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Aktien-Guide Kapitel 2: Wachstumsaktien

Inhaltsverzeichnis:

  • Vorwort
  • Was sind Wachstumsaktien überhaupt?
  • "CAGR" ( Compound Annual Growth Rate) - die jährliche Wachstumsrate berechnen
  • PEG-Ratio ( Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis)
  • KUV ( Kurs-Umsatz-Verhältnis)
  • Rule-of-40 Score
  • Fazit



I. Vorwort:

Nachdem mein letzter Post "Aktien-Guide Kapitel 1: Dividendenaktien" überraschend
gut
ankam UND ich dann auch noch in der zweiten Augustwoche zum ccf-Sieger gekürt wurde ( Vielen lieben Dank dafür <3), folgt heute das zweite Kapitel, welches sich um einige Kennzahlen speziell zur Bewertung von Wachstumsaktien dreht. Dabei versuche ich natürlich wieder, die einzelnen Kennzahlen so einfach und so anschaulich wie möglich zu erklären. Ich hoffe sehr, dass ihr viel Spaß beim Lesen von Kapitel 2 habt. Genug gelabert...

Let's get started...



II. Was sind Wachstumsaktien überhaupt?

An der Börse kann man grob zwischen zwei Strategien unterscheiden. Den Value-Investoren, denen ein regelmäßiger Cashflow und stabile Unternehmen wichtig sind, und den Wachstums-Investoren, denen wichtig ist, dass das erwirtschaftete Geld zurück ins Unternehmen fließt und für das Expandieren in andere Länder, neue Innovationen, neue Strategien, kurz, für das Ausbauen der eigenen Marktstellung verwendet wird. Die durchschnittlichen Wachstumsraten liegen bei schnellwachsenden Unternehmen bei ca. 20-25% pro Jahr.

Beliebt sind Wachstumsaktien häufig bei jüngeren Menschen, die einen längeren Anlagehorizont haben und das investierte Geld nicht in den nächsten Jahren benötigen. Deswegen können sie sich auch höhere Risiken und Verluste erlauben, als ältere Menschen, die regelmäßige Cashflows, beispielsweise zur Aufbesserung ihrer Rente,

bevorzugen.



III. CAGR ( Jährliche Wachstumsrate)

Um das Wachstum eines Unternehmens in einem bestimmten Zeitraum berechnen zu können, benötigen wir eine Formel. Die bekannteste Methode ist die CAGR, welche angibt, mit welcher Rate z.B. der Umsatz oder der Gewinn jedes Jahr steigt. Angegeben wird das Ganze in Prozent. Die Formel sieht wie folgt aus:


CAGR = (( EV/BV)^(1/n) - 1) • 100


dabei ist:

EV = Ending Value ( letzter Wert )

BV = Beginning Value ( erster Wert )

n = Number of years ( Anzahl der Jahre )


Sieht erstmal kompliziert aus, ist es aber gar nicht.

Schauen wir uns das mal am Beispiel Apple an:

Apple's Umsatz betrug 2021 ca. $365.817 Mrd.

( das wäre unser EV) und 2017 ca. $229.234 Mrd. ( das wäre unser BV). Die Anzahl der Jahre, also unser n, beträgt 5 ( da: 2017,2018,2019,2020,2021 = 5 Jahre)

Setzen wir jetzt unsere Werte für EV, BV und n in die Formel ein:

Tipp...Tipp...Tipp...

Wir nehmen also Apple's Umsatz aus dem Jahr 2021, teilen den durch den Umsatz aus dem Jahr 2017 und nehmen das ganze dann noch hoch ein Fünftel. Danach rechnen wir einfach minus eins und mal 100, damit wir das Ergebnis in Prozent erhalten.

CAGR = (365.817/229.234)^(1/5) -1 • 100

≈ 9,8%

Apple's Umsatz ist also in den letzen 5 Jahren

um ca. 9,8% pro Jahr gewachsen.

Das CAGR ist ein sehr nützliches Werkzeug, um die Wachstumsraten eines Unternehmens in einem bestimmten Zeitraum berechnen zu können. Nichtsdestotrotz ist auch diese Formel nicht perfekt und fehlerfrei. "Was ist mit den Umsätzen in den Jahren dazwischen?" werden sich jetzt vermutlich einige Fragen. Genau das ist der kleine Fehler in dieser Formel. Daher nutze ich die CAGR nur bei Unternehmen, deren Umsätze konstant wachsen und nicht so sehr von der Konjunktur abhängig sind ( also zyklische Unternehmen wie Rio Tinto oder Volkswagen ) Diese Unternehmen haben meistens in einem Jahr einen sprunghaften Anstieg des Umsatzes ( weil z.B. viele Menschen ein Auto kaufen wollen) und im anderen Jahr sieht es wieder mau aus. Fällt die Rechnung also vielleicht in eines dieser Szenarien, kann es dazu führen, dass unsere Berechnung verfälscht wird.

Daher merke:

Niemals nur eine Kennzahl zur Bewertung benutzen, sondern immer auch andere Faktoren mit einfließen lassen. Das gilt aber nicht nur bei Wachstumsaktien, sondern generell.



IV. PEG-Ratio ( Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis)

Das PEG-Ratio ( eng. Price/Earnings to Growth Ratio) setzt das KGV ( Price-Earnings Ratio) ins Verhältnis zu dem erwarteten Gewinnwachstum ( EPS-Wachstum, Earning per Share). Die Kennzahl stellt eine Erweiterung zum Kurs-Gewinn-Verhältnis dar und macht deswegen Sinn, weil die KGV's bei Wachstumswerten tendenziell höher sind und sie somit als überbewertet erscheinen, obwohl die Bewertungen, wenn man das Wachstum mit einbezieht, dennoch fair sein können.

Wenn wir das PEG-Ratio berechnen wollen, benötigen wir zunächst das KGV, welches wie folgt berechnet wird:


KGV = Aktienkurs/ Gewinn je Aktie


Haben wir das KGV berechnet, benötigen wir als Nächstes das EPS-Wachstum der letzten fünf Jahre ( die letzten fünf Jahre sind ein ausreichender Zeitraum ). Haben wir das nun auch berechnet, müssen wir zum Schluss noch das KGV ins Verhältnis zum EPS-Wachstum setzen:


PEG-Ratio = KGV/EPS-Wachstum der letzen 5J.


Je nachdem, was herauskommt, kann ein Unternehmen unter-, fair-, oder überbewertet sein. Dabei deutet ein Wert...:

<1 auf eine Unterbewertung

=1 auf eine faire Bewertung

>1 auf eine Überbewertung

hin.

Schauen wir uns das ganze an dem Beispiel

von Salesforce an:

Das KGV: Salesforce hatte im Jahr 2021 einen Gewinn/Aktie von 4,48€ und notiert aktuell bei 154,66€ KGV = 154,66/4,38 ≈ 34,5

2. EPS-Wachstum: Der Gewinn je Aktie von Salesforce lag 2021 bei 4,48€ und 2017 bei

0,26€. In Abschnitt III. haben wir ja das CAGR kennengelernt, welches wir hier direkt anwenden können.

CAGR = ( 4,48/0,26)^(1/5) - 1 • 100 ≈ 76,71%

3. PEG-Ratio: Wir haben also ein KGV von 34,5 und ein EPS-Wachstum von 76,71% pro Jahr.

PEG = 34,5/76,71 ≈ 0,44

Salesforce scheint also, wenn alles richtig eingegeben wurde ( keine Garantie dafür) unterbewertet zu sein, da 0,44 < 1, trotz eines KGV's von 34,5.



V. KUV ( Kurs-Umsatz-Verhältnis):

Das Kurs-Umsatz-Verhältnis setzt die Marktkapitalisierung eines Unternehmens ins Verhältnis zu dessen Umsatz. Da viele Wachstumswerte meist kaum oder keinen Gewinn erwirtschaften, macht es Sinn, das Unternehmen mithilfe des Umsatzes zu bewerten, also dem KUV.

Berechnet wird das KUV wie folgt:


KUV = Marktkapitalisierung/Umsatz


Wie bereits beim PEG-Ratio, kann man hier ebenfalls eine Über-, Unter-, oder Faire Bewertung ermitteln. Dabei deutet ein Wert...:

>1 auf eine Überbewertung

=1 auf eine faire Bewertung

<1 auf eine Unterbewertung

hin. Ein Wert >1,5 kann bereits als teuer angesehen werden.

Wie bereits beim PEG-Ratio, schauen wir uns das KUV erneut am Beispiel von Salesforce an.

Salesforce hat aktuell eine Marktkapitalisierung von ca. $153,53 Mrd.

und erwirtschaftete im Jahr 2021 einen Umsatz von ca. $21,25 Mrd.

KUV = 153,53/21,25 ≈ 7,22

Salesforce scheint also, gemessen am KUV, sehr teuer zu sein.

Wir haben also beim PEG eine Unterbewertung und beim KUV eine Überbewertung. Daran erkennt man nochmal sehr gut, dass auf eine einzige Bewertungskennzahl kein Verlass ist, und man immer mehrere Kennzahlen hinzuziehen sollte.



VI. Rule-of-40:

Die Summe aus Umsatzwachstum und Free Cashflow-Marge wird als Rule-of-40 bezeichnet. Entspricht die Summe größer gleich 40 Prozent, so wird die Regel erfüllt. Diese Kennzahl dient dazu, die Effizienz des Wachstums von Unternehmen zu bewerten, die vielleicht noch nicht profitabel sind ( negative FCF-Marge), aber dennoch ein hohes Umsatzwachstum aufweisen. Die Formel sieht wie folgt aus:


Rule of 40 = Umsatzwachstum + Free Cashflow-Marge


Je höher der Wert ist, umso attraktiver ist das Geschäftsmodell. Kann ein Unternehmen die Rule-of-40 über mehrere Jahre hinweg konstant halten oder übertrifft sie sogar, desto

sicherer kann man sagen, dass das Unternehmen über ein besonders gesundes Wachstum verfügt. Bei nachlassendem Wachstum sollte allerdings eine profitable

FCF-Marge erreicht werden, da es für Unternehmen sonst schwierig wird, die Regel zu erfüllen. Schauen wir uns das ganze am Beispiel von Airbnb an:

Um das Umsatzwachstum von Airbnb zu berechnen, können wir erneut die CAGR anwenden

  • Umsatzwachstum: Airbnb hatte im Jahr 2018 einen Umsatz von 3.652$ Mrd. und 2021 von $5.992 Mrd.

CAGR = (5.992/3.652)^(1/4) - 1 • 100

≈ 13,12%

  • FCF-Marge: Airbnb's Umsatz lag 2021 bei $5.992 Mrd. und der Free-Cashflow bei $2.189 Mrd.

FCF-Marge = (2.189/5.992) • 100 ≈ 36,53%

  • Rule-of-40 = 13,12 + 36,53 = 49,65%

Airbnb hat die Rule-of-40 erfüllt und beweist damit ein gesundes Wachstum.



VII. Fazit:

Wie schon Dividendenaktien, sind auch Wachstumsaktien etwas sehr schönes. Man kann ihnen beim Großwerden zuschauen und sie können unser Kapital bereits in einer relativ kurzen Zeit vervielfachen ( 1000% und mehr sind möglich ) Im Gegensatz zu Dividendenaktien kommt der Gewinn nicht durch Zahlungen, sondern durch Kursgewinne zu uns zurück. Hohe Kursgewinne sind aber auch fast immer mit einem hohen Risiko verbunden, weswegen man -50% und mehr aushalten können sollte. Daher ist es essentiell, dass man junge und unprofitable Unternehmen auch intensiv auf Qualität untersucht. In guten Zeiten der Nullzinspolitik, wie wir sie die letzen Jahre hatten, konnte nämlich jede Bruchbude enorm viel Geld von Investoren abstauben ( siehe Hype von Anfang 2021), die jetzt ums Überleben kämpfen ( z.B. HelloFresh, Peloton) und die Investoren mit hohen Verlusten zurücklassen.

Jeder hat seine eigene Strategie, allerdings sollte man immer einen gesunden Mix aus Value und Wachstum im Depot haben. Nach Peter Lynch sollten Wachstumswerte nicht mehr als 20% vom gesamten Depot ausmachen ( Stichwort Diversifikation) Das ist aber Geschmackssache und jedem selbst überlassen.

Ich hoffe natürlich sehr, dass euch Kapitel 2 gefallen hat. Wie schon beim ersten Kapitel hat sich für mich der Aufwand bereits gelohnt, wenn ich bereits eine Person das Thema näher bringen konnte. Falls es weiterhin Interesse an dieser kleinen Serie geben sollte, werde ich natürlich weitere Aktientypen und Kennzahlen vorstellen, wie zum Beispiel Asset Player oder zyklische Unternehmen.

Fortsetzung folgt...








Quellen:


https://corporatefinanceinstitute.com/resources/knowledge/finance/what-is-cagr/

https://www.boerse.de

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boersenkurse/

https://www.moneyland.ch/de/kurs-umsatz-verhaeltnis-kuv

https://www.deltavalue.de/peg-ratio-kurs-gewinn-wachstums-verhaeltnis/

https://aktien.guide/blog/rule-of-40-einfach-erklaert

https://www.valuejump.de/peter-lynch/



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19 Kommentare

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hab gerade keine Zeit, sieht aber sehr interessant aus, schaue ich mir übers Wochenende an 😘
danke für die Erwähnung
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@Derebete sehr gerne doch ^^
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@Derebete gleiches gilt für mich 😅
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Beim Überfliegen schon Vorfreude auf das WE bekommen. Da sind ein paar nette Zusammenfassungen drin.
Frage - Werden Value Aktien in einem ähnlichen Format beschrieben?
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@SoToRe erstmal vielen Dank! Jo, etwas über Dividendenaktien habe ich auf meinem Profil angepinnt 😁
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@Pewterschmidt Tja, das Überfliegen ist immer so ne Sache. Vielen Dank. Steckt viel Arbeit drin. Möge es vielen eine Hilfe sein. Schönes WE
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@SoToRe
Ebenfalls schönes Wochenende 😄
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Vielen Dank fürs Erwähnen, aber Beiträge leiste ich ja jetzt nicht wirklich häufig 😂 @ccf
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@Divmann wollte dich aber nicht unerwähnt lassen 🌚
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@Divmann aber immer wieder gute Ratschläge 💪☺️
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@Simpson @Pewterschmidt Danke ihr beiden 🥹
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Klasse Artikel, vielen Dank! Über eine Serie würde ich mich sehr freuen.
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@AlexBauer1968 Freut mich mega ☺️🙌🏻 Werde ich dann wohl auch fortführen :)
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Woher kommt das mit KUV <1 gleich günstig? Kommt mir falsch vor. Welche Wachstumaktie hat den so ein niedriges KUV?
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@svenleowe generell heißt es je niedriger, desto besser. Die 1 soll als Ansatz dienen. DEN richtigen Wert gibt es ja ohnehin nicht.
Gelöschter Nutzer
2J.
Kommentar wurde gelöscht
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@ThomasHochZwei vielen Dank! War tatsächlich Absicht, damit es nicht zu kompliziert aus sieht. Aber an sich passt es ja mit der extra Klammer auch. Danke!!
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