FUD
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Fear
Uncertainty
Doubt
Sinngemäß etwa Angst, Unsicherheit und Zweifel. FUD steht in einem geschwisterlichen Verhältnis zu FOMO (Fear Of Missing Out), das ich in einem Beitrag vor einigen Wochen erläutert habe. Siehe: https://app.getquin.com/activity/OzIFzdcZHJ
Es geht dabei darum, bei einer Einzelperson oder einer größeren Personenanzahl die namensgebenden Emotionen hervorzurufen. Allgemein gesprochen könnte zum Beispiel eine politische Partei vor einer Wahl eine FUD-Strategie fahren, um Wähler zu beeinflussen (wählt uns, denn wer Partei X wählt, verhindert den Bau der neuen Schule). Auch Medien könnten FUD verwenden, um bewusst Meinung zu beeinflussen oder sogar zu bilden, und zwar durch gezielte negative Berichterstattung: Erdbeben hier, Krieg dort, die bewusste Hervorhebung und Dramatisierung von Einzelfällen und gleichzeitige Darstellung, als wäre das Alltag. So viel zum allgemeinen Verständnis, aber hier soll es um FUD im Zusammenhang mit Aktien bzw. der Börse gehen.
Emotionen bleiben draußen
Anleger könnten durch FUD negativ beeinflusst und zu schlechten Transaktionen verleitet werden. Dieses Phänomen lässt sich wohl besonders gut bei stark leerverkauften und Meme-Aktien beobachten, wo sich übertrieben positive und negative Nachrichten im Minutentakt abwechseln, und dadurch zu ungewöhnlich hohen Kauf- und Verkaufstransaktionen führen. Aber auch bei etablierten Unternehmen wie zB Meta (ehemals Facebook) hat sich FUD die letzten beiden Jahre beobachten lassen. Unter anderem auf Grund einer Vielzahl an Negativberichten (verfehlte Quartalsziele, ausbleibende Werbeeinnahmen, sinkende Userzahlen, mögliche strengere Regulierung) wurde die Aktie nach und nach abverkauft, daran konnten auch die Visionen betreffend Metaverse nichts ändern. Sogar von vom unausweichlichen Ende Metas wurde zwischenzeitlich berichtet. Die Aktie hat irgendwann ihren Boden gefunden und den Wiederaufstieg begonnen, zu diesem Zeitpunkt hatten aber vermutlich viele (Klein-)Anleger ihre Anteile bereits verkauft. Mutige Anleger oder mit mehr Wissen und Erfahrung ausgestattete Institutionen werden entsprechend partizipiert haben und nun auf eine schöne Rendite blicken.
Ich nehme an, dass die negative Berichterstattung über Meta bei vielen Anlegern FUD ausgelöst und zu Entscheidungen (Ungeplante und/oder Panikverkäufe) veranlasst hat, die sich nach heutigem Stand als falsch herausgestellt haben. Aber: hätte, hätte, Fahrradkette. Außerdem sollte man nicht den Fehler begehen, mit dem Wissen von heute sein Verhalten in der Vergangenheit zu beurteilen. Vielmehr ist die sogenannte ex-ante Betrachtung heranzuziehen. Was wusste, dachte, fühlte ich zum Zeitpunkt der Handlung? Wenn ich vor einem Jahr wegen FUD eine Aktie verkauft habe, die heute floriert, darf ich das nicht nachträglich als schlecht beurteilen. Sehr wohl aber darf ich daraus lernen und versuchen, es bei nächster Gelegenheit besser zu machen.
Ähnliches wie die letzten Monate bei Meta lässt sich heute bei Paypal beobachten. Die Nachrichtenlage ist hauptsächlich negativ, das ist auch am aktuellen Kurs erkennbar. Ob es hier wie bei Meta auch zu einem Ausbruch nach oben oder einem weiteren Absturz kommen wird, wird die Zukunft zeigen.
Gezieltes FUD?
FUD wird auch gezielt eingesetzt, um Unsicherheit bei Investoren, Anlegern und Kunden zu erzeugen und so den Markt bzw. Konsumverhalten (u.a.) zu beeinflussen. FUD-Beispiele aus jüngerer Vergangenheit kommen von Teslas CEO Elon Musk. Dieser hat auf der Plattform X (ehemals Twitter) mehrfach behauptet, traditionelle Autohersteller würden minderwertige Elektroautos bauen um von der E-Welle zu profitieren, ohne sich dabei gleichzeitig um Innovationen und adäquate Entwicklungen zu kümmern – vorstellbar, dass sich Investoren deswegen davon abhalten ließen, in einen vorwiegend herkömmlichen Autobauer zu investieren.
Ebenfalls Elon Musk: Dieser hatte am 07.08.2018 auf Twitter behauptet, darüber nachzudenken, Tesla von der Börse zu nehmen. Aufgrund darauffolgender Kursschwankungen hat die Nasdaq die Tesla-Aktie am selben Tag kurzfristig vom Handel ausgesetzt. Aufgrund dieses Tweets wurde nicht nur FUD sondern kurz darauf vermutlich auch FOMO ausgelöst, was wahrscheinlich Panikverkäufe und auch Neuinvestitionen ausgelöst hat.
Ein beinahe historisches Beispiel für gezieltes FUD stammt vom Anfang der 2000er Jahre. Damals war das Mobiltelefon von Blackberry das must have für Stars und Sternchen und natürlich für jedermann, der irgendwie wichtig war (oder sich zumindest dafür hielt). Mit dem Blackberry konnte man nicht nur telefonieren, sondern auch E-Mails schreiben und im Internet surfen. Der damalige CEO von Blackberry, Jim Balsillie, äußerte sich mehrfach negativ und abwertend gegenüber des neu der Firma Apple und deren neuestes Produkt: das iPhone. Gleichzeitig versuchte er, die Bedeutung und den Mehrwert des Blackberry hervorzuheben. Das Ende dieser Geschichte dürfte hinlänglich bekannt sein.
Noch weiter zurück in die Zeit des Kalten Krieges. Die Atommächte USA (Demokratisch-Kapitalistisch) und die Sowjetunion (Kommunistisch) und damit zwei Wertesysteme stehen sich in globalem Kontext gegenüber. Obwohl es zu keinem militärischen Konflikt (Heißer Krieg) kommt, sind beide Seiten darauf Bedacht, Stimmung gegen die jeweils andere zu machen. Einer verängstigten Bevölkerung (Massen-FUD?) kann man militärische und atomare Aufrüstung viel leichter verkaufen als einer entspannten.
Im Mittelalter wurden in Europa Frauen als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Der Bevölkerung wurde vermittelt, dass Frauen, sofern sie gewisse Merkmale erfüllten, Hexen sein mussten. Frauen die rothaarig oder in Kräuterkunde bewandert waren, erfüllten solche Merkmale. Man glaubte, dass diese Frauen mit dem Teufel persönlich paktieren würden, und ihre Verbrennung zum Schutze der rechtschaffenen, katholischen Bevölkerung notwendig sei. Eine Bevölkerung, die in Angst vor Hexen lebt, wird sich schnell mit derartigen Methoden arrangieren und diese sogar gutheißen.
Man erkennt, dass FUD keine moderne Erscheinung ist, sondern immer schon da war. Die Menschheit hat nicht mit all ihren technologischen Entwicklungen mithalten können und ist in gewissen Bereichen immer noch mehr durch Emotionen beeinflusst, als gut ist. Daher fallen wir nach wie vor Denkfehlern zum Opfer, auch wenn wir uns dessen durchaus bewusst sind und wir rein theoretisch in der Lage sein sollten, diese zu vermeiden.
Schutz vor FUD?
Menschen neigen dazu, ihren Emotionen viel Bedeutung beizumessen. Evolutionär betrachtet war das wichtig, im Rahmen von Investments kann das aber hinderlich sein und zu finanziellen Verlusten führen. Ich persönlich versuche FUD zu vermeiden, indem ich in Unternehmen investiere, die ich unter anderem für zukunftsfähig halte. Das passt zu meiner langfristigen Anlagestrategie und lässt mich rote Phasen leichter überstehen. In gewisse Unternehmen – in meinem Fall AMC - investiere ich ganz gezielt nur Spielgeld, sodass ich für mich behaupten kann, FUD schon im Vorhinein auszuschließen.
Ebenso verfahre ich bei kleineren Investments bei alternativen Kryptowährungen. Investieren und schauen was passiert. Keine Emotionen zulassen. Vor allem der Kryptomarkt ist besonders anfällig dafür, FUD auszulösen. Die Anlageform ist relativ neu, teilweise wenig bis gar nicht reguliert und nicht wenige Marktteilnehmer haben ein Interesse an möglichst viel FUD im Bereich Kryptos – zB klassische Bankinstitute oder reine Aktienhändler, die hier womöglich eine Menge potentieller Gewinne verstreichen lassen oder auf Geldfluss verzichten müssen, der sonst bei ihnen gelandet wäre.
Ein klares Anlageziel, eine festgelegte Investitionssumme und das objektive Bewerten von Unternehmenszahlen, Nachrichten und sonstigen Quellen kann helfen, Emotionen im Zaum zu halten. Die schärfste Waffe gegen FUD ist die Kenntnis dieses Phänomens. Wenn man merkt, dass FUD sich an die Oberfläche kämpft, sollte man erstmal innehalten, sich auf FUD besinnen und sachlich an das Problem herantreten.
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