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Erst mal vielen Dank für deine Mühe, aber meines Erachtens fehlen da ein paar Elemente, welche die Rechnung verändern. Wichtig: Ich will damit nicht, sagen, dass Kaufen immer besser ist, ich sage lediglich, dass einige Faktoren vergessen wurden.

1. Bezuschussung
Viele Modernisierungsmaßnahmen bzw. Bauweisen werden vom Staat bezuschusst, heißt dass im Idealfall bis zu 40% vom Staat bezahlt werden. Das gilt vor allem in den Szenarien, in denen neu gebaut wird oder eine alte Immobilie gekauft und dann saniert wird.

2. Staatliche Unterstützung
Sei es die Eigenheimzulage oder das Baukindergeld, immer wieder gibt es Sonderzahlungen fürs Kaufen oder Bauen. Bei mir waren das mal eben so 24.000€ vom Staat über 10 Jahre. Da ich meine Rate auch so locker bezahlen kann, sind das pro Jahr 2.400€ zusätzlich für mein Portfolio.

3. Sonderkredite
Teile meines Hauses sind zu 0,9% Zinsen finanziert. Wie? Über die ISB des Landes RLP. Außerdem gab es auch hier einen Tilgungszuschuss. Das gilt nur in bestimmten Szenarien, da es bestimmte Grenzen bei den m² gibt (die dank Altbau und Kindern völlig in Ordnung waren), aber man sollte ja den Durchschnitt der Hauskäufe betrachten und nicht einige Luxusimmobilien.

4. Der Egoismus-Faktor
Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben kann, aber es gibt den Egoismus-Faktor oder andersrum den Nocare-Faktor. Wenn ich mir als Käufer heute eine PV aufs Dach setze, die sich in 10 Jahren amortisiert hat (bei gleichbleibenden Strompreisen), dann erhöhe ich nach der Amortisierung mein Portfolio um ca. 80€ pro Monat (je nach Strompreis und Stromverbrauch natürlich). Warum profitiert der Mieter nicht davon? Weil der Vermieter überhaupt kein Interesse daran hat, eine solche Modernisierung durchzuführen, denn die Nebenkosten können ihm total egal sein, solange es kein Überangebot an Wohnungen gibt. Deshalb "Nocare", bzw. "Egoismus". Meine vorherige Vermieterin war eine sehr nette Frau, aber auch die sagte "Modernisierung erst, wenn mir die KfW das bezahlt". Tja und bis dahin hab ich halt mein Warmwasser aus einem alten Durchlauferhitzer bekommen, der ordentlich Strom gefressen hat.

5. Eigenleistung
Das kommt vielleicht ein bisschen auf die Region an, aber hier in ländlicheren Regionen packen die meisten Menschen selbst an, wenn sie einen Altbau gekauft haben. Klar mach ich kein Dach neu, aber jemand kennt jemanden, der ein Fenster einbauen kann, ein paar Rohre werden selbst verlegt, Stromleitungen selbst gezogen, Dämmung selbst reingestopft. Das ist Sparpotential, welches das Portfolio des Käufers erhöht. Hier hängt vieles vom Talent ab, aber wer keine zwei linken Hände hat, kann kleinere Wartungen durchaus selbst übernehmen.

Insgesamt halte ich die Lebensdauer von 100 Jahren auch für eine unpräzise Verallgemeinerung. Je nach Region und Baujahr kann die Substanz völlig unterschiedlich sein. Ich habe mit meinem Vater ein über 200 Jahre altes Haus renoviert und klar sind die Wände nicht gerade, aber die Substanz war so gut, dass lediglich zwischen einigen Fachwerkbalken ein paar neue Lehmziegel rein mussten. Darüber ein neuer Dachstuhl und das hält wieder. Es gibt aber auch Baujahre, in denen so mangelhafte Materialien zum Einsatz gekommen sind, dass außer Abriss nichts mehr geht.

Fazit: Guter Inhalt, aber bei den Szenarien fehlen mir zu viele Faktoren, die einen entscheidenden Einfluss auf das Endergebnis haben.
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@devnerd_daddy vielen Dank für deine sehr gute Ergänzung.

Die Punkte 1-3 sind sehr individuell und können nicht pauschal quantifiziert werden. Deshalb habe ich auch im 1. Teil darauf hingewiesen, dass es eine Menge solcher Faktoren gibt, die - je nach Einzelfall - bei der Berechnung berücksichtigt werden sollten. Entsprechend bitte auch immer für die individuelle Situation selbst durchrechnen. Ich hätte diese Aspekte auch gerne in ein Beispiel einfließen lassen, leider hatte sich bei meinen Aufrufen in den Teilen 1 und 2 keiner mit solchen Punkten gemeldet, schade. Insgesamt wirkt sich 1-3 natürlich pro Käufer aus. Ob es ausreicht, dass in einer individuell Situation Käufer oder Mieter finanziell besser dasteht, müsste man in einem konkreten Beispiel berechnen.

4 das scheint auf dem Papier ein No Brainer zu sein, hier werden aber gerne die Oportunitätskosten vergessen, die natürlich berücksichtigen werden müssen.

5. Von meiner persönlichen Abneigung gegen Eigenleistung mal abgesehen, tauschst du hier deine Lebenszeit gegen Geld - und vermutlich zu einem schlechteren Stundenlohn als bei deiner normalen Erwerbstätigkeit. Da musst du diese extreme Form des Heimwerken schon als echtes Hobby sehen und Spaß daran haben. Und deine Freunde auch.

Habe nie pauschal von einer Lebensdauer einer Immobilie von 100 Jahren gesprochen. Weiß nicht wo du das her nimmst 🤷
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@DonkeyInvestor Ah, das mit den Aufrufen ist natürlich schade; ich selbst bin leider kein gutes Beispiel, da ich tatsächlich extremes Glück hatte (150k Gesamt-Kaufpreis im Frankfurter Einzugsgebiet für eine halbwegs renovierte Immobilie mit soliden Innenwerten und neuer Heizung).

Nur um das klarzustellen, ich halte keinen der Punkte für einen Nobrainer und ich habe großen Respekt vor den Berechnungen und Nachforschungen, die du angestellt hast :) Einfach ist da nichts.

Die Punkte 1-3 sind in der tat sehr individuell, aber sie treffen zugleich auf viele Hauskäufer zu. Bei zwei Kindern können das bei nicht übermäßig teuren Immobilien gute 8-10% des Gesamtpreises ausmachen.

Bei der Eigenleistung bin ich auch unsicher, was die Bewertung angeht. Wie gesagt, ich wohne in etwas ländlicheren Regionen und hier wird viel gewerkelt. Gerade bei kleinen Sachen rentiert es sich, da Anfahrtskosten dann vergleichsweise stark ins Gewicht fallen. Quantitativ bewerten lässt sich das natürlich kaum, weil der Individualfaktor hier sehr stark ist.

Beim Alter hast du nicht konkret 100 Jahre erwähnt, das habe ich blöd ausgedrückt. Was ich meinte ist, dass der Wartungsaufwand je nach originaler Substanz nicht unbedingt so aufwändig sein muss.
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@devnerd_daddy hast du zufällig eine Übersicht der Möglichkeiten deiner Punkte 1-3? Habe mich damit auch noch nicht intensiv beschäftigt, würde aber gerne dazu lernen.
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@DonkeyInvestor So, Work Work und so haben mich aufgehalten, aber hier die zwei Dinge, die ich selbst konkret in Anspruch genommen habe:
Darlehen mit Tilgungszuschuss bei der ISB: https://isb.rlp.de/foerderung/701-702-703.html

Baukindergeld der KfW: https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Neubau/F%C3%B6rderprodukte/Baukindergeld-(424)/

Ich habe gerade noch mal die Zinssätze der ISB überprüft und holla da hat sich was getan. Ich habe vor drei Jahren noch zu 0,9% abgeschlossen, mittlerweile sind es 2,35% bei 10 Jahren oder 2,55% ohne Begrenzung. Allerdings gibt es mindestens 5% Tilgungszuschuss. die direkt zu Beginn gewährt werden, also aus dem Zinseszins rausfallen.

Ich habe mir damals das Maximum geliehen und nur das Minimum als Tilgung angegeben, da ich wusste, dass ich jeden zusätzlichen Euro einfach in ETFs anlegen kann und innerhalb von 10 Jahren irgendwann mal gewinnbringend wieder verkaufen kann. Risikoabsicherung: Selbst wenn ich nach 10 Jahren mit dem Portfolio im Minus wäre, habe ich trotzdem genügend Mittel, um eine reguläre Anschlussfinanzierung durchzuziehen, die ich dann im Zweifel nach einem ordentlichen Kursaufschwung ablösen kann (oder wenn der neue Kredit billig genug ist, zahl ich den halt ab und freue mich über die Gewinne aus dem Portfolio)
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