Brenntag – tolles Unternehmen für schwierige Zeiten
Nachdem ich im Beitrag über BASF eher den absteigenden Ast im DAX kommentiert habe, möchte ich anbei noch einen DAX-Konzern der Industrie vorstellen, der durchaus robust für schwierige konjunkturelle Zeiten, aber sicher auch zukünftig lohnenswert sein kann.
Der Chemikalienhandel boomt in Zeiten konjunkturellen Abschwungs. Großkunden bestellen aufgrund der Lageroptimierung tendenziell kleinere Gebinde, weswegen der Auftragseingang der Produzenten in Relation zu den Händlern teilweise rapide eingebrochen ist.
Ein Unternehmen aus dem Bereich des Chemikalienhandels ist Brenntag $BNR (+0,14 %) . Daneben gibt es überwiegend mittelständische Unternehmen in diesem Bereich.
Aber warum läuft es bei Chemikalienhändlern denn nun relativ gut, während die Großproduzenten massive Auftragsrückgänge besitzen?
In der Produktionsplanung der Industrie kommt es vor allem auf folgende Punkte an:
- Rentabilität
- Zuverlässigkeit
- Qualität
Das heißt: In Zeiten des konjunkturellen Abschwungs wird überwiegend „auf Sicht“ produziert bis eine Erholung der Auftragslage prognostiziert werden kann. Dementsprechend werden weniger Rohstoffe und daraus entstehende Güter benötigt. Ein entsprechender Produktionsverlauf muss dennoch in gedrosselter Kapazität aus wirtschaftlichen und klimatischen Gründen (insbesondere im Winter aufgrund der Frostgefahr) gewährleistet werden. Lagerkapazitäten werden üblicherweise abgebaut, um den Marktpreis des Endprodukts zu stabilisieren, den Markt somit nicht zu schwämmen und möglicherweise unrentabel zu wirtschaften.
Man kann somit durchaus von einer Risikominderung sprechen.
Daraus ergibt sich wiederum, dass kleinere Gebinde an Rohstoffen und Produkten präferiert werden. Hier kommen die Händler/Distributoren ins Spiel.
Sie kaufen ihre Waren bei Großproduzenten zu üblichen Industriepreisen und füllen diese in Eigenregie in kleinere Gebinde (Kanister, IBCs, etc.) ab oder konfigurieren diese auf neue Spezifikationen. Das kann bei den meisten Chemikalien bereits durch eine Verdünnung mit Wasser erfolgen.
Expansion
Brenntag ist der wohl am stärksten expandierende Distributor auf seinem Gebiet. Hinzu kommen zweistellige, hohe Umsatzwachstumsraten auf den „neuen“ Märkten, allen voran den USA. Mit strategischen Übernahmen sichert man sich nicht nur in Nordamerika zielsicher ab, insbesondere in Osteuropa expandiert Brenntag sehr stark und bildet durch seine Kernkompetenzen die Wertschöpfungskette des Handels und der Logistik ab. Mit dieser breiten Produktpalette und dem erstklassigen Service ist man einer der zuverlässigsten Partner in der chemischen Industrie und somit auch zurecht auf Expansionskurs.
Margen
Mit einer Nettomarge von ~4% ist man natürlich weit entfernt von einer Cashcow. Dennoch interessant für eine zukünftige Investitionsperspektive. Hierbei sollte man nämlich genau diese Wachstumsstrategie, die Brenntag derzeit verfolgt im Hinterkopf behalten. Das Wachstum geht aufgrund der Expansion zu Ungunsten der Marge aus, da die Akquirierung von Kunden nur durch hohe Rabatte bei Neuverträgen eine langfristige Partnerschaft gewährleisten kann. Im Zuge der andauernden Partnerschaft werden diese Verträge teurer. Industriekunden neigen aber tendenziell weniger dazu den Lieferanten aufgrund einer Preisfrage zu wechseln (Ausnahme ist natürlich eine exorbitante Ersparnis). Industriekunden legen hierbei ihren primären Fokus eher auf die Zuverlässigkeit und die Qualität des Produkts.
Hierzu lassen sich Niederlassungen von Brenntag regelmäßig zertifizieren und laden zudem zu externen Audits ein, sodass sich Kunden, Partner und Interessenten ein eigenes Bild über die industrielle Partnerschaft machen können.
Es ist daher fast sicher, dass das Management im Zuge eines abschwächenden Wachstums den Fokus eher auf die Unternehmensoptimierung und damit auch auf die Margen setzen wird.
Die Marktfähigkeit des Gefahrguthandels
Man muss sich beim Geschäftsmodell immer bewusst sein, dass es sich hierbei überwiegend oder fast ausschließlich sogar mit dem Handel von gefährlichen Stoffen verschiedenster Klassen handelt. Das kann durchaus optimistische Perspektiven offenbaren, da dieses Geschäftsmodell international relativ unabhängig von den gegebenen wirtschaftlichen Grundlagen agiert. Immerhin trägt man hierbei kein Produzentenrisiko und somit auch nicht die Grundstoffkosten und damit einhergehende Risiken. Die Beschaffung erfolgt immer beim Großproduzenten.
Deutlicher hervorheben sollte man aber den umwelttechnischen Aspekt. Aufgrund des höheren logistischen Aufwands ist das Unfallrisiko im Verhältnis zu einer stationären Produktionsanlage erhöht. Unfälle kann man reduzieren, aber nicht vermeiden. Erhebliche Strafen durch externe Behörden und Gerichte könnten tiefgreifende Schäden für das Geschäftsmodell und für die öffentliche Wahrnehmung bedeuten.