Teil 1: Embedded Finance
Der stille Gamechanger in Apps und Plattformen
Lesezeit: ca. 4 Minuten
Embedded Finance - das nahtlose Einbinden von Finanzdienstleistungen direkt in Apps und Plattformen. Aber was steckt wirklich dahinter? Welche Technologie macht das möglich, und wie unterscheidet sich das von den klassischen Banklösungen? In diesem Beitrag gehe ich einen Schritt weiter und beleuchte, was Embedded Finance so besonders macht und wie es bereits von grossen Playern und spannenden Nischenunternehmen genutzt wird.
Mehr als nur Zahlungen
Wenn wir an Embedded Finance denken, kommen oft als erstes Zahlungslösungen in den Sinn – wie das Bezahlen mit Apple Pay oder Google Pay in verschiedenen Apps. Doch Embedded Finance geht weit darüber hinaus. Es umfasst auch Kredite, Versicherungen, Investments und sogar Bankkonten, die direkt in Nicht-Finanzplattformen eingebettet sind. Der Clou dabei: Diese Dienstleistungen werden dem Endnutzer oft als Teil des Hauptangebots präsentiert, ohne dass dieser merkt, dass ein Finanzdienstleister dahintersteht.
Wie funktioniert Embedded Finance technisch?
Im Zentrum von Embedded Finance stehen APIs (Application Programming Interfaces), die es Drittanbietern – also Nicht-Banken – ermöglichen, Finanzdienstleistungen direkt in ihre Systeme zu integrieren. Früher hätten Unternehmen mit Banken separate Partnerschaften eingehen oder sogar selbst eine Banklizenz beantragen müssen, um Finanzprodukte anbieten zu können. Heute erlaubt die API-Technologie, dass Finanzdienstleistungen von spezialisierten Anbietern "in Echtzeit" in jede Plattform eingebunden werden können.
Einfach gesagt, APIs sorgen dafür, dass die Komplexität hinter den Finanzdienstleistungen unsichtbar bleibt. Statt eine Bank oder einen Zahlungsanbieter aufrufen zu müssen, wird alles im Hintergrund abgewickelt. Das spart Zeit und macht die Nutzung super bequem.
Ein Vergleich:
Im traditionellen Modell hast du z.B. für einen Online-Kauf einen externen Zahlungsdienstleister wie PayPal oder eine Kreditkartenzahlung genutzt. Jetzt läuft die Zahlung direkt im Hintergrund über die Plattform – oft ohne zusätzliche Schritte. Ähnlich funktioniert es auch bei Krediten oder Versicherungen: Statt über eine separate Bank einen Kredit zu beantragen, bietet dir die Plattform direkt Finanzierungsoptionen an, wie es z.B. Klarna macht.
Bekannte Namen, die Embedded Finance bereits nutzen
- Shopify Capital: Ein Beispiel für eingebettete Kredite. Shopify bietet seinen Händlern direkte Finanzierungslösungen, um ihre Geschäftsausgaben zu decken, ohne dass diese eine Bank aufsuchen müssen.
- Uber Money: Uber bietet Fahrern integrierte Konten und Debitkarten an, mit denen sie schneller an ihr Geld kommen und die Finanzverwaltung direkt in der App erledigen können.
- Airbnb: Airbnb ermöglicht seinen Hosts, automatisch Versicherungen und Schadensabdeckungen für ihre Immobilien abzuschliessen, und das alles innerhalb der Plattform.
Diese Beispiele zeigen, dass Embedded Finance längst nicht mehr nur eine nette Zusatzfunktion ist, sondern essenziell für die Geschäftsmodelle dieser Unternehmen geworden ist. Sie ermöglichen ein einheitliches Nutzererlebnis und sorgen dafür, dass die Kundenbindung wächst, weil alles in einem Ökosystem bleibt.
Spannende Nischenbeispiele
Neben den bekannten Giganten gibt es auch kleinere, spezialisierte Anbiete, die Embedded Finance auf innovative Weise nutzen.
- Railsr (ehemals Railsbank): Railsr bietet eine API-basierte Plattform, die Unternehmen dabei hilft, selbst Finanzdienstleistungen wie Bankkonten, Kredite oder Zahlungen direkt in ihre Apps einzubauen. Sie richten sich vor allem an Start-ups und mittelgrosse Unternehmen, die nicht die Ressourcen haben, eine eigene Banklösung zu entwickeln.
- Tymit: Dieses Fintech ermöglicht es, Zahlungen direkt in Online-Shops in Raten zu zahlen – alles ohne die typischen Kreditkartengebühren. Tymit bietet hier quasi einen "Buy Now, Pay Later"-Service direkt beim Checkout, den Online-Händler einfach integrieren können.
- Cover Genius: Ein Unternehmen, das Embedded Versicherungen für Plattformen anbietet. Egal ob für E-Commerce oder Reiseportale – Unternehmen können durch Cover Genius Versicherungspakete direkt in ihre Services einbinden.
- Ein weiteres spannendes Nischenbeispiel für Embedded Finance ist neon, eine Schweizer Neobank, die in Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg agiert. Neon bietet eine App-basierte Konto-Lösung an, die stark auf Embedded Finance setzt. Das Besondere: Neon selbst ist keine Bank, sondern nutzt die Banking-Infrastruktur der Hypothekarbank Lenzburg im Hintergrund. Dank dieser Partnerschaft kann neon ihren Kunden digitale Bankdienstleistungen wie Kontoführung, Überweisungen und Kartenlösungen anbieten, ohne selbst eine eigene Banklizenz zu benötigen. Die Integration läuft über die APIs der Hypothekarbank Lenzburg, die den kompletten regulatorischen und finanziellen Rahmen bereitstellt. Neon tritt dabei als Intermediär auf und kümmert sich um das Frontend – also die App und die direkte Kundeninteraktion.
Diese Nischenanbieter zeigen, wie vielseitig Embedded Finance ist und wie es auch kleineren Akteuren ermöglicht, Finanzdienstleistungen ohne grossen Aufwand in ihre Plattformen zu integrieren.
Was unterscheidet Embedded Finance vom klassischen Modell?
Im traditionellen Modell musstest du als Kunde oft aktiv einen Zwischenschritt gehen, um Finanzdienstleistungen zu nutzen – sei es eine separate Anmeldung bei einer Bank, das Anfordern eines Kredits oder der Kauf einer Versicherung. Die klassischen Banken agieren als unabhängige Entitäten, zu denen du bewusst gehen musst.
Bei Embedded Finance verschwindet dieser Zwischenschritt nahezu komplett. Es ist ein kontextuelles Finanzmodell, bei dem Finanzdienste genau dort bereitgestellt werden, wo sie gebraucht werden. Ob es um eine sofortige Finanzierung für deinen Online-Kauf geht oder um eine Versicherung für die Waren, die du gerade bestellt hast – es ist alles in den Prozess eingebettet, oft ohne dass du dir darüber Gedanken machen musst.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Agilität. Embedded Finance wird oft von Fintechs oder neuen Anbietern bereitgestellt, die viel schneller und flexibler auf den Markt reagieren können. Klassische Banken haben grosse Infrastruktur- und Regulierungsanforderungen, was Innovationen oft langsamer macht.
Embedded Finance verändert die Art und Weise, wie Finanzdienstleistungen angeboten und genutzt werden. Mit APIs und der Möglichkeit, komplexe Bank- und Finanzprodukte nahtlos in jede Plattform zu integrieren, können Unternehmen ihren Kunden einen ganz neuen Level an Bequemlichkeit bieten. Ob du es bemerkst oder nicht, Embedded Finance ist längst in deinem Alltag angekommen – von grossen Namen wie Uber bis hin zu spezialisierten Fintechs, die das Ökosystem noch smarter machen.
Ausblick:
Im nächsten Teil der Serie schauen wir uns an, wie Embedded Finance entstanden ist und warum Tech-Giganten plötzlich in den Finanzsektor drängen. Was haben die Banken in dieser Entwicklung verpasst, und wie konnten Fintechs und Tech-Unternehmen so schnell die Lücke füllen? Wir werfen einen Blick auf die historische Entwicklung und die Rolle traditioneller Banken im Vergleich zu neuen Marktteilnehmern.
Bleibt dran – es wird spannend!
Wie gefällt euch der Start der Serie? Lasst es mich wissen und ich nehme euer Feedback gerne auf!
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