Erst Länder überdenken ihre Bestellungen, Portugal hat jetzt storniert, Türkei will jetzt Eurofighter. Eurofighter, Gripen und Rafale als Alternativen.
In Europa und insbesondere bei NATO-Partnern der USA wächst Unsicherheit über die politischen und militärischen Beziehungen zwischen den USA unter Donald Trump und Europa seit dessen Amtseinführung im Januar 2025 kontinuierlich. Trumps Aussagen und besonders seine Taten in den letzten Wochen haben unmissverständlich gezeigt, dass die USA für Europa (und vermutlich auch die NATO) kein verlässlicher Partner mehr ist und auch nicht sein möchte.
Insbesonders jene europäische Länder, die als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine F-35 Kampfflugzeuge von Lockheed Martin $LMT (+1,12 %) im Wert von weit über 250 Milliarden Euro bestellt haben, stehen nun vor einem kritischen Dilemma:
Technisch gesehen sind die F-35-Flotten Europas durch die USA jederzeit deaktivierbar, da jedes Flugzeug auf US-kontrollierte Launch-Codes sowie proprietäre Kommunikations- und Navigationssysteme der USA angewiesen ist (siehe auch die Deaktivierung Ukrainischer HIMARS-Systeme (von Lockheed Martin $LMT (+1,12 %) ) in den letzten Tagen. Quelle: Tagesspiegel, März 2025). Im Krisenfall könnte die USA die europäischen Luftwaffen praktisch lahmlegen oder zumindest Einsätze untersagen. Die USA hatte dies 2014 schon bei ägyptischen F-16-Kampfflugzeugen getan. (Quelle: T-Online, Februar 2025)
Seit 2022 haben 12 europäische Länder rund 550 F-35-Kampfflugzeuge bestellt (in unterschiedlichen Varianten und Ausführungen):
- Deutschland: 35
- Rumänien: 32 (zusätzlich geplant: 16)
- Tschechische Republik: 24
- Finnland: 64
- Schweiz: 36
- Niederlande: 52 (einschließlich zusätzlicher Bestellungen)
- Polen: 32
- Belgien: 34
- Italien: 90 (60 F-35A und 30 F-35B)
- Norwegen: 52
- Vereinigtes Königreich: 48 (geplant: 138)
- Dänemark: 27
Erste Ländern ziehen jetzt bereits Konsequenzen: Portugal hat kürzlich bekannt gegeben, die geplante Beschaffung von F-35-Kampfflugzeugen zu stoppen und stattdessen europäische Alternativen zu prüfen.
"Der portugiesische Verteidigungsminister Nuno Melo hat angekündigt, dass das Land angesichts der aktuellen geopolitischen Lage und der Unberechenbarkeit der US-Politik keine F-35-Kampfjets aus den Vereinigten Staaten erwerben wird. Stattdessen sollen auch Alternativen aus europäischen Produktion in Betracht gezogen werden." (Quelle: Poder Aéreo, März 2025)
Auch die Türkei erhielt kürzlich nach Anfrage ein konkretes Angebot für 40 Eurofighter-Jets von Airbus $AIR (+2,69 %) , BAE Systems $BA. (+1,53 %) und Leonardo $LDO (+2,72 %) – ein deutliches Zeichen der Distanzierung von den USA.
"Die Türkei plant die Beschaffung von insgesamt 40 Eurofighter Typhoon Tranche 4 Kampfflugzeugen in Form von 20+20. Alle Tranche-4-Jets, die die modernste Typhoon-Konfiguration für den Luft-Luft-Kampf darstellen, werden neu produziert.
Ankara kann jedoch auch eine Reihe von gebrauchten Typhoons für Trainingszwecke beschaffen. Auch diese Möglichkeit ist derzeit im Gespräch." (Quelle: Al-Monitor, März 2025).
Sollten weitere europäische Länder diesen Beispielen folgen, könnten europäische Hersteller von Kampfflugzeugen erheblich profitieren. Nun sind Kampfflugzeuge keine Of-the-shelf-Produkte, die in Masse produziert werden (mit Ausnahme von F-35, leider). Deutschland hatte sich primär für die F-35 entschieden, da sich nur die F-35 mit den in Deutschland stationierten Nuklearwaffen bestücken lässt (der Einsatz von in Deutschland stationierten Nuklearwaffen – ja selbst nur der Transport von A nach B – Bedarf einer gemeinsamen technischen Freigabe durch Deutschland und den USA.)
Meiner Einschätzung nach wären Gripen (Saab $SAAB B (+1,56 %) ) und Eurofighter (Airbus $AIR (+2,69 %) , BAE Systems $BA. (+1,53 %) , Leonardo $LDO (+2,72 %) , MTU Aero Engines $MTX (+2,24 %) , etc) kurzfristig die attraktivsten Alternativen. Die Saab Gripen haben ein fast unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis (besonders dank der niedrigen Service- bzw. Wartungskosten) und die Infrastruktur für Eurofighter ist bereits solide ausgebaut. Dassault Aviation $AM (-0,03 %) (Rafale) sollte man natürlich auch nicht unterschätzen, sehe ich aber auf Rang 3.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieses kostspielige Sicherheits-Dilemma in Europas Verteidigungsministerien aktuell heiß diskutiert wird und bereits Exit-Strategien evaluiert werden. Ich kann mir zudem vorstellen, dass sich europäische Käufer der F-35 die Stornierungen ihrer Bestellungen als Druckmittel in der Hinterhand behalten für den Fall, dass Trump noch weitaus dramatischere Strafzölle verhängt oder gar auf einem ganz neuen Level eskaliert. Außerdem dürften neben den Bestellungen für F-35 auch jene für HIMARS und Co. von den Europäern aktuell nochmals geprüft werden.
Eins ist den Europäern aber bereits klar: Europa muss schnellstmöglich souverän werden – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch – und kann sich nicht mehr auf die USA verlassen. Ich erwarte, nach Portugal und wohl auch der Türkei, demnächst noch weitere fallende F-35-Dominosteine.
Quellen:
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_100609126/general-alarmiert-usa-koennten-europaeische-f-35-jets-abschalten.html
https://www.aereo.jor.br/2025/03/13/portugal-descarta-compra-de-cacas-f-35-e-avalia-alternativas-europeias/
https://www.al-monitor.com/originals/2025/03/turkey-receives-price-offer-40-eurofighter-jets-amid-trump-eu-rift
https://www.tagesspiegel.de/internationales/usa-deaktivieren-zielerfassung-bei-den-himars-verliert-die-ukraine-jetzt-eine-ihrer-effektivsten-waffen-13327513.html