern kann? Mit allen damit verbundenen Nachteilen.

Ist aber auch gleichzeitig ein bisschen die Frage „Stadt oder Land“. Auf dem (gut angebundenen) Dorf ist es in vielen Orten noch halbwegs erschwinglich zu kaufen (am bauen scheitert es oft an zu wenig ausgewiesenem Baugrund) und wenig lukrativ zu mieten. Da wo ich herkomme, haben 90% im EFH gewohnt; kannte praktisch keine andere Wohnform. Auch, wenn der Mann in der Fertigung und die Frau in Teilzeit beim lokalen Supermarkt gearbeitet hat, war etwas älterer Bestand leistbar.

Für den amerikanischen Markt habe ich vor Jahren mal eine ähnliche Fragestellung wie die deine gefunden.

https://earlyretirementnow.com/2016/03/23/real-estate-buy-or-rent/amp/


Ein Freund von mir (aus Brasilien) ist in die Niederlande migriert. Der hat gerade das Problem, dass (Ver-)Mieten massiv erschwert wird. Er zahlt sehr viel (in Amsterdam). Kaufen wäre deutlich lukrativer, weil das die Regierung fördert (der eigene Wohnkredit ist tax deductible, aber nicht für Fremdvermietung). Solche Anpassungen von der Politik können natürlich auch jegliche finanzielle Planungen über den Haufen werfen.
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@KevinC danke für das Teilen deiner Erfahrung. Bin vollkommenen bei dir: Kaufen oder mieten ist in erster Linie eine Lifestyle Entscheidung - und dann muss man individual betrachten, was einem diese Entscheidung kostet und was man bereit ist, dafür auszugeben.

Ich komme aus ähnlichen Miete-Eigentum-, Verhältnissen wie du und wollte deshalb eigentlich immer kaufen. Passt aber 0 zu meinem Lifestyle, weshalb ich begonnen habe, zu rechnen. Bin ganz froh, dass sich bei mir in der Region kaufen nicht lohnt 😅. Sollten sich die Bedingungen ändern oder das Portfolio irgendwann so groß werden, dass es eine Immobilie zur Diversifikation anbietet, kann sich meine Meinung aber auch noch einmal ändern.
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@DonkeyInvestor ich bin auch noch unentschlossen. Früher war ws für mich vollkommen klar zu kaufen. Heute… würde mein Herz wohl bluten, müsste ich mein Depot anfassen (auxh keine gesunde Einstellung, ich weiß 😃 ).
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